Julia Extra Band 365
geschafft?“, wollte Kate von Brody wissen. „Woher haben Sie den Mut genommen, in fremde Gegenden zu reisen, um Menschen zu helfen? Woher haben Sie gewusst, dass es klappen wird?“
Er wandte den Blick nicht von der Straße, obwohl nur wenig Verkehr herrschte.
„Das habe ich eben nicht gewusst“, erklärte er. „Ich konnte mich nur auf meine Fähigkeiten als Arzt verlassen. Manchmal hatte ich Erfolg, und manchmal …“, er seufzte tief, „… habe ich versagt.“
„Vor dem Versagen habe ich wohl am meisten Angst“, gab Kate zu. „Dann hätte ich das Gefühl, Andrew enttäuscht zu haben. Er war die treibende Kraft hinter dem Expansionsplan und, er würde wollen, dass ich weitermache, aber was, wenn ich es nicht schaffe?“
„Ja, es ist Furcht einflößend, wenn man von einem anderen Menschen Verantwortung aufgebürdet bekommen hat“, meinte Brody verständnisvoll. „Da fragt man sich ständig, ob man der Aufgabe gewachsen ist, ob man wirklich die Wünsche des anderen erfüllt und ob man überhaupt das Richtige macht. Vielleicht sollten Sie wirklich noch warten, bevor Sie sich entscheiden, ob Sie Ihr Geschäft erweitern.“
„Ja, vielleicht“, stimmte sie zu.
Vielleicht sollte sie aber endlich einmal alle Bedenken über Bord werfen, einfach von der Klippe springen und darauf vertrauen, dass die Luft einen trug – so wie Andrew es beim Paragleiten gemacht hatte.
Als die Fahrt sich dem Ende näherte, merkte Kate, dass sie noch gern länger mit Brody zusammen sein wollte. Seine Gesellschaft tat ihr gut. Er ließ sie ihren Kummer vergessen und ermutigte sie, nach vorn zu blicken, anstatt der Trauer über Vergangenes zu viel Raum zu geben.
Sie mochte Brody. Als Freund. Aber da war mehr als das. Und das wollte sie erkunden. Was sie bisher über ihn erfahren hatte, passte nicht immer ganz zusammen. Oder passte es nur nicht zu dem Bild, das sie sich von ihm gemacht hatte?
„Falls Sie heute Abend wirklich nichts vorhaben, Brody, würde ich Sie gern zum Essen bei mir einladen“, begann Kate mutig. „Ich bin zwar keine großartige Köchin, aber etwas Genießbares bringe ich zustande.“
„Sie können hervorragend backen, wie ich weiß.“
„Das ist etwas anderes als Kochen!“, belehrte sie ihn. „Wenn es um genaue Mengen geht wie beim Backen, bin ich gut. Beim Kochen heißt es aber ständig eine Prise dies, ein Spritzer das. Da komme ich völlig durcheinander und werde nervös.“
„Das würde ich gern mal sehen.“ Brody lachte. „Bis jetzt halte ich Sie nämlich für die perfekte Frau.“
Verblüfft wandte sie sich ihm zu. „Die perfekte Frau? Ich?“
„Ja, ich finde Sie wahnsinnig faszinierend, Kate.“
Ihr Herz machte einen Sprung, als wäre sie ein Teenager, der von seinem Schwarm beachtet wurde. Sie spürte, wie sie errötete, und lächelte unwillkürlich.
„Sie sind auch nicht übel, Doc“, erwiderte sie betont beiläufig. „Aber ich sollte Ihnen besser keine Komplimente machen, sonst werden Sie womöglich eingebildet.“
„Das ist eher unwahrscheinlich“, wehrte Brody ab und lachte. „Falls es doch passiert, sind ja immer noch meine Brüder da, die mir den Kopf zurechtsetzen und mich daran erinnern, dass ich ein Depp bin.“
„Ein Depp?“, wiederholte sie empört. „Sie, Brody?“
Das war das letzte Wort, das ihn beschrieb! Brody war doch kein Trottel, sondern sexy, rätselhaft, faszinierend, verlockend … Hundert Wörter hätten nicht ausgereicht, um ihn zu beschreiben. Hundert schmeichelhafte Wörter!
„Na ja, in der Schule habe ich nie zur Gruppe der coolen Kids gehört“, gestand er gespielt kläglich.
„Das wird überschätzt“, winkte sie verächtlich ab.
„Ach so, Sie waren also in dieser Clique, ja?“
„Ich war bei den Cheerleadern. Da gilt man automatisch als cool.“
„Sie waren bei den Cheerleadern?“, wiederholte er. „Sie wissen ja, wie ein solches Geständnis auf die meisten Männer wirkt: Die bekommen dann bestimmte Ideen.“
„Ich war keine besonders gute Cheerleaderin“, behauptete sie. „Das ändert doch sicher alles, oder?“
Er überlegte. „Nein.“
„Aha. Also, solange Sie mich nicht auffordern, Anfeuerungsrufe anzustimmen, kommen wir bestimmt gut klar.“
Sie lachte, doch es blieb ein Nachhall von erotischer Spannung, von angedeuteten Sehnsüchten und unausgesprochenen Wünschen.
Vielleicht sollte ich mein Glück versuchen und Brody nicht nur mein Haus, sondern auch mein Herz öffnen? überlegte Kate, und ein Prickeln
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