Julia Extra Band 365
heute jemand gegeben, und ich versuche, ihn zu beherzigen.“
„Gut!“
Brody reichte ihr leere Backbleche, und gemeinsam füllten sie den Teig in die mit Papier ausgelegten Mulden.
„Was meinten Sie eben mit den rätselhaften Worten, Sie wären nicht der, für den ich Sie halte?“, wollte Kate nach einer Weile wissen.
Er schenkte ihr sein strahlendes Lächeln, das ihr mittlerweile sehr vertraut war. „Na ja, ich bin absolut kein Bäcker.“
„Das ist mir auch schon aufgefallen“, versicherte sie ihm.
Hinter seinen Worten schienen Schatten zu lauern, dunkle Korridore und Räume der Seele, die er verschlossen hielt. Am liebsten hätte sie ihn gedrängt, ihr das alles zu enthüllen, aber es gab zu viel zu tun. Wenn sie rechtzeitig mit den Cupcakes fertig werden wollte, blieb ihr keine Zeit für tiefgründige Gespräche.
Die konnte sie ein anderes Mal nachholen.
Sie verzierte einen der Cupcakes mit einer Blüte aus Zucker. „Solche habe ich mal Andrew nach Afghanistan geschickt“, erzählte sie versonnen. „Mit rosa, blauen und lila Blüten darauf. Er hat mir zurückgeschrieben, es wäre wie ein Garten aus Zuckerguss gewesen.“
Plötzlich schüttelte sie den Kopf, und Tränen traten ihr in die Augen.
„Sehen Sie, Brody, so geht es mir ständig. Ich versuche, Andrews Tod zu überwinden, aber ich schaffe es nicht. Ich vermisse meinen Bruder so sehr!“
Brody wandte sich in dem Moment zu ihr, als sie sich zu ihm drehte. Er nahm sie in die Arme und drückte Kate tröstend an sich. Jetzt ließ sie den Tränen freien Lauf. Brody war anders als andere Männer. Er war ein Mann, dem sie vertrauen konnte. An den sie sich lehnen konnte, wenn ihr alles zu viel wurde. Auf den sie sich verlassen konnte.
„Andrew war der Starke von uns beiden“, flüsterte sie heiser. „Er hat mich getröstet, als unsere Eltern sich scheiden ließen. Er hat mich jeden Tag hierher mitgenommen, und damit hat er mich gerettet. Ich weiß nicht, was ich ohne ihn getan hätte.“ Sie schluchzte laut auf. „Ich weiß nicht, was ich ohne ihn jetzt anfangen soll!“
„Weitermachen. Einen Fuß vor den anderen setzen auf dem Weg in die Zukunft. Andrew würde genau das wollen.“ Brody klang überzeugt.
„Stimmt.“ Erstaunt blickte sie zu ihm auf. „Sie sagen das so, als würden Sie ihn kennen.“ Nun musste sie lächeln. „Ich wünschte, Sie hätten ihn kennengelernt, Brody. Er war ein erstaunlicher Mensch.“
„Mir kommt es so vor, als wäre ich ihm begegnet“, erwiderte er leise. „Und es ist fast so, als wäre er jetzt hier bei uns.“
„Ja, das fühle ich auch.“ Sie biss sich auf die Lippe. „Danke für die Sandwiches, und danke, dass Sie mich trösten und aufmuntern, Brody.“
„Kate, ich …“
Die Wanduhr schlug Viertel vor zwei, und gleichzeitig begann Brodys Handy zu läuten.
„Verflixt. Ich muss in die Praxis zurück!“ Er neigte sich vor und küsste sie sanft auf den Mund. „Bis später. Dann unterhalten wir uns ausführlich. Einverstanden?“
„Ich kann es kaum erwarten“, antwortete sie.
Und als sie ihm nachsah, wie er den Laden verließ, wurde ihr bewusst, dass es keine höfliche Floskel gewesen war, sondern die reine Wahrheit.
Ich bin offensichtlich dabei, mich unsterblich in Brody McKenna zu verlieben, gestand Kate sich ein.
Genau eine Stunde später stand Brody wieder im Laden.
„Sie sind pünktlich! Das ist ungewöhnlich für einen Arzt!“
„Pünktlichkeit liegt mir eben am Herzen“, meinte er und führte sie zu seinem Wagen, einem Jeep, der offensichtlich nicht mehr der Jüngste war.
„Sie fahren also keine deutsche Limousine?“, fragte Kate herausfordernd, als er ihr die Beifahrertür öffnete.
„Ich bin eben kein typischer Arzt“, entgegnete er. „Das Auto habe ich seit meiner Collegezeit, es gehört quasi zur Familie. Ob ich mir einen Luxuswagen leisten kann, ist unerheblich. Meinen Erfolg messe ich nicht an Statussymbolen, sondern an der Zufriedenheit meiner Patienten.“
„Sie sind wirklich ungewöhnlich“, lobte Kate und stieg ein. „Im positiven Sinn.“
Immer wenn sie glaubte, Brody einordnen zu können, überraschte er sie mit einer neuen Facette seines Charakters. Vielleicht hatte sie ihn bisher falsch eingeschätzt? Ihn zu sehr wie ihren Vater gesehen, nur weil er auch Arzt war?
Jedenfalls fand sie bei jedem neuen Zusammensein, dass Brody ihrem Bild des idealen Manns immer näherkam.
Bisher hatte sie geglaubt, so einen Mann gäbe es gar nicht.
Dass er sich
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