Julia Extra Band 366
hat mein großer Bruder getan? Hat er dir gedroht? Hat er dir Geld angeboten, damit du das Land verlässt?“
Lucy sah schnell weg, aber nicht schnell genug.
„Er hat versucht, dich auszuzahlen?“ Ramon, der nur Spaß gemacht hatte, wurde schlagartig ernst.
„So ähnlich, ja“, gab Lucy zögernd zu. Sie petzte nur ungern.
„Das darf doch nicht wahr sein“, flüsterte Ramon fassungslos.
„Ich nehme an, dein Bruder will dich beschützen. Das ist ganz normal.“ Warum verteidige ich diesen Kontrollfreak? dachte sie.
„Tust du mir einen Gefallen, Lucy?“
„Das kommt darauf an“, erwiderte sie vorsichtig.
„Führ deinen Plan durch, Santiago einen Denkzettel zu verpassen.“
Zum ersten Mal hörte sie Wut aus Ramons Stimme heraus. „Er hat geglaubt, das Richtige zu tun …“
„Du verteidigst ihn noch?“
„Nein, natürlich nicht“, widersprach Lucy empört. „Ich finde, dein Bruder ist der schrecklichste …“ Sie bemerkte Ramons Gesichtsausdruck und sprach nicht weiter.
„Er scheint dich ja ziemlich beeindruckt zu haben, nicht wahr?“
Lucy setzte eine amüsierte Miene auf und log. „So schnell beeindruckt mich niemand, auch dein Bruder nicht.“
„Dass er einen Denkzettel verdient hat, bestreitest du aber nicht, oder?“
„Nein.“ Wie könnte sie?
„Warum bieten wir ihm dann nicht einen unvergesslichen Abend? Sonst war dein ganzer Aufwand vergeblich. Bitte … mir zuliebe. Oder um ganz altmodisch Rache zu nehmen. Ich habe es satt, dass Santiago immer zu wissen glaubt, was für mich das Beste ist. Ich möchte, dass er mich einmal wie einen Mann behandelt. Er meint es nur gut, und meine Mutter gibt dauernd ihm die Schuld, wenn ich Mist baue, aber es ist demütigend und …“
„Und du willst ihm eine Lektion erteilen?“
Ramon nickte. „Diesmal ist er zu weit gegangen. Und es betrifft eine gute Freundin. Was wird er das nächste Mal tun? Mich in meinem Zimmer einsperren? Heute Abend soll er derjenige sein, der manipuliert wird, damit er weiß, wie sich das anfühlt.“
„Das werde ich wahrscheinlich bereuen“, sagte Lucy seufzend.
„Ach, du meine Güte, ist das groß!“ Ehrfürchtig saß Lucy auf dem Beifahrersitz, während Ramon neben der offenen Tür stand. „Gewaltig!“ Starr schaute sie das einschüchternd prächtige Schloss an, das von geschickt platzierten Spotlights beleuchtet wurde.
Ramon warf einen gleichgültigen Blick über die Schulter. „Ja, es ist groß.“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann es nicht.“
„Nein, du wirst jetzt nicht kneifen. Es war deine Idee.“ Ramon zog sie aus dem Auto.
So schwungvoll, dass Lucy ihm in die Arme taumelte. „Eine wahnsinnig blöde Idee“, flüsterte sie ihm ins Ohr, und er lachte.
„Willst du mich deinem Gast nicht vorstellen?“
Beim Klang der samtweichen tiefen Stimme standen ihr die Haare zu Berge. Wenn Ramon nicht ihre Hand ergriffen hätte, wäre Lucy mit einem Satz von ihm abgerückt.
„Natürlich.“
Ihr Herz schlug noch schneller, als Santiago Silva aus der Dunkelheit hervortrat. Er ist umwerfend, dachte sie und bemühte sich, ihn nicht anzustarren. Doch sie konnte den Blick nicht von dem großen Mann abwenden, der einen eleganten dunklen Anzug und ein weißes Hemd trug. Santiago Silva sah durch und durch wie der selbstherrliche aristokratische Schlossherr aus.
Er nickte ihr höflich zu, aber seine Augen funkelten vor Wut. Nervös befeuchtete Lucy sich mit der Zungenspitze die Lippen. Sofort fiel sein Blick auf ihren Mund.
Furcht flackerte in ihr auf. Harriet hatte sie gewarnt, dass Santiago Silva ein Mann sei, mit dem man sich besser nicht anlegte. Doch sie hatte sich mit ihm angelegt. War sie verrückt? Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sich Erregung unter ihre Angst gemischt hatte. Ja, sie war offensichtlich verrückt!
Santiago ärgerte sich nicht mehr darüber, dass Wut in ihm aufgewallt war, als er die beiden neben dem Auto hatte stehen sehen. Aber er wollte sich nicht eingestehen, dass er eifersüchtig war. Außerdem machte es ihn einfach fuchsteufelswild, dass Ramon nur an das eine denken konnte und sich von der sensationellen Schönheit der Frau in seinen Armen blenden ließ.
Er dagegen konnte trotz seiner Erregung klar denken. Lucy Fitzgerald ist wirklich die Verkörperung der Sünde, entschied er, während sein Blick über ihre kurvenreiche Figur schweifte.
„Lucy, das ist mein großer Bruder Santiago … Santiago, das ist Lucy.“
Mit einem Klaps auf den Po, wogegen sie unter
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