Julia Extra Band 367
kümmerst“, erwiderte sie unbehaglich.
„Hier geht es wohl eher darum, was ich von mir erwarte“, gab er mit einer Feierlichkeit zurück, die sie an ihm nicht kannte.
Es war bereits neun Uhr abends, als sie am Krankenhaus ankamen. Deidre Turner saß neben dem Bett, in dem die kleine Nuala lag. Das Gesicht der älteren Frau wirkte erschöpft, die Augen waren rot verweint. Deidre hob den Kopf und erblickte ihre Tochter. „Erin, Gott sei Dank! Ich hatte schon Sorge, dass du es heute nicht mehr schaffen würdest und Lorcan allein bei der Nachbarin bleiben muss“, seufzte sie. Erst dann bemerkte sie den großen dunkelhaarigen Mann hinter ihrer Tochter.
„Mum?“, sagte Erin unsicher. „Das ist Christo Donakis. Er hat darauf bestanden, mich zu begleiten.“
Christo trat an das Bett und starrte auf das kleine Mädchen mit dem blonden Lockenkopf. Sie sah aus wie Erin, nur ihr Teint war deutlich dunkler. Sein Blick blieb an dem dünnen Ärmchen hängen, das in einem Gipsverband steckte. Plötzlich spürte er einen Kloß im Hals. Sie war so klein und zart wie eine Puppe! Während er sie betrachtete, schlug sie die Augen auf, die von gleicher Farbe waren wie seine eigenen.
„Mummy …“, flüsterte das Mädchen benommen.
„Ich bin bei dir.“ Erin setzte sich aufs Bett und nahm Nualas Hand. „Wie ist die Operation verlaufen, Mum?“
„Der Arzt war sehr zufrieden“, berichtete Deidre. „Er sagte, Nuala würde keine bleibenden Schäden davontragen.“
„Mir fällt ein Stein vom Herzen.“ Erin wandte den Kopf wieder der Tochter zu. „Wie geht es dir, Mäuschen?“
„Mein Arm tut weh.“ Das kleine Mädchen stöhnte, dann bemerkte es den großen Mann am Fuß ihres Bettes. „Mummy, wer ist der Mann?“
„Ich bin Christo.“ Seine Stimme zitterte leicht.
„Das ist dein Daddy“, erklärte Deidre, ohne zu zögern. Ein zufriedenes Lächeln zog über ihr erschöpftes Gesicht.
Erin zuckte bei dieser Eröffnung zusammen und warf ihrer Mutter einen sorgenvollen Blick zu.
„Ehrlich währt am längsten“, sagte Deidre wie zu sich selbst. Dann stand sie auf und hielt Christo die Hand hin. „Ich bin Erins Mutter, Deidre.“
„Daddy?“, wiederholte Nuala und riss die Augen auf. „Du bist mein Daddy?“
Für einen Moment stand unangenehmes Schweigen im Raum. „Ja, das ist dein Daddy“, sagte Erin schließlich. „Mum, kann ich dich kurz sprechen?“
Im selben Augenblick betrat eine Krankenschwester das Zimmer. Erin berichtete, dass Nuala über Schmerzen klagte. Dann ging sie mit ihrer Mutter auf den Flur. „Du fragst dich sicher, was hier vor sich geht“, begann sie.
„Was gibt es da zu fragen? Offensichtlich hast du dich endlich dazu durchgerungen, Christo von seinen Kindern zu erzählen. Und das war auch alles andere als verfrüht“, antwortete Deidre trocken.
Erin holte tief Luft. „Ich fürchte, ich habe dich angelogen. Ich war übers Wochenende nicht bei Tom und Melissa in Schottland, sondern bei Christo.“
„Und du wusstest nicht, wie du mir das beibringen solltest, oder? Dachtest du, ich würde dich davon abhalten?“, fragte Deidre scharfsinnig. „Er ist der Vater der Zwillinge. Eines Tages musstest du ihn darüber aufklären, und ich bin stolz auf dich, dass du es endlich gesagt hast.“
Überwältigt von den aufmunternden Worten schloss Erin ihre Mutter in die Arme. „Es tut mir leid, dass ich dir gegenüber nicht ehrlich war. Jetzt bin ich hier, und du musst nach Hause gehen und …“
„… Lorcan abholen und ins Bett bringen“, vollendete Deidre den Satz. „Er war nach Nualas Sturz völlig durcheinander und braucht mich jetzt.“
„Ich bleibe die Nacht über bei Nuala und melde mich morgen.“
Nachdem Erin ihre Mutter zum Fahrstuhl gebracht hatte, kehrte sie ins Krankenzimmer zurück.
„Was tun Daddys?“, wollte das kleine Mädchen gerade von Christo wissen.
„Sie kümmern sich um ihre Kinder.“
„Aber Mummy und Granny kümmern sich schon um mich“, entgegnete Erins Tochter unbeeindruckt.
„Jetzt hast du mich auch noch dafür“, beteuerte Christo.
„Machst du meinen Arm wieder gesund?“, fragte Nuala.
Christo warf Erin einen schmerzerfüllten Blick zu. „Ich fürchte, das kann ich nicht.“
„Aber mein Arm tut so weh“, sagte Nuala müde.
„Die Medizin, die dir die Schwester gegeben hat, wird gleich wirken“, sagte Christo beruhigend.
Nach wenigen Minuten war das Kind tatsächlich eingeschlafen.
„Es tut mir leid, dass meine Mutter mit der
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