Julia Extra Band 367
hätte, hätte sie dich niemals bekämpft, sondern auf jede erdenkliche Art unterstützt“, behauptete er.
„Und was machen wir jetzt?“
„Wir fahren ins Dorf, gehen zum Priester und füllen die Hochzeitsformulare aus.“
„Du willst hier auf der Insel heiraten?“, fragte sie verdutzt.
„Deine Mutter und deine Freunde lasse ich einfliegen.“ Sein Vorschlag ließ sie offensichtlich unbeeindruckt, sodass er erneut erklärte: „Wir sind schon zu lange getrennt gewesen. Ich will nicht noch länger warten.“
„Ich bin ein wenig überrumpelt, dass es so schnell geht“, antwortete sie zögerlich.
Ein Lächeln glättete die harschen Züge um seine Mundwinkel. „Seitdem hat sich unser Verhältnis von Grund auf geändert.“
Ja, aber nur im Bett, dachte Erin schuldbewusst. Sie hatte sich ohne Hemmungen seinem Verlangen hingegeben, obwohl sie ihn hätte abweisen sollen. Ein Mann wie Christo nahm das natürlich als Zustimmung.
„Ich kann mich kaum an meine leiblichen Eltern erinnern“, erklärte er. „Erst als Vasos und Appollonia mich adoptierten, erfuhr ich, wie es in einer normalen Familie zugeht. Sie hatten Zeit für mich, redeten mit mir, liebten mich. Ich verdanke ihnen alles, was ich im Leben erreicht habe. Für Lorcan und Nuala möchte ich das Gleiche tun.“
Nie hätte sie geahnt, dass seine ersten Jahre so trostlos verlaufen waren. Es erklärte so vieles. Die Hochzeit mit Christo war der richtige Schritt, aber es gab ihr einen Stich, dass Christo sie ohne die Zwillinge niemals geheiratet hätte. Er liebte sie einfach nicht, und das schmerzte sie unendlich.
„Macht es dir etwas aus, wenn ich bis zur Hochzeit allein schlafe?“, fragte Erin Christo abends.
„Nein, wenn es dir wichtig ist“, antwortete er nachdenklich.
Eine Woche später wurden Christo und Erin in der kleinen Dorfkirche von Thesos getraut. Sie trug ein Kleid aus weißer Spitze, das ihre schlanke Figur perfekt zur Geltung brachte. Deidre hatte natürlich eingewandt, dass sie als Mutter zweier Kinder eigentlich nicht in Weiß heiraten könnte. Doch Erin hatte sich davon nicht aus der Ruhe bringen lassen und sich an diesem besonderen Tag ihren Mädchentraum erfüllt. Schließlich liebte sie Christo Donakis und sah einer hoffnungsfrohen Zukunft entgegen.
Ein bärtiger Priester in einem langen Gewand vollzog die traditionell gehaltene griechisch-orthodoxe Trauung. Die Kirche war mit Blumen überreich geschmückt. Der Duft von Weihrauch vermischte sich mit dem von Orangenblüten, die Erin zum Kranz gebunden auf dem Kopf trug. Erin genoss jede Sekunde der fremden Zeremonie. Christo hielt ihre Hand in der seinen und bedachte sie mit dem selbstsicheren Blick eines Löwen. Zum ersten Mal hatte Erin den Eindruck, dass sie wirklich für einander geschaffen waren.
An den Tagen vor der Hochzeit war noch viel zu erledigen gewesen. Nuala musste in ein Krankenhaus nach Athen geflogen werden, wo ein Arzt nach dem verletzten Arm sah. Zum Glück verheilte der Bruch gut, und das kleine Mädchen brauchte keinen neuen Gipsverband. Nach dem Termin im Krankenhaus kaufte Erin das Hochzeitskleid bei einem Athener Designer. Am nächsten Tag machte sie Bekanntschaft mit Christos Vater Vasos Denes, der ihr und den Zwillingen einen Besuch in der Villa abstattete. Nach der anfänglich gespannten Atmosphäre legte sich Vasos’ Verlegenheit wegen des Fehlverhaltens seiner Frau allmählich, und er taute sichtlich auf. Der rechtschaffene Mann gefiel Erin gut, aber sie war geschockt, als sie erfuhr, dass seine Firma kurz vor dem Bankrott stand, er aber jede finanzielle Hilfe seines Sohnes ausschlug. An diesem Tag begriff sie, von wem Christo Sturheit gelernt hatte.
Nur um Christo und seinem Stiefvater einen Gefallen zu tun, willigte Erin ein, Appollonia mit den Kindern zu besuchen. Beim Anblick der Enkelkinder leuchteten die Augen der kranken Frau auf, und als sie sich unbeholfen für ihre Machenschaften von vor drei Jahren entschuldigte, liefen Tränen über ihr Gesicht. Da Appollonia ihren Ziehsohn über alle Maßen zu lieben schien und auch den Zwillingen echte Herzlichkeit entgegenbrachte, empfand Erin nun doch Mitleid mit der alten Frau. Obwohl sie wusste, dass es viel Zeit brauchen würde, bis sie ihrer zukünftigen Schwiegermutter vergeben konnte, war sie bereit, sich nach Kräften zu bemühen.
Christo verbrachte jeden Nachmittag mit den Kindern. Da die Zwillinge auf seine Zuwendung freudig reagierten, erkannte Erin, dass die Hochzeit wirklich der
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