Julia Extra Band 367
sexuellen Begierden zu zügeln und im Griff zu halten. Würde die Liebesnacht, die ihn als Belohnung schließlich erwartete, nicht sensationeller sein als alles, was er bisher erlebt hatte?
Als der Wagen in die lange Auffahrt zum Gutshaus einbog, registrierte Ciro, wie Lily angespannt zu einem Fenster im oberen Stock hochblickte, wo noch Licht brannte. War die raffgierige Stiefmutter aufgeblieben und wartete auf sie? In dem Fall war es vielleicht wirklich das Beste gewesen, dass er sie nach Hause gebracht hatte. Nicht auszudenken der Klatsch, wenn er Lily erst am nächsten Morgen, bekleidet mit dem Kleid vom Vorabend, zurückgebracht hätte!
„Lass mich einfach hier raus“, sagte sie, als er den Wagen anhielt. Sie hatte schon den Gurt gelöst und tastete nach dem Türgriff.
„Keine Sorge, ich beiße nicht“, meinte Ciro spöttisch.
Das war ihre geringste Sorge. Sie dachte an den heißen Kuss und daran, wie sehr sie sich danach gesehnt hatte, seinen Mund auf ihren Brüsten zu spüren. „Vielen Dank für das schöne Abendessen“, sagte sie betont förmlich. „Es war sehr nett.“
Er lachte. Diese Frau war wirklich einmalig! Bei allem Frust fühlte Ciro sich plötzlich hochgestimmt wie lange nicht. Es war das Neue an der Situation, das ihn so erregte. Gewöhnlich sah er eine Frau, die ihm gefiel, und nahm sie sich. Diesmal war alles ganz anders. „Also, wann sehe ich dich wieder?“
Nach kurzem Zögern wandte Lily sich ihm zu. Sie versuchte, sich gegen den Anblick seiner samtbraunen Augen und seines männlich markanten Gesichts zu wappnen. Wenn sie ihrer Schwäche für ihn nachgab, setzte sie sich nur der Gefahr aus, erneut zurückgewiesen und verletzt zu werden. Vorhin auf dem Hotelparkplatz war ihr gerade noch rechtzeitig ein letzter Rest an Vernunft zu Hilfe gekommen, aber sie konnte nicht dafür garantieren, dass sie noch einmal stark genug sein würde, Ciro zu widerstehen. „Gar nicht“, beantwortete sie deshalb seine Frage entschlossen.
„Wie bitte? Warum nicht?“, fragte er ungläubig.
„Weil ich, glaube ich, nicht dein Typ Frau bin.“
Er sah sie durchdringend an. „Und meinst du nicht, dass ich das selbst beurteilen sollte?“
„Nein“, entgegnete sie heftig. „Denn ich glaube nicht, dass du vernünftig überlegst … im Moment jedenfalls nicht. Wir kommen aus völlig verschiedenen Welten, Ciro, wie du sehr genau weißt. Du bist ein internationaler Hotelier aus Neapel, und ich … na ja, ich bin ein einfaches Mädchen aus einer englischen Kleinstadt, das sich seinen Lebensunterhalt mit Kuchenbacken und Kellnern verdient. Vielleicht laufen wir uns ja einmal wieder über den Weg, wenn du damit anfängst, das Haus zu einem … Hotel umzubauen. Aber am besten grüßen wir uns dann höflich lächelnd und gehen unserer eigenen Wege.“
Er schüttelte den Kopf. Glaubte sie ernsthaft, er würde sich mit einem Nein abfinden, wo er noch nie so verrückt nach einer Frau gewesen war?
Doch als kluger, erfolgreicher Geschäftsmann verstand Ciro sich auf die Kunst, den richtigen Zeitpunkt abzuwarten. Ohne Lily weiter zu bedrängen, stieg er aus, ging um den Wagen herum und hielt ihr die Tür auf. Zögernd ergriff sie seine Hand, und im Moment der Berührung schien ein elektrischer Funke zwischen ihnen überzuspringen. Ciro spürte es und sah, dass auch Lily es fühlte. Die Chemie zwischen ihnen war so unglaublich stark. Am liebsten hätte er sie in die Arme genommen und sie noch einmal wild und leidenschaftlich geküsst, um sie spüren zu lassen, was ihr entging, bevor er sich wieder ins Auto setzte und davonfuhr.
Nur, dass Lily ihn zu gänzlich untypischen Reaktionen verleitete. Ciro bemerkte, wie ihr Blick wieder zaghaft hinauf zu dem erleuchteten Fenster schweifte, und verspürte nur noch den Wunsch, sie zu beschützen. „Lily“, sagte er sanft.
Sie sah ihn argwöhnisch an. Als er das letzte Mal ihren Namen so ausgesprochen hatte, war sie im nächsten Moment in seinen Armen förmlich dahingeschmolzen. Und war sie nicht schon wieder versucht? „Ja?“
„Du weißt, dass ich dir gern beim Umzug in die neue Wohnung helfe? An meinem Angebot hat sich nichts geändert. Du brauchst nur ein Wort zu sagen.“
Sie nickte, von plötzlicher Traurigkeit überwältigt. Sollte sie zulassen, dass er zusah, wie sie ihrem alten Leben Adieu sagte? Und sich einer Zukunft stellte, die ihr im Augenblick recht trostlos schien? Niemals! Lily rang sich ein Lächeln ab. „Das ist sehr nett von dir, aber ich
Weitere Kostenlose Bücher