Julia Extra Band 367
allzu schwer sein konnte, den Schein einer glücklichen Ehe zu wahren, zumal ihr Ehemann sofort wieder arbeiten ging. Sie aber befand sich immer noch hier in Neapel, umgeben von all der Schönheit und Kultur … eine einmalige Chance, die sie vermutlich nie wieder bekommen würde. Also machte sie entschlossen gute Miene zum bösen Spiel, lächelte tapfer und hoffte insgeheim, dass sich Ciros Zorn allmählich legen und er ihre Liebe an sich heranlassen würde.
Doch ihre Hoffnungen erfüllten sich nicht. Nur wenn sie miteinander schliefen, duldete Ciro eine gewisse Nähe, und Lily war ihm viel zu sehr verfallen, um ihn abzuweisen, obwohl ihr Stolz sie dazu drängte.
So wie jetzt, als sie sich ihm auf der Terrasse zuwandte. Wie er im silbernen Mondlicht vor ihr stand, bekleidet mit einem maßgeschneiderten schwarzen Abendanzug, genügte sein Anblick, um sie schwach zu machen. „Natürlich hat mir der Abend gefallen“, beantwortete sie seine Frage. „Die Oper war großartig.“
„Ich weiß.“ Er betrachtete sie schweigend. „Alle haben davon geschwärmt, wie hinreißend du aussiehst.“
Sie hielt seinem Blick ruhig stand. „Und? Was hast du dazu gesagt?“
Er berührte ihre Wange und fühlte sofort, wie sein Herz schneller schlug. „Ich habe ihnen natürlich zugestimmt. Niemand hat je geleugnet, wie schön du bist, Lily. Schon gar nicht ich“, erwiderte er vielsagend.
„Ciro …“
Er verschloss ihr die Lippen mit einem heißen Kuss und vertraute einmal mehr darauf, dass der fantastische Sex mit ihr seine Bedenken auslöschen würde. Denn manchmal, wenn sie ihn mit diesen großen blauen Augen ansah, war er versucht, weich zu werden. Er fühlte sich dann ungewohnt verletzlich … wie in dem Moment, als er in der von Musik und Blumenduft erfüllten Kirche sein Trauversprechen gegeben hatte. Da hatte er das Gefühl gehabt, kurz vor einem ganz bedeutsamen Schritt in seinem Leben zu stehen – um dann festzustellen, dass er nun mit einer Frau verheiratet war, die er gar nicht wirklich kannte, und die seine halbfertigen Träume unter ihren zarten, kleinen Füßen bis zu Unkenntlichkeit zertreten hatte.
Ja, er war sehr wütend auf Lily gewesen, weil sie ihn so getäuscht hatte, ganz ohne Zweifel. Aber als der erste Zorn verflogen war, hatte er auch fast so etwas wie Dankbarkeit empfunden. Denn es war ein so wundervoll vertrautes Gefühl gewesen, als sich die eisige Schutzhülle wieder um sein Herz gelegt hatte. Endlich hatte er wieder Kontrolle über seine Gefühle erlangt und war wieder Herr der Lage gewesen. Wenn er nichts und niemand an sich heranließ, konnten ihn auch nichts und niemand verletzen.
In der samtenen Dunkelheit der neapolitanischen Nacht glitt seine Hand in den Ausschnitt ihres Kleides, und er spürte erregt, wie sie erschauerte. „Ich denke, wir sollten ins Bett gehen“, flüsterte er, führte sie hinein und begann ohne Umschweife, sie auszuziehen.
Im Nu waren sie beide nackt, und als Ciro sie nahm, umfing Lily ihn längst verlangend mit ihren Beinen, als könnte sie gar nicht genug von ihm bekommen. Lustvoll stöhnend erwiderte sie seine heißen Küsse, kam ihm wie entfesselt entgegen und verlor sich mit ihm in einem Rausch der Lust. Danach sank Lily schwer atmend in Ciros Arme. Nur langsam beruhigte sich ihr pochender Herzschlag, aber schließlich schlief sie wohlig erschöpft ein.
Nachdem Ciro sich sacht aus ihrer Umarmung gelöst hatte, rückte er ganz bewusst im Bett so weit wie möglich von ihrem verlockenden Körper weg. In letzter Zeit hatte er oft darüber nachgedacht, wie viel Zeit er inzwischen in ihren Armen verbrachte, und sich klargemacht, dass er sich bald wieder daran gewöhnen musste, allein zu leben. Denn schon bald würde seine schöne doppelzüngige Frau nach England zurückkehren.
Er schlief unruhig, von beklemmenden Träumen verfolgt, und als er aufwachte, stellte er fest, dass Lily fort war … ganz wie in seinen Träumen. Einen Moment lang lag er still da und blickte zu den Sonnenstrahlen empor, die an der Zimmerdecke tanzten. Ein schreckliches, dunkles Gefühl der Leere beschlich sein Herz.
Frisch geduscht und angezogen, fand er Lily schließlich auf der Terrasse bei einer Tasse Kaffee, die ausdrucksvollen blauen Augen hinter einer großen Sonnenbrille verborgen. Bei seinem Erscheinen schenkte sie ihm automatisch auch eine Tasse ein. Sie trug eine Seidenrobe, die zu ihrer Brautausstattung gehörte, und augenscheinlich nichts darunter.
„Was hast du also
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