Julia Extra Band 368
Seine Miene zeigte eine solche Sehnsucht, dass Kiki den Blick abwenden musste.
„Sie vermisst Sie sehr.“
„Sì.“ Rosa wischte sich eine Träne ab und nahm ihre Tochter auf den Arm, die sich fest an sie klammerte.
Fürsorglich legte Dr. Herore Rosa eine Hand auf die Schulter. „In ein paar Tagen kann sie wieder nach Hause, dann ist das Infektionsrisiko vorüber.“
„Ich weiß. Es ist gut, dass sie hierherkommen durfte. Bald kommt das neue Baby, und dann gehen wir alle nach Hause.“
Stefano trat dazu. „Du musst dich mehr schonen, Rosa. Wenn das Baby erst da ist, musst du für zwei Kinder sorgen.“
„Ja, Euer Hoheit.“ Völlig überwältigt blickte Rosa Stefano an. Kiki lernte ganz neue Facetten dieses Mannes kennen. Sie schwiegen. „Es wird spät“, erklärte Stefano, nickte Rosa zu, strich dem Mädchen übers Haar und legte dann seine Hand auf Kikis Arm.
„Ehe wir gehen, will ich dir noch das Beobachtungsfenster zum OP zeigen, darauf bin ich besonders stolz.“
Sie gingen, und Kiki dachte darüber nach, wie begeistert die Kinder Stefano begrüßt hatten. Rosa hielt ihre Tochter fest im Arm.
„Wie ist es zu Shebas Verletzung gekommen?“
„Ein Hund hat sie angegriffen – deshalb die Infektionsgefahr. Sie bekommt verschiedene Antibiotika.“
„Die Kinder lieben dich.“
Er schüttelte den Kopf. „Sie sind weit weg von ihren Familien und suchen die Nähe jedes Erwachsenen, von dem sie denken, dass er ihnen hilft.“
Doch Kiki glaubte, dass mehr dahintersteckte. Sie verließen jetzt die Kinderabteilung und gingen zu einer kleinen Wendeltreppe aus Eisen, die kunstvoll verziert war und für so ein modernes Gebäude seltsam altmodisch wirkte.
„Die Treppe ist restauriert worden, sie ist sicher.“ Stefano hatte ihr Zögern bemerkt.
„Okay, ich glaube dir.“ Kiki hatte Stefano mittlerweile als verantwortungsbewussten Mann kennengelernt. Er hatte nie die Chance bekommen, zu erfahren, dass er auch für sie hätte Verantwortung übernehmen müssen.
Sie sah, dass er das Treppengelände fast ehrfürchtig anfasste und zart darüberstrich, und unwillkürlich musste sie daran denken, wie er sie ebenso berührt hatte … Als er sprach, schrak Kiki auf und wäre fast gestolpert, und rasch streckte Stefano die Hand aus, um sie zu stützen. Zum Glück berührte er sie nur kurz, und sie blieben bei dem Thema Treppe. „Sie stammt aus einem Teil des Schlosses, der bei einem Erdrutsch zerstört wurde“, erklärte Stefano. „Ich habe die Treppe hierhergeholt, weil ich sie so schön finde.“
Kiki strich über das Geländer. „Ja, das ist sie, ich habe immer eine Wendeltreppe haben wollen.“
Stefano lächelte sie an. „Komm her, und arbeite für mich, dann taufe ich sie ‚Kikis Wendeltreppe‘.“
Jetzt wollte er also eine Treppe nach ihr benennen? Wie romantisch. Die Versuchung war groß, und doch …
„Du gibst nie auf, was? Ich könnte mir denken, dass es den anderen, die hier arbeiten, nicht gefallen würde, wenn ich so bevorzugt behandelt würde.“
Er zuckte die Achseln. „Es ist mein Krankenhaus, da kann ich machen, was ich will.“
Diesen Mann kannte sie. „Wie despotisch.“
Stefano versteifte sich, sah ihr Lächeln und entspannte sich wieder. „Vielleicht bin ich das manchmal, muss es sein.“ Das war keine Entschuldigung, sondern eine Feststellung.
Mittlerweile waren sie in einem schmalen Flur angekommen, der beiderseits Fenster hatte. Die Westseite gab den Blick auf die Olivenhänge frei, gegenüber zeigten die Fenster in einen großen, modernen Operationssaal. Kiki sah sofort, dass Stefano über die modernsten Geräte verfügte.
Insgeheim fragte sie sich, wie es wäre, hier zu arbeiten. „Wow, das ist fantastisch.“
Stefano sah erfreut aus. „Ich wusste, dass du so was zu schätzen wissen würdest.“ Ernst sah er sie an. „Selbst nach den paar Tagen, die ich dir in Sydney über die Schulter gesehen habe, habe ich gedacht, dass du das Zeug zu einer großartigen Chirurgin hast. Stattdessen finde ich dich auf einem Kreuzfahrtschiff als Bordärztin wieder.“
„Ja, nicht wahr? Wenn das nicht Ironie des Schicksals ist …“ Innerlich zog Kiki sich zurück, da sie dem Thema, das sie unbedingt vermeiden wollte, gefährlich nahe kamen.
„Wie konnte es zu dieser Ironie kommen?“ Stefano beobachtete sie genau. Er konnte erkennen, dass sie ihm auswich, und musste seine Ungeduld im Zaum halten.
Kiki zuckte die Achseln. „So was passiert eben. Manchmal nimmt das Leben
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