Julia Extra Band 369
Cayo hatten, war dramatisch. Es war, als würde plötzlich alle Kraft aus ihm weichen. Fast, als hätte sie ihm ein Messer zwischen die Rippen gestoßen.
„Etwas Besseres?“, wiederholte er matt.
Dru wollte ihn in die Arme nehmen, ihn trösten, aber sie traute sich nicht. Ihre Brust war schwer vor Mitleid, doch es gab keine Möglichkeit diesen Schmerz zu lindern. Würde sie ihn jetzt berühren, würde das alles nur noch schlimmer machen.
„Ich habe meinem Bruder ein Versprechen gegeben“, sagte sie leise. „Nichts ist wichtiger als das.“
Nicht einmal du, dachte sie und fühlte sich dabei wie ein Häufchen Elend.
„Heirate mich.“ Diesmal klang es nicht wie ein Befehl, vielmehr wie eine entschuldigende Bitte. Doch Dru sah ihn nur wortlos an und bemerkte die wachsende Verzweiflung in seinen Augen. „Ich möchte dich nicht verlieren. Ich kann das nicht“, sagte er leise.
„Du wirst es lernen müssen“, brachte sie hervor und kämpfte gegen den Kloß in ihrem Hals an.
„Dru …“
Sogar die Art, wie er ihren Namen sagte, tat Dru in der Seele weh. Sie wollte das nicht, all dieses Leid, es zerriss ihr das Herz. Er trat dicht vor sie und nahm ihr Gesicht sanft in seine Hände, und erst jetzt spürte Dru, wie ihr heiße Tränen über die Wangen liefen.
Aber er liebte sie nicht. Er tat nicht einmal so, als ob er sie lieben würde. Selbst jetzt nicht, da er sie heiraten wollte. Nein, er wollte sie nur an sich binden. Würde sie jetzt Ja sagen und seine Frau werden, dann würde sie ihn irgendwann dafür hassen.
„Ich bin nicht das Ungeheuer, für das du mich hältst“, sagte er sanft.
„Deine zwei Wochen sind abgelaufen, Cayo.“ Das war das Schwerste, das sie je getan hatte, und noch nie hatte sie ein so großes Opfer gebracht. Sie trat zurück und sah, wie seine Hände von ihrem Gesicht ins Leere glitten. „Du musst mich gehen lassen, Cayo.“
9. KAPITEL
Auch noch Wochen später war für Cayo nichts mehr so, wie es einmal war. Dru hatte ihn noch auf dem Londoner Flughafengelände verlassen. Sang- und klanglos hatte sie ihr Gepäck genommen und war verschwunden.
Sollte ich mich entscheiden, Sie zu sabotieren, dann wird das sicherlich nicht passiv geschehen. Ob Dru damals das damit gemeint hatte? Dieses schmerzhafte Gefühl, etwas verloren zu haben, das alles andere überschattete.
Er hasste es.
Verärgert sah Cayo hinüber zu dem Angestellten, der ihm an seinem großen Schreibtisch gegenübersaß, und schaffte es nur mit Mühe, sich davon abzuhalten, diesem Mann den Hals umzudrehen.
„Ich verstehe nicht, was dieses Gespräch soll“, sagte Cayo so streng, dass sein Gegenüber merklich zusammenzuckte. Cayo trommelte mit den Fingern auf der polierten Tischplatte. „Als Führungskraft erwarte ich natürlich von Ihnen, dass Sie selbstständig Entscheidungen fällen.“
Er war so freundlich, wie er nur sein konnte. Zugewandt und aufmerksam. Ja, er gab sich wirklich Mühe. Doch verglichen mit Dru hatte er, zumindest was Gesprächsführung betraf, auf ganzer Linie versagt. Darin war sie einfach besser als er, geübter. Unschlagbar. Aber Dru war nun mal nicht da. Und sie würde auch nicht wiederkommen.
„Natürlich, Mr Vila. Ja. Ich weiß …“, stammelte der Geschäftsführer. „Es ist nur, dass Sie bis jetzt immer alle Details und Zahlen wissen wollten, bevor …“
„Das war einmal“, sagte Cayo und rieb sich seufzend die Schläfen. „Also, falls das jetzt alles war …?“
Er lehnte sich in seinem imposanten Chefsessel zurück und sah dem Mann hinterher, der nach kurzem Abschied fast fluchtartig sein Büro verließ. Nur einen Moment später erschien seine neue Assistentin in der Tür, um ihn über die neuesten Termine und Nachrichten zu informieren.
Claire ist genau das, was man sich unter einer perfekten Assistentin vorstellt, dachte Cayo. Die Personalagentur hatte sie geschickt und sie machte sich wirklich ausgezeichnet. Sie lernte schnell, war fleißig und wurde nicht gleich nervös, sobald er sprach. Außerdem war sie gepflegt, hatte ein angenehmes Erscheinungsbild: blond, kühl, nordisch, und war damit sogar repräsentativ einsetzbar. Sie war nun seit einem Monat bei ihm und er hatte nichts, aber auch gar nichts an ihr auszusetzen.
Bis auf die Tatsache, dass sie nicht Dru war.
Sie wusste nicht, wie er seinen Kaffee am liebsten trank. Und niemals würde er Claire bei einer Geschäftsverhandlung um ihre Meinung fragen. Trotzdem war sie eine durch und durch anständige
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