Julia Extra Band 369
ist um einiges jünger als du.“
„Er ist zwanzig. Was spielt das für eine Rolle?“
„Habt ihr eine Beziehung?“ Verächtlich betonte er das letzte Wort.
Iris verdrehte die Augen. „Man könnte fast meinen, du wärst eifersüchtig.“
„Wer sagt, dass ich es nicht bin?“
Nun lachte sie zynisch. „Ach komm, Asad. Du bist doch nicht etwa eifersüchtig auf einen Wissenschaftler.“
Für sie war Russell eigentlich mehr wie ein kleiner Bruder. „Du wolltest wissen, ob ich Freunde habe, Asad. Und das ist er. Mein Freund.“
„Zu Hause hast du allerdings nicht viele Freunde.“
„Nein.“
„Aber du bist anderen eine sehr gute Freundin.“
Iris stieß einen ungläubigen Laut aus. Wenn er das wirklich glaubte, hätte er sie bestimmt nicht so leicht fallen lassen.
„Ich habe damals erst später gemerkt, was ich verloren habe, als unsere Freundschaft enden musste.“
„Von wegen musste ! Du warst fertig mit mir und hast mit mir Schluss gemacht. Also verdreh gefälligst nicht die Tatsachen.“
„Das tue ich nicht. Denkst du wirklich, wir hätten Freunde bleiben können, als ich Badra geheiratet habe?“
Widerstrebend musste sie ihm recht geben. Dass er ihre Freundschaft vermisst hatte, hätte ihr eigentlich egal sein müssen. Dennoch linderte es etwas ihren Schmerz.
„Es wäre schön, wenn wir es wieder sein könnten“, fügte Asad hinzu, als Iris nicht antwortete.
Sie glaubte ihm nicht. „Du willst nur mit mir ins Bett. Das ist keine Freundschaft.“
„Für uns könnte es das schon sein.“
„Wirklich? Und was ist, wenn ich in die Staaten zurückkehre?“
„Ich habe nicht vor, dich wieder aus meinem Leben zu verbannen.“
Es klang wie ein Schwur, und es beunruhigte und ängstigte sie gleichermaßen. Denn diese Worte waren nicht nur ein Versprechen, sondern auch eine Drohung. „Ich glaube nicht, dass ich nach meiner Abreise eher bereit sein werde, deine Freundin zu sein, als vorher.“
Sie hoffte, Asad würde die Bedeutung verstehen – dass es für sie mehr gewesen war als flüchtiger Sex und Freundschaft. Und leider vermutlich auch immer sein würde.
„Lass es uns probieren und sehen, wohin es führt.“
Jedenfalls nicht zum Altar.
„Du willst mit mir schlafen.“
„Stimmt.“
Wenigstens gab er es zu. „Und du willst mein Freund sein.“ Vorerst zumindest.
„Ja.“
„Und was sind wir dann?“, fragte Iris unsicher.
„Das liegt an uns.“
Asad versprach ihr also nichts. Sie wünschte, sie würde ihm so viel bedeuten, wie er ihr damals bedeutet hatte, doch das würde niemals eintreten. Aber wie sollte sie auf sein Angebot reagieren? Er wollte ihre Freundschaft erneuern und meinte es offenbar ernst.
Sie war sich nicht schlüssig, ob sie das wollte. Andererseits wusste sie nicht, ob sie während ihres Aufenthalts hier auf Abstand bleiben wollte. Sechs Jahre lang hatte sie enthaltsam gelebt und jede Nacht von ihm geträumt.
Würde sie ihn endlich loslassen können, wenn sie eine Affäre mit ihm hatte? Ihn so lange nicht zu sehen hatte jedenfalls nicht geholfen. Wenn sie je aus ihrer Einsamkeit ausbrechen wollte, musste sie in die Zukunft blicken. Sie musste wieder ein Risiko eingehen.
Vielleicht war dies also genau das, was sie brauchte – mit einer Beziehung abzuschließen, die von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen war.
Vor einer Tatsache konnte sie allerdings nicht die Augen verschließen. Sie hatte diesen Mann in den letzten sechs Jahren jeden Tag vermisst.
Ihn das erste Mal zu verlieren war ein schwerer Schlag für sie gewesen. Doch vielleicht würden ihre Wunden heilen, wenn sie wieder mit Asad zusammen war und wusste, dass es nicht von Dauer sein würde. Vielleicht konnte sie nur so die Grenzen überwinden, die sie sich selbst gesetzt hatte.
Zu gern hätte sie geglaubt, sie könnte ihn zurückweisen, aber sie musste sich eingestehen, dass sie es gar nicht wollte.
Nun, da sie wusste, was ihm damals durch den Kopf gegangen war und dass Badra ihn betrogen hatte, sah sie alles mit anderen Augen. Zumindest war ihr jetzt klar, dass Asad auch verletzlich war.
Warum es für sie wichtig war, wusste sie nicht, aber es war der Fall. Und sie begehrte ihn, mehr, als sie es je für möglich gehalten hätte. Es lag also an ihr. Wenn sie wieder mit ihm ins Bett ging, dann in dem Bewusstsein um die Vergangenheit und um das, was die Zukunft bringen würde. Vielleicht konnte sie damit leben. Denn sie war sich sicher, dass sie mit der Alternative nicht leben konnte
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