Julia Extra Band 369
Knabbereien auf einen Beistelltisch setzte.
Cherry bedankte sich herzlich und trank etwas, dann nahm sie sich ein paar Kekse und legte sich hin. Wohlig streckte sie sich aus, brachte die Hängematte leicht ins Schaukeln und schloss die Augen. Ein Schläfchen war jetzt genau das, was sie brauchte.
Sosehr sie sich auch danach sehnte, stellten sich jedoch keine süßen Träume ein. Ganz im Gegenteil, Bilder der letzten hässlichen Szene mit Liam und Angela verfolgten sie. Warum nur? Mit Liam war es aus und vorbei, sie hatte mit ihm abgeschlossen. Selbst wenn er sie darum anflehen würde, um nichts in der Welt wollte sie ihn zurückhaben.
„Cherry?“ Eine leise Stimme ließ sie aufschrecken. Sie fuhr hoch und blickte verwirrt auf.
Sophia stand vor der Hängematte. Sie trug einen roten Bikini, der ihre üppige, ausgesprochen weibliche Figur perfekt zur Geltung brachte. „Geht es Ihnen nicht gut? Sind Sie krank?“, erkundigte sich das Mädchen besorgt.
Cherry rang sich ein Lächeln ab. „Nein, ich war in Gedanken nur ganz woanders.“
Sophia zog sich einen Liegestuhl heran und setzte sich. „Unangenehme Gedanken?“, meinte sie.
„Das kann man wohl sagen!“
Sophia schien das als Zurechtweisung zu empfinden. „Scusi“ , sagte sie schnell. „Ich wollte nicht aufdringlich erscheinen.“
„Das habe ich auch nicht so aufgefasst.“ Cherry lächelte. Ihr tat das schöne Mädchen, das im eigenen Haus gefangen war, aufrichtig leid. „Ich habe an einen Mann denken müssen. Ich bildete mir ein, wir würden uns lieben, bis er mir wegen einer anderen den Laufpass gegeben hat. So einfach ist das.“
„Es ist niemals einfach.“ Sophia lächelte traurig. „Möchten Sie darüber reden?“
Zu ihrer eigenen Überraschung wollte Cherry es. Sie war von Natur aus ein verschlossener Typ und sprach nicht gern über sich und ihre Probleme, doch plötzlich hatte sie das Gefühl, ihr Herz ausschütten zu müssen.
„Liam war ein Arbeitskollege“, begann sie. „Wir waren schon länger befreundet, bevor wir uns das erste Mal verabredeten – ich dachte, Liam sei ein Mann, dem ich vertrauen konnte. Dann ging alles sehr schnell, und bereits nach einem halben Jahr war von Verlobung die Rede. Ich stellte ihn meiner Familie vor.“
„Erst kurz vor der Verlobung?“ Sophia schien es nicht fassen zu können.
„Ja, denn wir haben kaum Kontakt zueinander. Mein Vater ist schon seit einigen Jahren tot, und mit meiner Mutter und meiner Schwester verstehe ich mich nicht.“ Das war die Untertreibung des Jahrhunderts! „Meine Schwester sah Liam – und wollte ihn.“
Cherry zuckte die Schultern. „Er traf sich mit ihr an den Abenden, an denen wir nicht zusammen waren. Zwei Wochen später erklärte er mir, nicht ich, sondern Angela – meine Schwester – sei die Frau seines Lebens.“
„Und Ihre Schwester? Sie hat Ihnen gegenüber einfach geschwiegen?“
„Ja, das ist auch nicht weiter erstaunlich. Wir haben uns noch nie verstanden, deshalb bin ich auch gleich nach der Schule ausgezogen. Seitdem habe ich meine eigene Wohnung, und wir sehen uns äußerst selten. Angela ist ein Jahr älter als ich und wird von meiner Mutter regelrecht vergöttert, weil sie so schön und selbstbewusst ist. Schon immer wurde jeder ihrer Wünsche erfüllt, stets wollte sie das, was ich gerade hatte, und auf Drängen meiner Mutter musste ich immer alles an sie abgeben.“
Einen Moment lang betrachtete Cherry nachdenklich ihre Hände. „Aus diesem Grund habe ich meiner Schwester Liam auch erst vorgestellt, als ich von seiner Loyalität überzeugt war. Trotzdem war es ein Fehler.“
„Nein.“ Sophias Augen blitzten temperamentvoll. „Dieser Liam war einfach nicht der Richtige für Sie. Er war ein – wie nennt man das bei Ihnen? – ein Weichmann. Er war Ihrer nicht wert!“
Cherry lächelte. „Genau zu dieser Auffassung bin ich nach dem ersten Schmerz auch gekommen. Kurz entschlossen habe ich Job und Wohnung gekündigt, meine gesamten Ersparnisse auf ein Reisekonto gebracht und bin aufgebrochen, um Europa zu erkunden. Italien ist meine erste Station, aber ich möchte noch weiter. Wer weiß, wohin mich das Schicksal führt.“
„Meine Mutter war natürlich entsetzt über meine Entscheidung“, redete Cherry nach einer kleinen Pause weiter. „Sie hielt meine Pläne für eine reine Trotzreaktion und prophezeite mir ein böses Ende. Sie verbot mir ausdrücklich, mich an sie zu wenden, sollte ich Hilfe benötigen – als ob ich das je getan
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