Julia Extra Band 369
eigentlich bin ich gekommen, um eine Bitte zu äußern.“
Erst jetzt verließ er seinen Platz an der Wand und kam auf sie zu. Cherry musste sich beherrschen, um nicht vor ihm zurückzuweichen.
„Sophia wünscht sich Ihren Beistand.“ Seine Stimme verriet nicht, was er persönlich davon hielt. „Wenn bei der Hochzeit Sophias Schwangerschaft noch nicht erkennbar sein soll, muss sehr schnell sehr viel organisiert werden. Sophia hat weder Mutter noch Schwester, die ihr zur Seite stehen könnten, und fühlt sich außerdem nicht gut. Da ihr Verhältnis zu Margherita mehr als angespannt ist, bleiben nur Sie übrig, der sie vertrauen kann und die ihr hilft, Brautkleid und Aussteuer zu kaufen.“
Fassungslos sah Cherry ihn an. „Besitzt sie denn keine Freundin? Und was ist mit der Großmutter?“
„Sie ist neunzig und wäre damit überfordert – obwohl sie mit mir schimpfen würde, könnte sie mich hören.“ Er lachte. „Sophia hat keine wirklich enge Freundin, sie möchte Sie und keine andere als Unterstützung.“ Er zuckte die Schultern. „Sophia wird Sie morgen beim Frühstück um Ihre Hilfe bitten. Ich fand es nur fair, Sie vorher zu warnen, damit Sie sich die Sache gut überlegen können. Ich weiß, Sie sind im Urlaub und möchten sich erholen, andererseits fühlen Sie für Sophia wie für eine Schwester – das jedenfalls sagten Sie beim Essen.“
Wollte Vittorio seinen Willen durchsetzen, indem er an ihr Mitgefühl appellierte? Seiner Miene war nichts zu entnehmen.
Cherry versuchte, Zeit zu gewinnen. „Sophia kennt mich doch gar nicht!“, umging sie eine direkte Antwort. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als er daraufhin noch einen Schritt näher kam.
„Ist Ihnen das noch nie passiert? Man trifft einen Menschen und hat nach fünf Minuten das Gefühl, als kenne man ihn schon ewig?“
Der Duft seines Rasierwassers stieg ihr in die Nase, und ihr Puls raste. Verzweifelt suchte sie nach Gegenargumenten. „Ich … ich kenne die italienischen Gebräuche nicht … Ich spreche noch nicht einmal die Sprache …“
Vittorio winkte mit einer ungeduldigen Geste ab. „Das tut nichts zur Sache. Sophia weiß Bescheid. Sie sollen ihr nur etwas Arbeit abnehmen und für sie da sein, wenn sie eine Schulter zum Ausweinen braucht. Eine Hochzeit ist für eine Frau eine hochemotionale Angelegenheit, und Sophia sollte in ihrem Zustand möglichst wenig Grund zur Aufregung haben. Aber die Entscheidung liegt selbstverständlich bei Ihnen.“
Cherry schluckte. Dieser Mann war ein Überredungskünstler und die Verführung in Person. Wenn sie keinen klaren Kopf behielt, würde sie Vittorios Charme erliegen und ähnlich schmerzhafte Erfahrungen machen wie mit Liam. Vittorio würde sich ein Weilchen mit ihr amüsieren und sich anschließend mit einem kleinen Lächeln verabschieden, während sie unter gebrochenem Herzen leiden würde.
„Vittorio, ich …“
„Entscheiden Sie noch nichts“, unterbrach er sie. „Überlegen Sie in Ruhe, und lassen Sie sich durch nichts beeinflussen. Sophia ist zwar allein, aber sie wird auch ohne Sie überleben.“
Vittorio Carella verstand es, seine Mitmenschen geschickt zu manipulieren, das musste Cherry ihm lassen. Um sich seiner Ausstrahlung zu entziehen, senkte sie den Blick und betrachtete ihre Hände. „Wenn ich Sie richtig verstehe, wollen Sie Sandro und Sophia also Ihren Segen geben?“
„Das wäre zu viel gesagt.“ Er zögerte. „Ich möchte es so ausdrücken: Ich will Sophia und meine zukünftige Nichte oder meinen zukünftigen Neffen nicht verlieren. Meiner Meinung nach ist Santo jedoch als Mann für Sophia ungeeignet, er ist zu schwach. Sie ist eine Carella, eigenwillig, dickköpfig und stets davon überzeugt, im Recht zu sein. Diese Eigenschaften haben den männlichen Carellas zu Macht und Reichtum verholfen, Sophia jedoch ist eine Frau. Stellt sie Santos Autorität als Familienoberhaupt infrage, kann die Ehe nur unglücklich enden.“
Cherry legte den Kopf zurück. „Wie bitte? Habe ich mich verhört?“ Ihre Augen sprühten vor Zorn. „Soll Sophia etwa nach der Hochzeit ihren Willen aufgeben und sich Santo als ihrem Herrn und Meister widerspruchslos beugen?“
Er musterte sie kühl. „Die Worte sollten lediglich meiner Überzeugung Ausdruck verleihen, dass ich für Sophia einen Mann mit mehr Erfahrung für geeigneter gehalten hätte. Ich bin mir nicht sicher, ob Santo mit ihr fertig wird.“
„Die beiden lieben sich und haben damit die beste Voraussetzung, zu
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