Julia Extra Band 369
wirkte wie ein liebestoller Teenager!
Erneut drehte sie den Kaltwasserhahn auf und beugte sich über das Becken. Gewiss, sie würde die verräterischen Zeichen beseitigen können, und Vittorio hatte garantiert nichts von ihren lüsternen Blicken bemerkt … Doch sie kannte sich selbst nicht mehr – sie war nicht die Frau, für die sie sich stets gehalten hatte!
Cherry hatte damit gerechnet, ihr Herz an Italien zu verlieren, aber doch nicht an einen Italiener! Und dann auch noch an einen Mann wie Vittorio Carella, der allein schon durch seine gesellschaftliche Position unerreichbar für sie war.
Nur der Gedanke an ihr Versprechen, Sophia während dieser schwierigen Wochen zur Seite zu stehen, gab ihr die Kraft, äußerlich ruhig und gefasst den Frühstücksraum zu betreten.
Wie vermutet, war Sophia noch nicht aufgestanden, und Vittorio saß allein am Tisch. Ohne sich die Zeit zum Setzen zu nehmen, begann Cherry überstürzt mit der kleinen Rede, die sie sich ausgedacht hatte.
„Das mit gestern Abend tut mir leid, Vittorio. Ich wollte die schöne Stimmung wirklich nicht zerstören, doch ich habe Caterina in der Garderobe getroffen. Sie hat einige Bemerkungen gemacht, über die ich mich wahnsinnig geärgert habe. Ich weiß, ich hätte meine schlechte Laune nicht an dir auslassen dürfen, aber …“
Vittorio stand auf und legte ihr den Finger auf die Lippen. „Setz dich erst einmal.“ Mit sanfter Gewalt zwang er sie, sich auf ihren Stuhl zu setzen, dann schenkte er ihr ein Glas frisch gepressten Orangensaft ein. „Trink, anschließend unterhalten wir uns.“
Nervös folgte sie der Aufforderung. Wenn das Gespräch doch nur schon vorüber wäre!
„Gut gemacht.“ Er nahm ihr das leere Glas, das sie immer noch gedankenlos in der Luft hielt, aus der Hand und stellte es zurück auf den Tisch. „Und jetzt erzähl mir bitte genau, was Caterina dir gesagt hat, mia piccola .“
„Das tut wirklich nichts zur Sache.“ Sie würde sich lieber die Zunge abbeißen, als Caterinas Gemeinheiten zu wiederholen. Das würde Vittorio wahrscheinlich nur auf die Idee bringen, sie, Cherry, habe es tatsächlich auf ihn abgesehen. „Im Kern geht es darum, dass Caterina mich, eine Nicht-Italienerin, für ungeeignet hält, Sophia beizustehen. Sie scheint es als persönliche Beleidigung zu empfinden.“
Vittorio legte ihr die Hand unters Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. „Caterinas Worte haben dich mehr als nur geärgert, du warst anschließend völlig außer dir. Ich möchte genau wissen, was sie dir vorgeworfen hat“, forderte er sie erneut auf.
„Nein!“ Sie hielt seinem Blick stand, befreite sich jedoch aus seinem Griff. „An den genauen Wortlaut kann ich mich wirklich nicht mehr erinnern, und das Wesentliche habe ich dir erzählt.“
Vittorio schüttelte den Kopf, bestand jedoch nicht länger auf seiner Forderung. „Du bist die undurchsichtigste Frau, die ich je getroffen habe, das darfst du mir glauben. Mit deinem Mozartzopf wirkst du süß wie ein braves kleines Mädchen, dabei bist du wehrhaft wie eine Amazone.“
„Es ist ein Pferdeschwanz“, klärte sie ihn auf, froh, vom Thema ablenken zu können.
„Mozartzopf, Pferdeschwanz – für mich ist alles eins.“ Er betrachtete sie nachdenklich, stand dann auf, nahm ihre Hand und zog sie hinter sich her, hinaus in den Garten. „Ich möchte mit dir sprechen, ohne durch eins der Mädchen gestört zu werden“, beantwortete er ihren fragenden Blick. „Es geht um Caterina.“
„Du bist mir keine Erklärungen schuldig“, meinte sie schwach, als er mit ihr, sie immer noch bei der Hand haltend, im Schatten eines alten Baumes stehen blieb.
„Um Lorenzos und Caterinas Ehe steht es nicht gut“, begann er unvermittelt. „Caterina ist einfach nicht fähig, einem Mann Glück und Zufriedenheit zu schenken. Mich selbst muss ein Schutzengel in allerletzter Minute vor einer lebenslangen Bindung an sie bewahrt haben. Wenn man jung ist, ist man oft nicht in der Lage, körperliches Verlangen von Liebe zu unterscheiden – ich jedenfalls konnte es nicht. Diesen Fehler werde ich jedoch kein zweites Mal machen, das habe ich mir nach der geplatzten Verlobung geschworen. Deshalb blieben meine Beziehungen zu Frauen in den letzten Jahren stets unverbindlich.“
Cherry nickte. Wer wusste besser als sie, wie leicht man Wunschdenken für Liebe halten konnte?
„Lorenzo ist ein vorbildlicher Ehemann. Ich behaupte das nicht nur, weil er mein Freund ist, sondern ich weiß es. Er
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