Julia Extra Band 369
ergriff Vittorio die Initiative. „Du hast mich lange genug hingehalten, Cherry. Rück endlich heraus mit der Sprache. Was bedrückt dich?“
„Eigentlich nichts.“ Sie nahm all ihren Mut zusammen. „Ich reise gleich am Morgen nach der Hochzeit ab, um elf Uhr wird mir die Agentur den neuen Leihwagen bringen. Das ist alles, was ich dir sagen wollte.“
Die Farbe seiner Augen wechselte von Grau zu Schwarz, und seine dichten Brauen zogen sich drohend zusammen. „Und weshalb das, wenn ich wissen dürfte?“, fragte er in einem Ton, der nichts Gutes ahnen ließ.
Cherry senkte zwar den Kopf, blieb jedoch entschlossen. „Ganz einfach: Die Hochzeit ist dann über die Bühne, Sophia braucht mich nicht mehr, und ich kann endlich meine Reise fortsetzen.“
„ Endlich deine Reise fortsetzen? Der Aufenthalt hier war also eine Zumutung für dich!“
Die Ungerechtigkeit dieses Vorwurfs ließ Cherry auffahren. „Davon kann keine Rede sein!“, wehrte sie sich.
„ No? Und wovon ist die Rede?“
„Der Zufall hat mich hier stranden lassen, und du warst so freundlich, mir zu helfen. Dafür bin ich dir aufrichtig dankbar. Das und nichts anderes sollten meine Worte sagen.“
Er lachte verächtlich. „Von deinen Lippen klingt das, als hätte ich einer streunenden Katze ein warmes Plätzchen am Ofen gewährt.“
Sie zwang sich, die Herausforderung nicht anzunehmen und sachlich zu bleiben. „Ich bin hiergeblieben und habe Sophia geholfen, weil ich es wollte. Du hast mich zu nichts gezwungen, das sind die Tatsachen. Doch ab morgen bin ich hier überflüssig, Sophia ist dann eine verheiratete Frau, und wir beide müssen den Alltag da wieder aufnehmen, wo wir ihn unterbrochen haben.“
„Wenn ich dich aber hierbehalten möchte? Was dann?“
Ihr Stolz gab ihr die Kraft, Haltung zu bewahren. Eisig sah sie ihn an. „Ich bin kein Spielzeug, mit dem man sich die Zeit vertreibt, Vittorio. Dass ich zu einer Affäre nicht bereit bin, wusstest du von Anfang an.“
„Also flüchtest du zurück nach England – vielleicht zu diesem Liam? Willst du deshalb nichts von mir wissen? Hoffst du, dass er dich zurück in sein Bett holt?“
Wie wagte er, so etwas auch nur zu denken? Schließlich hatte sie ehrlich darüber berichtet, was sich zwischen Liam und ihr abgespielt hatte. Cherry war jetzt ebenso wütend wie er.
„Ich habe nie in Liams Bett gelegen, ich habe überhaupt noch nie mit einem Mann im Bett gelegen und werde es auch mit einem Vittorio Carella nicht tun! Warum also lässt du mich nicht einfach zufrieden? Nimm dir doch eine der willigen Schönen, die sich um diesen Platz reißen würden!“
Nachdenklich sah er sie an und schwieg. Dann schüttelte er den Kopf. „Was tun wir hier eigentlich? Worum streiten wir?“
Er ergriff ihre Hände. „Die Wochen mit dir waren wunderschön, mia piccola . Trotzdem könnte es noch weitaus schöner werden. Ich will dich! Noch nie habe ich eine Frau so begehrt, und noch nie habe ich so lange auf sie gewartet, das darfst du mir glauben.“
Cherry atmete tief durch. Es erschien ihr aussichtslos, dennoch versuchte sie es ein weiteres Mal, ihm ihren Standpunkt zu verdeutlichen.
„Für mich gehört mehr dazu als nur Habenwollen, Vittorio. Auch ich will dich, aber nicht nur für Wochen, Monate oder vielleicht auch zwei Jahre.“ Endlich hatte sie es über die Lippen gebracht! „Ich habe andere Vorstellungen von einer Beziehung als du.“
„Du traust mir also nicht? Du glaubst, ich würde dich im Stich lassen?“
Sanft, aber bestimmt entzog sie ihm die Hände. „Du weißt genau, was ich meine. Und ich traue dir. Du bist fair gewesen, du hast dich an unsere Vereinbarungen gehalten und mir keinerlei Versprechungen gemacht.“
„Doch, ich habe etwas versprochen, nämlich zu warten, bis du bereit bist. Daran habe ich mich gehalten, obwohl ich bei mehreren Gelegenheiten mit Leichtigkeit mein Wort hätte brechen können, das weißt du ganz genau. Und was ist der Dank dafür? Du willst gehen, ohne uns eine Chance zu geben!“
„Was ich für dich fühle, Vittorio, ist Liebe.“ Warum nur wollte er das nicht begreifen? „Liebe hat mit Chancen nichts zu tun, sie existiert unabhängig von äußeren Bedingungen.“ Sie schloss kurz die Augen. „Daher ist es für mich einfacher, sofort zu gehen. Je schneller wir uns trennen, desto leichter wird es für mich sein, mein gewohntes Leben wieder aufzunehmen. Vielleicht kommt die Zeit, in der die Wochen mit dir mir nicht mehr bedeuten als ein
Weitere Kostenlose Bücher