Julia Extra Band 370
unerwartet einen leisen Stich von Wehmut verspürte, fragte sie sich irritiert, was das wohl bedeuten mochte. Ob er seinen Gespielinnen nach einer Liebesnacht auch Frühstück machte? Und stellte er sich im Bett genauso geschickt an wie in der Küche?
Darauf kannst du wetten.
„Besser?“, fragte er.
„Ja, danke, viel besser. Ihre Rühreier sind wirklich der Hit.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Verraten Sie mir jetzt, wo mein Handy ist?“
„Natürlich. Ihre Tasche liegt dort drüben auf der Couch.“
Während Roxy sich langsam erhob, überlegte sie verzweifelt, was um Himmels willen sie jetzt machen sollte. Sobald sich seine Haustür hinter ihr schloss, stand sie auf der Straße. Wortwörtlich und im übertragenen Sinn. Sollte sie bei einer ihrer beiden Musikerkolleginnen nachfragen, ob sie vorübergehend auf der Wohnzimmercouch nächtigen durfte, weil sie sich momentan in einer schwierigen Situation befand? Lieber nicht. Justina war wahrscheinlich immer noch mit diesem italienischen Obermacho zusammen, der sich bestimmt von ihr gestört fühlen würde, und von Lexi hatte sie seit einer Ewigkeit nichts gehört.
Unter Titus Alexanders sengendem Blick kramte sie ihr Handy aus der Tasche, wobei sie im selben Moment sah, dass die Batterie leer war. Sie drehte ihm den Rücken zu und starrte blind hinaus in den Garten, während sie vorgab zu wählen.
Dann schloss sie die Augen, presste sich das Handy ans Ohr und wartete kurz, bevor sie gespielt munter ausrief: „Hallo, Justina, hi! Ja, ich bin’s, Roxy. Ja, ja … gut, danke, echt prima. Obwohl …“
In diesem Moment spürte sie, wie Titus hinter sie trat und ihr das Handy entwand. Als sie herumfuhr, durchbohrte er sie mit Blicken.
„He! Was soll das denn?“, fragte sie empört.
„Warum tun Sie so, als würden Sie telefonieren, wenn es gar nicht stimmt?“
„Ich tue gar nicht so!“
„Ach ja? Dann scheinen Sie über kommunikative Fähigkeiten zu verfügen, um die Sie jeder normale Sterbliche beneiden würde. Hören Sie, Roxanne, ich weiß, dass Ihr Handy leer ist.“
Roxy, die in ihrem Leben schon oft genug mit dem Rücken zur Wand gestanden hatte, wusste, dass in einem aussichtslosen Fall Angriff die beste Verteidigung war. „Das wissen Sie nur, weil Sie in meiner Handtasche herumgeschnüffelt haben, während ich krank im Bett lag!“, schleuderte sie ihm anklagend entgegen.
„Oh, ich habe wirklich Besseres zu tun, Herzchen, glauben Sie mir“, beschied er ihr ungnädig. „Ich weiß es, weil Ihr Handy ständig gedudelt hat, bis ich beschlossen habe dranzugehen, weil ich dachte, dass es vielleicht wichtig ist. Als ich es endlich herausgekramt hatte, sah ich gerade noch den Namen Ihres Geliebten auf dem Display, dann gab die Batterie ihren Geist auf.“
„Meines … Geliebten?“, fragte Roxy matt.
„Murray.“
„Wie oft soll ich Ihnen noch sagen, dass er nicht mein Geliebter ist?“, fuhr sie ihn wütend an.
„Tatsächlich? Und warum hat er Ihnen dann diese – meine – Wohnung fast kostenlos überlassen?“
Roxy zögerte. „Weil … weil er nett sein wollte, nehme ich an.“
Dafür hatte Titus nur ein zynisches Lachen übrig. „Oh, bitte, Roxanne, Naivität steht Ihnen nicht“, sagte er, während er ihr in ihre unfassbar blauen Augen schaute. „Der Typ ist scharf auf Sie, das wissen Sie genau. Wahrscheinlich sind Sie zu der Überzeugung gekommen, dass es nicht zu viel verlangt ist, ihn ab und zu mal ranzulassen, wenn Sie dafür fast umsonst in einer der besten Wohngegenden Londons wohnen können. Und seine Ehe ist kein Hinderungsgrund. Sie sind nicht die erste Frau, die sich für Geld verkauft, und mit Sicherheit auch nicht die letzte.“
„Das ist eine hundsgemeine Lüge!“, wehrte sie sich wütend.
„Kann sein.“ Er kniff die Augen zusammen. „Aber vielleicht ist es ja auch die Wahrheit, und Sie wollen sie nur nicht hören. Oder bestreiten Sie etwa, dass er hinter Ihnen her ist?“
Roxy zögerte. Er spießte sie förmlich auf mit Blicken, sodass sie es nicht schaffte, den Augenkontakt zu beenden. Dabei hatte sie das ungute Gefühl, dass er mehr sah, als ihr recht sein konnte. Und wenn schon! Es zählte nicht, was Titus Alexander von ihr hielt. Wichtig war nur, was sie selbst von sich hielt. „Nein, Sie haben recht“, gab sie schließlich unumwunden zu.
„Natürlich habe ich recht. Warten Sie, lassen Sie mich raten“, fuhr er mit samtweicher Stimme fort. „Sie sind nicht gleich mit ihm ins Bett
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