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Julia Extra Band 370

Julia Extra Band 370

Titel: Julia Extra Band 370
Autoren: Nikki Logan , Lucy Monroe , Melanie Milburne
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er euch verlassen hatte?“
    Sie konnte kaum noch atmen. „Er hatte seine Wahl getroffen. Er ist meinetwegen ausgezogen, also hatte er wohl kaum Interesse daran, auf seinem Besuchsrecht zu bestehen.“
    „Wer sagt, dass er deinetwegen gegangen ist?“
    Sie betrachtete das in der Sonne glitzernde Wasser.
    „Shirley?“
    „Er wollte nicht Vater werden. Und ich war kein ruhiges Baby.“
    „Aber wer sagt das? Wenn du noch so klein warst, woher weißt du, dass es stimmt?“
    „Mum hat es gesagt. Wenn sie wütend oder nervös war. Manchmal hat sie davon gesprochen, wie sehr sie ihn geliebt hat, dann wieder hat sie erzählt, er sei nicht zum Vater geschaffen. Oder dass er, wenn ich ruhiger gewesen wäre …“
    „Sie hat dir die Schuld dafür gegeben, dass er sie verlassen hat?“
    „Sie hat es auf mich zurückgeführt, dass er gegangen ist“, verbesserte Shirley sorgfältig. „Das ist ein Unterschied.“ Nur konnte eine Sechsjährige den Unterschied nicht verstehen. „Sie hat lange gebraucht, um über ihn hinwegzukommen.“
    „Hat sie nie wieder geheiratet?“
    Shirley hob die Hand. „Noch einmal schuldig. Es war schwer, mit einem Kleinkind im Schlepptau Liebe zu finden.“
    „Woher hast du das?“, fragte Hayden stirnrunzelnd. „Das sind nicht deine Worte. So drückst du dich nicht aus.“
    „Meine Mutter hat nicht ganz so sachlich über ihre Gefühle gesprochen wie über Nietzsche oder Sokrates.“
    „Und du warst wie alt?“ Haydens Stimme klang unerwartet sanft.
    Shirley zuckte die Schultern. „Je nachdem. Mum hat manches öfter gesagt als anderes.“ Aber insgesamt genug. So viel, dass Shirley ihre Kindheit damit verbracht hatte, Verbrechen wiedergutzumachen, die sie nicht einmal hatte begehen wollen.
    Nachdenklich sagte Hayden: „Meine Mutter war alles andere als perfekt, doch sie hat alles für mich getan. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihre Bedürfnisse derart über meine gestellt hätte.“
    Sofort wurde Shirley von dem Wunsch überwältigt, ihre Mutter zu entschuldigen. „Sie war eine hervorragende, hart arbeitende, engagierte Dozentin.“
    „Ich nehme an, diese ganze Aufmerksamkeit und Zeit mussten woanders eingespart werden. Es tut mir wirklich leid, dass es bei dir war.“
    „Es ist nicht deine Schuld.“
    „Deine Schuld war es auch nicht.“ Hayden hob die Stange aus dem Wasser, legte sie quer über die Gondel und setzte sich Shirley gegenüber. „Nimm es nicht auf deine Kappe, dass dein Vater euch im Stich gelassen hat. Das wirft ein schlechtes Licht auf ihn, nicht auf dich. Und wenn deine Mutter dich als Grund dafür vorgeschoben hat, dass sie nie versucht hat, einen neuen Partner zu finden, dann geht das auf ihre Rechnung. Viele alleinerziehende Mütter bauen eine neue Familie auf. Kinder sind kein Hindernis – außer man sucht nach einem Grund, den man vorschieben kann.“
    „Warum hätte sie nach Gründen suchen sollen, keine neue Liebe zu finden?“ Wer wollte denn nicht geliebt werden? Außer Hayden.
    „Vielleicht hat es einfach nicht geklappt, und es war bequemer, die Verantwortung von sich abzuwälzen.“
    Shirley blickte ihn starr an.
    „Ich will nur sagen, du solltest nicht die Schuld für die Probleme deiner Mutter mit dir herumtragen.“
    „Tue ich nicht.“
    „Doch, du trägst etwas mit dir herum. Warum sonst hast du diesen brennenden Wunsch, ihre Liste zu Ende zu bringen?“
    „Um ihr Andenken zu ehren.“
    „Warum muss es geehrt werden?“
    „Weil ich sie geliebt habe.“ Selbst wenn es keine perfekte Liebe war. Sie war ihre Mutter, der einzige Elternteil, den sie gehabt hatte.
    „Du brauchst diese Aktivitäten nicht, um sie zu lieben. Warum die Liste?“, fragte Hayden.
    Völlig ratlos sah Shirley ihn an. Was war plötzlich aus ihrem netten Tag auf dem Wasser geworden?
    Schwankend nahm Hayden wieder die Stange und stand auf. „Das ist eine rhetorische Frage, Shirley. Du musst mir nicht Rechenschaft ablegen. Nur dir selbst.“
    Eine Weile glitten sie schweigend dahin.
    „Noch nicht gekentert“, murmelte Hayden. „Erstaunlich, dass wir ein so ausgeglichenes Paar sind.“
    Sein Lächeln war ansteckend. Dann lachte er, und die Gondel schaukelte heftig. Keiner von ihnen beiden konnte irgendwelche Preise für seelische Gesundheit beanspruchen. Nicht, wenn man unter der Oberfläche kratzte.
    Vielleicht fühlten sich Außenseiter zueinander hingezogen.
    „Bring mich zurück, Hayden“, flüsterte Shirley. Anlegesteg, Auto, zu ihr. Mindestens eine
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