Julia Extra Band 371
Luft.
„Und falls ich es bin?“, fragte sie und ahnte doch schon die Antwort.
„Solltest du schwanger sein“, er sagte es so nüchtern, so sachlich, „werden wir heiraten.“
5. KAPITEL
Es war dunkel, als sie landeten.
Mit wachsender Furcht sah Natasha auf den Wüstenpalast. Sie war jetzt in einem Land, von dem sie bis gestern nicht einmal gehört hatte.
Der Flug hatte Stunden gedauert. Irgendwann hatte sie keine Energie mehr gehabt, um weiter zu streiten. In sich zusammengesunken hatte sie im Sessel gesessen und mit leerem Blick aus der Luke gestarrt. Zuerst hatte sie geglaubt, sie würden über dem Meer dahinfliegen, doch dann war ihr klar geworden, dass es die Wüste war, die das silberne Mondlicht mit weißen Kronen auf den Sandhügeln versah.
Bevor sie von Bord ging, hatte eine Dienerin ihr dabei geholfen, einen Schleier anzulegen, der sie von Kopf bis Fuß verdeckte und nur die Augen frei ließ. Eine Limousine wartete, um sie die kurze Strecke vom Flughafen zum Palast zu fahren. Groß und beeindruckend wirkte das Gebäude doch alles andere als willkommen heißend. Natasha wusste, dass es keinen Zweck haben würde, eine Szene zu machen und sich zu sträuben. Selbst wenn sie weglief … an wen hätte sie sich wenden können? Nein, sie musste Ruhe bewahren und so tun, als hätte sie sich in ihr Schicksal gefügt.
Rakhal sah fremd aus in der Robe, dunkel, bedrohlich, geheimnisvoll. Sie verfluchte sich für ihre Naivität. Wieso nur hatte sie ihm vertraut?
Eine Anzahl Männer umgab ihn, mit denen er leise redete, während eine Gruppe Frauen sich um sie geschart hatte. Sie gingen durch duftende Gärten, und erst, als sie im Palastinnern waren, wandte Rakhal sich wieder an sie.
„Du wirst mit den Frauen zusammen eine Erfrischung zu dir nehmen. Mein Vater wünscht mich zu sprechen.“
Es war das erste Mal, dass sie so etwas wie Anspannung in seinen Zügen sah, doch seine Stimme klang hochmütig und selbstsicher.
Vielleicht hatte der Prinz die Angst in ihren Augen gesehen, denn er hatte plötzlich das Bedürfnis, sie zu trösten.
„Natasha, ich weiß, dass dies alles überwältigend ist und du Angst haben musst, aber sei versichert, dass ich dir niemals wehtun werde.“
„Das hast du bereits“, brauste sie auf. „Lügen fügen ebenso Schmerzen zu, Rakhal. Du hast mich angelogen, damit ich in dein Flugzeug steige, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, mit mir darüber zu reden.“
„Es gab nichts zu bereden, deine Worte ließen mir nur diese Wahl.“ Er blieb unbeeindruckt. „Doch jetzt muss ich mit dem König reden. Es geschieht schließlich nicht alle Tage, dass der Kronprinz unter solchen Umständen nach Hause zurückkommt. Du wirst solange warten.“
Jetzt war sie es, die keine Wahl hatte. Natasha sah ihm nach, wie er den Raum verließ, düster und unnahbar – ein Fremder.
Rakhal ließ sie nur ungern allein. Ihm war klar, wie verängstigt sie sein musste. Und doch hatte er sie herbringen müssen. Unter anderen Umständen hätte er in London abgewartet, aber in Alzirz hatten die Festivitäten bereits begonnen. Der Kronprinz sollte längst in der Wüste sein und über die Zukunft seines Landes nachdenken, die Wüste um Unterstützung bei der Wahl seiner Braut bitten – und nicht auf dem Weg zum Arbeitszimmer seines Vaters, um getadelt zu werden.
Er war auf einen Streit eingestellt, sein Rücken stockgerade, seine Miene ausdruckslos. Doch nichts hatte ihn auf den Anblick vorbereitet, der ihn erwartete. Der einst so starke Mann war nur noch ein Schatten seiner selbst. In diesem Moment war Rakhal froh über seine strenge Erziehung, denn mit keiner Regung verriet er seinen Schock, seine Stimme wankte nicht, als er den Vater, wie es Brauch war, mit zwei Küssen auf die Wangen begrüßte.
Er wartete auf die Rüge, doch stattdessen hustete sein Vater nur, und Rakhals Wut richtete sich gegen den Hofarzt, der ihm versichert hatte, es blieben noch Monate. Der loyale Hofarzt hatte sich der Wahrheit verschlossen, einer Wahrheit, die Rakhal deutlich erkennen konnte: Schon bald würde er das Land regieren.
„Ich nahm an, dass du direkt in die Wüste weiterziehst.“ Die Stimme des Königs klang dünn und heiser.
„Ich werde in Kürze losfahren.“ Die Kehle war ihm seltsam eng, als sein Blick auf dem Mann lag, der einst so stark und stolz gewesen war und noch immer versuchte, sich so zu geben.
Der König hustete erneut. „Warum dann dieser Umweg? Du verschwendest Zeit. Es bleiben nur zwei
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