Julia Extra Band 371
nickte knapp. „Ich muss an der Beerdigung teilnehmen und ihm mein Beileid aussprechen.“
„Ja, natürlich.“
Abdul kam zurück und teilte seinem Herrn mit, dass der Hubschrauber zum Abflug bereit war. Dann sagte er noch etwas, Worte, die Natasha nicht verstand, aber er lächelte auf eine Art, bei der sich Natasha der Magen drehte.
„Was hat Abdul gerade gesagt?“, wollte sie von Rakhal wissen.
„Nichts.“
„Sind das gute Neuigkeiten für Alzirz?“ Sie würde sich nicht so leicht abspeisen lassen. „Das verschafft dir doch noch einen Aufschub, oder?“
„Das waren seine Worte, nicht meine“, stellte Rakhal grimmig klar. „Aber ja, es stimmt, es verschafft uns mehr Zeit. Für den Moment …“ Es pochte dumpf hinter seinen Schläfen. „Emir trauert tief. In Alzan …“, er wünschte, sie könnte verstehen, „… lebt man, wie du es dir vorstellst. Der König kann eine neue Frau nehmen.“
Die Dunkelheit in seiner Seele begehrte wieder auf, doch dieses Mal erkannte Rakhal sie als das, was sie war: brennende Eifersucht. In Alzan konnte der König mehr als nur eine Partnerin in seinem Leben wählen, dort hing die Hoffnung auf die Zukunft des Landes nicht allein von einer einzigen Braut ab. Dort konnte auch die königliche Familie glücklich zusammen leben und die Kinder aufwachsen sehen.
„Das könntest du auch“, lautete ihre Antwort, nachdem er versucht hatte, es ihr zu erklären.
Rakhal schüttelte den Kopf. „Das Volk würde es niemals akzeptieren. Der König ist nur mit seinem Land verheiratet. Die Frau des Königs …“
„Wird weggeschlossen!“, fuhr Natasha auf. „Auf ein Luxusregal platziert und heruntergenommen, wann immer sie gebraucht wird!“ Sie hasste dieses Land mit den unverständlichen Regeln, aber sie liebte ihn . „Kannst du denn nicht darüber nachdenken? Wenn schon nicht für mich, dann für die Frau, die du wählen wirst?“
„Ich muss jetzt gehen.“ Für Streit hatte er keine Zeit, und es hatte auch keinen Sinn. Wäre Natasha schwanger, hätte sie sich den Regeln beugen müssen. Aber sie war nicht schwanger.
Und wieso verspürte er keine Erleichterung?
Rakhal musste wirklich gehen. Er gab ihr keinen Kuss, es stand ihm nicht zu, schließlich hatte sie seinen Antrag abgelehnt. Trotzdem konnte er es nicht beenden.
Er schluckte seinen Stolz. „Bleib. Dann können wir nach meiner Rückkehr reden.“
„Wirst du darüber nachdenken?“
Er nickte, denn wie hätte er nicht daran denken sollen? Doch es war nicht erlaubt, ein König musste an sein Land denken, nicht an seine Kinder und seine Frau.
Als der Kronprinz in den Hubschrauber stieg, machte Abdul eine Bemerkung über Emir, bei der Rakhal vor wenigen Wochen vermutlich noch hämisch gelächelt hätte.
Doch heute nicht. „Du wirst Respekt zeigen.“ Zornig sah er seinen Berater an.
„So etwas sage ich ja auch nicht zu ihm .“
„Zu mir wirst du es auch nicht sagen.“
Er sah noch, wie Abdul die Lippen schürzte und wusste, dass sein Vater von dieser kleinen Episode erfahren würde, denn der Kronprinz hatte gerade nicht nur seinen engsten Berater getadelt, sondern sich zugleich gegen die Rivalität gesträubt, die seit Jahrhunderten zwischen den beiden Ländern bestand. Das Zusammensein mit Natasha hatte seine Gedankenwelt verändert. Heute Morgen war er mit einer Frau im Bett aufgewacht und mit Hoffnungen auf die Zukunft. Er hatte einen Blick auf das Leben erhascht, das Emir geführt hatte.
Er wollte es auch.
Selbst die Trauer.
Auch eine so maßlose Trauer, wie sie in Emirs Zügen stand, als Rakhal den Palast von Alzan betrat. Wie es Brauch war, küssten sie sich auf beide Wangen, dann sprach Rakhal sein Beileid aus. Auch das war Brauch, doch für Rakhal war es dieses Mal anders, denn das Mitgefühl kam aus seinem Herzen.
Nicht, dass es Emir aufgefallen wäre.
Eine englische Kinderfrau hielt die beiden neugeborenen Mädchen im Arm, und Rakhal ging zu ihnen und küsste auch die beiden Babys auf die Wangen. Die Babys weinten, und eine verschleierte Frau entschuldigte sich dafür.
„Ihnen fehlt die Muttermilch.“
Er nickte nicht schlicht, kehrte auch nicht zu den Männern zurück, sondern hob eines der Mädchen – Clemira, wie man ihn informierte – auf den Arm und sagte der verschleierten Frau, dass es nicht die Muttermilch, sondern die Mutter war, die den Babys fehlte. Und in diesem Moment vermisste er seine eigene Mutter.
Pinkfarbene Saphire schienen ihm plötzlich keineswegs mehr ein so
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