Julia Extra Band 371
würde die Haremsvorsteherin dann nicht sie auswählen, um zum Prinzen zu gehen, würde dieses Klingeln auch gleichzeitig das Ende einläuten.
Doch die Tage vergingen, und die Klingel ertönte nicht. Dann fand Natasha den Grund heraus.
„Der Prinz ist beim König“, wusste die Vorsteherin zu berichten. „Bald soll er die Wahl seiner Braut bekannt geben, wie es heißt.“ Sie lächelte ihre Mädchen strahlend an, und alle außer Natasha erwiderten das Lächeln. „Man sagt, schon morgen wird unser Prinz den Namen seiner Auserwählten verkünden.“
10. KAPITEL
Rakhal starrte aus den Palastfenstern auf die Straßen hinunter, in denen das große Fest stattfand.
„Es ist gut, die Menschen glücklich zu sehen“, sagte der König. „Mein herannahender Tod macht ihnen Angst, und die Hochzeit wird sie ablenken.“
„Sie brauchen sich nicht zu fürchten“, erwiderte Rakhal. „Ich werde ein guter Regent sein.“
Dessen war er sicher. Er hatte große Visionen für sein Land. Der Reichtum aus den Minen sollte für die Menschen eingesetzt werden. Er würde Schulen bauen lassen, Universitäten und Krankenhäuser, die Infrastruktur verbessern … in einem angemessenen Tempo, sodass niemand schockiert sein würde. Die Wüste jedoch würde er unberührt lassen, das sagte ihm sein Herz. Aber für all das brauchte er einen klaren Kopf und Zeit für sich allein, damit er seine Entscheidungen genau überlegen konnte. Er konnte keine Frau gebrauchen, die ständig verlangte, mit ihm zu reden, und schmollen würde, wenn er keine Zeit für sie hatte. Und doch sehnte sein Herz sich genau danach.
„Mir bleibt nur noch wenig Zeit“, sagte der König. „Bald wird das ganze Land trauern. Du wirst das ändern. Du musst ihnen neue Hoffnung geben und ihnen einen Erben präsentieren …“
Rakhal sah auf die vielen Menschen. Ja, schon bald würden sie alle trauern, und diese Trauer konnte nur durch eine Braut und ein Baby gemildert werden.
Doch die Braut, die er gewählt hatte, war unauffindbar. Noch immer suchten seine Leute nach ihr. Abdul hatte ihm gesagt, dass sie nach London zurück sei, aber sie nahm seine Anrufe nicht an.
Rakhal hätte sich nie vorstellen können, um einen Menschen zu trauern, der noch lebte … und um ein Baby, das nie existiert hatte. Er konnte einfach nicht verstehen, wieso Natasha abgereist war, ohne vorher mit ihm zu reden. „Wenn ich nach London fliegen und …“
„Genug!“ Der König war zornig. Immer wieder brachte sein Sohn diese Natasha auf. „Ich sterbe, und trotzdem weichst du deinen Pflichten aus.“
„Ich weiche nicht aus, ich habe längst akzeptiert, dass ich heiraten muss. Aber wenn ich mit ihr reden könnte …“
„Um ihr was zu sagen? Dass du dich ihren Wünschen beugst, anstatt dich um das Wohl deines Volkes zu kümmern? Niemals!“ Der König hatte keine Geduld mehr. „Jetzt werden wir feiern, und morgen trittst du mit der goldenen Schärpe auf den Balkon und verkündest dem Volk, dass du deine Braut gewählt hast.“
Rakhal runzelte die Stirn. Das entsprach nicht den Regeln. „Ja, morgen trete ich auf den Balkon, aber jetzt kehre ich in die Wüste zurück. Dort werde ich feiern, und morgen komme ich hierher zurück und wähle aus denen, die du bestimmt hast.“
„Du solltest besser hierbleiben“, knurrte der König, „und deinen Samen für deine Braut aufsparen.“
„Davon ist genug da“, gab Rakhal ebenso beißend zurück.
Er gab seinem Vater nicht nach, nicht einmal jetzt, sondern kehrte in sein Lager zurück, zurück in die Wüste, durch die seine Mutter einst gezogen war. Jetzt durchzog der Kronprinz sie zusammen mit seinem Falken.
Seit Natasha abgereist war, hatte er sich weder gebadet noch rasiert. Er setzte sich in den Sand, betete und versuchte zu meditieren. Ein Sandteufel formierte sich, und er hörte seine Mutter lachen. Sie lachte und tanzte, und er verstand sie nicht.
Rakhal spürte die Sonne auf seinen Schädel brennen und versuchte seine Gedanken zu klären, versuchte seinen Kopf zu leeren, damit die Stille der Wüste ihn durchtränken sollte, damit er auf die Geschichten lauschen konnte, die der Wind und der Sand ihm zuflüsterten. Er vertraute auf ihre Antworten. Doch ganz gleich, wie lange er auch saß, so sehr er versuchte, sich auf sein Land und sein Volk zu konzentrieren, immer war es Natasha, die sich in seine Gedanken drängte.
Mit seinem Berater konnte er nicht reden, auch mit niemandem aus seiner Familie, denn sie würden die
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