Julia Extra Band 371
Archer hatte das respektiert.
Nun waren sie angekommen und Callie konnte ihren Augen kaum trauen. Eine „Strandhütte“ hatte er sein Haus genannt. Das war die Untertreibung des Jahrhunderts! Die „Hütte“ war ein riesiges modernes Haus, dessen Wohnzimmer fast nur aus Glas bestand. Man hatte in alle Richtungen atemberaubende Aussichten auf den Strand, die Dünen und das Meer.
Auch die Einrichtung hatte echte Klasse: hellblaue Teppiche auf glänzendem Eschenfußboden, sandfarbene Wildledersofas und schlichte gläserne Couchtische. Das alles war so anders als die zusammengetragenen, schäbigen Möbel, die sie in einer echten Strandhütte erwartet hätte.
Archer hatte sich vor acht Jahren nicht viel aus materiellen Dingen gemacht. Aber wenn ein Mann fünf Mal hintereinander Weltmeister im Surfen wurde, änderte ihn das anscheinend grundlegend.
„Ich habe dein Gepäck ins erste Gästezimmer rechts im Flur gestellt“, informierte er sie.
Da er barfuß war, hatte sie ihn nicht kommen hören. Sie erinnerte sich noch genau, wie ungern er Schuhe trug. Auf Capri hatte das nichts ausgemacht, denn da waren sie ohnehin meistens am Strand gewesen. Hier hatte sie es zum Lächeln gebracht, als er im Haus als Erstes aus seinen bequemen Slippern schlüpfte.
„Es ist direkt neben meinem, falls du dich das schon gefragt hast“, fügte Archer hinzu und wackelte lustig mit den Brauen.
„Das habe ich nicht“, wehrte Callie ab, aber ihr Herz schien einen Sprung zu machen.
„Lügnerin!“ Er begann, sich eine ihrer Strähnen um den Finger zu wickeln.
Callie wusste genau, was er da tat. Er flirtete mit ihr, um sie bei Laune zu halten. Aber bei dem Spielchen würde sie nicht mitmachen. Nicht nach dem gefährlichen Kuss im Auto!
„Du spürst doch auch noch das Prickeln zwischen uns“, behauptete Archer nun und blickte ihr auf die Lippen.
Am besten wäre es jetzt zu lügen, dachte Callie. Aber das hatte sie noch nie gut gekonnt. Deswegen war sie auch mit Archer zusammengekommen: Sie hatte einfach nicht verbergen können, wie toll sie den lässigen Surfer fand.
Obwohl ihr bewusst war, dass es sich bei der einen Woche auf Capri nur um eine Urlaubsromanze handelte, hatte Callie sich in Archer verliebt. Deshalb war es ihr so schwer gefallen, ihn zu vergessen. Vor allem, weil er ihr auf so schäbige Weise den Laufpass gegeben hatte.
Daran sollte sie jetzt denken, nicht an den Kuss vorhin im Auto, der bei ihr Erinnerungen geweckt hatte, die sie besser für immer vergaß.
„Soweit ich mich erinnere, haben wir im Auto ausgemacht, uns auf die Arbeit zu konzentrieren“, rief Callie ihm ins Gedächtnis.
Archer wickelte die Strähne weiter auf, bis seine Fingerspitze die Schläfe berührte. Sehnsucht durchflutete Callie, und sie hielt kurz die Luft an, als er die Locke losließ und die Finger weitergleiten ließ bis zur zarten Haut unter ihrem Ohr. Dorthin hatte er sie damals oft geküsst – und in ihr heftiges Begehren geweckt.
Nein, daran durfte sie nicht denken!
„Der Kuss war unnötig. Wir haben viel Arbeit vor uns“, sagte sie streng. „Mehr ist nicht drin.“
„Betonst du das nicht ein bisschen oft?“, fragte er sanft. „Als müsstest du dir das selber einreden?“
„Archer, bitte sag mir nicht, was …“
„Gib doch zu, dass zwischen uns das Feuer noch nicht erloschen ist“, unterbrach er sie und lächelte breit. „Um es mal romantisch auszudrücken.“
„Das heißt noch lange nicht, dass wir uns darum kümmern sollten“, wehrte sie ab.
Er ließ sie los und sah plötzlich ernst aus. „Du hast recht, Callie. Wir haben eine Menge Arbeit vor uns. Besser, wir lassen uns nicht ablenken.“
„Ein guter Plan“, stimmte sie zu und hoffte, er konnte ihr die Enttäuschung nicht anhören.
Irgendwie konnte sie sich nicht entscheiden, ob sie ihm nachgeben oder widerstehen sollte. Es war ein Kampf Herz gegen Vernunft, und das schien er zu spüren, denn er fügte gleich hinzu: „Aber wer weiß, was uns alles einfällt, wenn wir die Arbeit erledigt haben.“
Callie verdrehte bloß stumm die Augen und flüchtete sich in ihr Zimmer, wobei sie Archer hinter sich leise lachen hörte.
Denk daran, dass er ein charmanter, aber unzuverlässiger Mann ist, mit dem man sich besser nicht einlässt, ermahnte Callie sich streng.
Das musste sie sich immer wieder vorsagen, sonst bestand große Gefahr, diesen Vorsatz aus den Augen zu verlieren.
Nach dem, was er mit seiner Familie mitgemacht hatte, hasste Archer
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