Julia Extra Band 371
spontan reagiert. Nun musste er die Folgen tragen: nämlich mit Callie sieben Tage lang eng zusammenarbeiten und dabei ständig daran erinnert werden, wie unglaublich verführerisch sie aussah, wenn sie nicht die Schneekönigin spielte. Und wie gut sie schmeckte. Nach Schokolade und Kaffee …
„Dein kühles Benehmen hat mich pikiert, und ich wollte dich aus der Ruhe bringen“, gab Archer zu.
Allerdings war es jetzt um seine eigene Ruhe geschehen.
Er erwartete, dass Callie nun noch kühler würde, aber sie wirkte jetzt … Ja, als ob sie Tränen unterdrücken müsste.
„Weinst du etwa?“, fragte er bestürzt und wollte sie in die Arme nehmen.
Sie wich ihm aus und rieb sich die Augen, dann sah sie starr durchs Seitenfenster.
Ihr bekümmerter Anblick ging ihm zu Herzen.
„Es hat nichts mit dir zu tun, Archer“, versicherte sie leise. „Zurzeit habe ich ein Problem, und obwohl ich es ganz gut im Griff habe, verlangt es doch Tribut von meinen Nerven.“
Wieder hätte Archer sie am liebsten in die Arme genommen, um sie zu trösten, aber er beherrschte sich.
„Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragte er.
„Ja. Benimm dich weiterhin wie ein Schlauberger, damit bringst du mich zum Lachen“, antwortete sie mit zittriger Stimme.
Nun umfasste er sanft Callies Kinn und drehte ihr Gesicht zu sich. „Ich kann mich zurückhalten. Auf blöde Scherze verzichten. Und auf Küsse.“
Sie rang sich ein schwaches Lächeln ab. „Keine Küsse sind für mich eine Bedingung, wenn wir zusammen arbeiten. Mit Scherzen werde ich schon fertig.“
Plötzlich traf ihn die Erkenntnis wie eine Sturzwelle: Callie hatte bestimmt Probleme mit ihrem Freund.
„Geht es um einen Mann?“, erkundigte Archer sich. „Ich könnte ihm einen Tritt in den …“
„Nein, kein Mann“, unterbrach sie ihn und lächelte plötzlich breit. „Ich verspreche dir hoch und heilig, nicht mehr Trübsal zu blasen. Ich bin nur … überarbeitet, müde und generell schlecht gelaunt.“
„Ja, der Zwerg Grumpy im Schneewittchenfilm ist verglichen mit dir ein fröhliches Kerlchen“, stimmte er zu, was ihr endlich ein Lachen entlockte. „Du solltest mir für den Kuss dankbar sein, weil er dich zur Einsicht gebracht hat und …“
„Treib es nicht zu weit“, warnte sie ihn, zwinkerte ihm dabei aber zu.
Das versetzte ihn zurück nach Capri, als sie ihm auch so zugezwinkert hatte, kurz bevor sie in die Blaue Grotte gefahren waren. Sie hatte behauptet, der idyllische Platz wäre berühmt dafür, dass dort Heiratsanträge gemacht wurden. Er solle aufpassen, nicht auch der Versuchung zu erliegen.
Sicher, es war nur ein Scherz gewesen, aber auch der Anfang vom Ende. Archer hatte zu überlegen angefangen, ob hinter dem sorglosen Flirt mehr steckte – für Callie. Ob sie sich womöglich Hoffnung auf mehr machte.
Er hatte jedoch bereits gelernt, dass Liebe ihren Preis hatte. Und er war nicht bereit, den zu bezahlen.
„Ja, also … wenn küssen definitiv von der Tagesordnung gestrichen ist, müssen wir uns aufs Arbeiten konzentrieren“, stimmte Archer zu und hoffte, sie würde widersprechen.
„Ja, genau“, bestätigte Callie allerdings.
„Falls wir es jemals nach Torquay schaffen“, fügte sie vielsagend hinzu.
Als Archer das Auto wieder in Gang setzte, sagte er sich, dass er froh sein sollte, dass Callie nicht mehr so reserviert und abweisend war.
Aber nachdem er nun die Frau von damals hinter der spröden Fassade wiederentdeckt hatte – die lebenslustige, leidenschaftliche Frau, die ihm beinah das Herz gestohlen hätte – war er nicht einfach froh, sondern auch … wachsam.
3. KAPITEL
Okay, seit Archer in mein Büro geschlendert ist, habe ich nicht mehr klar denken können, gestand sich Callie ein.
Sonst hätte sie es kommen sehen, dass er sie küssen würde. Er hatte es nur getan, weil er frustriert war. Das war ihr jetzt klar.
Archer hatte etwas beweisen und sie aus ihrer schlechten Laune aufrütteln wollen.
Aber welche Begründung konnte sie dafür anführen, den Kuss erwidert zu haben?
Sie hatte angenommen, sie könne ohne Weiteres sieben Tage lang mit Archer in einem Haus leben, weil es ja nur um Geschäftliches ging. Die neue Situation traf Callie unerwartet. Er hatte ihren Entschluss mit einem einzigen kleinen Kuss ins Wanken gebracht. Nun fühlte sie sich aus der Bahn geworfen.
Während der Fahrt war sie die meiste Zeit still gewesen und hatte sich unnötige Notizen gemacht, um sich vom Prickeln ihrer Lippen abzulenken.
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