Julia Extra Band 371
sein, Tom“, bat er und erntete dafür ein noch breiteres Lächeln.
„Du weißt ja, dass ich mit der ganzen Romantik nichts am Hut habe, seit Tracy mich so gelinkt hat“, sagte der Ältere gedämpft. „Aber hast du mal überlegt, dass der Zufall, der dich und Callie wieder zusammengeführt hat, vielleicht etwas bedeutet? Dass es Schicksal ist?“
Überrascht sah Archer seinen Bruder an. Der hatte immerhin seinen Lebenstraum, Surfprofi zu werden, Tracy zuliebe aufgegeben. Die war eins von den hiesigen Surfgroupies gewesen und hatte sich bewusst schwängern lassen, um Tom festzunageln. Dass er seine Karriere aufgab, um sich in Torquay seiner kleinen Familie zu widmen, war aber offensichtlich nicht in ihrem Sinn gewesen. Kaum ein Jahr verheiratet, hatte sie Tom mit dem Baby sitzen lassen.
Das hatte ihn verbittert, und wer konnte es ihm verdenken.
Seither glaubte Tom nicht mehr an Happy Ends. Dass ausgerechnet sein großer Bruder nun das Wort Romantik in den Mund nahm und auf ein Wirken des Schicksals anspielte, ließ Archer befürchten, dass er sich wegen Callie gerade sichtlich zum Narren machte.
„Du hast Izzy zu viele Märchen vorgelesen, wenn du plötzlich ‚und sie lebten glücklich bis an ihr seliges Ende‘ propagierst“, erwiderte Archer grollend.
„Nun reg dich nicht gleich auf. Ich hab nur eine unparteiische Meinung abgeben wollen“, meinte Tom und hob die Hände.
Callie stieß triumphierend die Faust hoch, als Travis einen katastrophalen Zug machte, und Izzy jubelte.
Archer war überwältigt vom Anblick der fröhlichen, lebhaften Callie. Gestern hatte sie sich völlig auf die Arbeit konzentriert und ihn beinah vergessen lassen, wie ausgelassen sie sein konnte.
Beinah. Eigentlich hatte er die Erinnerungen daran bewusst verdrängt, sie sozusagen in einen der hintersten Winkel seines Gedächtnisses geschoben. Es war nicht klug, ständig daran zu denken, wie gut sie sich auf Capri verstanden hatten. Das würde letztlich nur zu Kummer führen.
„Übrigens, wenn du unseren Eltern verrätst, dass Callie bei mir wohnt, bist du ein toter Mann“, drohte er Tom.
Dessen Augen glitzerten hinterhältig. „Ich halte meinen Mund, wenn du zugibst, dass du Callie noch immer willst.“
Archer nahm seinen älteren Bruder in den Schwitzkasten. Es dauerte nie lange, bis er mit Tom und Travis wieder zum alten Ton zurückfand.
Izzy warf sich ins Getümmel, indem sie ihrem Vater auf den Rücken sprang. Bei der fröhlichen, lautstarken Rangelei wurde Archer plötzlich etwas bewusst.
Es war sinnlos so zu tun, als mache er sich nichts mehr aus Callie. Sie faszinierte ihn, so wie damals. Und er konnte nichts dagegen unternehmen.
Gar nichts.
4. KAPITEL
„Endlich Ruhe!“ Archer stellte zwei Tassen Kaffee auf den Balkontisch.
„Deine Brüder sind nett, und Izzy ist zauberhaft“, meinte Callie und rührte sich drei Löffel Zucker in ihren Kaffee.
Sie brauchte den extra Energiekick, weil ihr noch ganz seltsam zumute war, nachdem sie Archer mit seinen Verwandten zusammen gesehen hatte. Früher hatte er nie über seine Familie gesprochen. Er war der typische Einzelgänger gewesen, der sich sorglos durchs Leben treiben ließ. Ein Mann, der weder Bindungen noch sonstige Verpflichtungen einging – seinen heißgeliebten Sport einmal ausgenommen.
Ihn jetzt mit seinen Brüdern zu sehen, hatte sie umgeworfen. Zuerst war er so abweisend gewesen, als würde er die beiden nicht gern bei sich sehen. Das konnte aber nicht sein, denn bald darauf hatte er mit ihnen herumgebalgt wie ein kleiner Junge.
Dann wieder schien es ihn verärgert zu haben, dass sie freundlich zu Tom, Travis und Izzy gewesen war.
Was stimmte bloß nicht mit Archer? Wollte er nicht, dass sie mit seiner Familie gut auskam, obwohl er sie zur Hochzeit mitnahm? Das war ja wohl Quatsch!
Es hatte sie ebenfalls verblüfft, wie sehr er an seiner Nichte hing. Er war ihr nie wie ein Mann vorgekommen, der sich viel aus Kindern machte. Bei seinem Lifestyle kein Wunder.
Aber wie er mit Izzy gespielt hat, war schon beachtlich, dachte Callie unbehaglich.
Sie wollte nicht daran erinnert werden, wie nett er sein konnte. Sie wollte nicht, dass er mit ihr flirtete, obwohl er das natürlich ständig tat.
Manchmal sah er sie an wie damals in Capri, gerade so, als wäre sie für ihn die einzige Frau der Welt. Und das beunruhigte sie zutiefst.
Nein, sie durfte sich nicht wieder mit Archer einlassen.
Sie wollte sich nicht nochmals das Herz brechen lassen.
Egal,
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