Julia Extra Band 372
Dusche gehen?“
„Dann sitzt sie in ihrer Babytrage mit im Badezimmer, damit ich sie im Auge behalten kann und höre, wenn sie schreit.“
„Sie können sie nach dem Baden und Wickeln ruhig zu mir rausstellen.“
„Ich möchte Ihnen keine Umstände machen.“
Ihre Blicke trafen sich. „Darüber sollten wir eigentlich mittlerweile hinaus sein, oder?“, meinte er schmunzelnd.
Seine meist sorgenvolle Miene mit den düster blickenden grauen Augen wirkte an diesem Abend keine Spur gelöster. Im Gegenteil, sie verrieten innere Kämpfe oder vielleicht auch eine Verwirrung der Gefühle. Sicher konnte sie ihm vertrauen. Ihre Situation war nicht gerade einfach, aber sie waren beide aufrichtige, ernsthafte Menschen. Wenn sie ihm nicht einmal so weit über den Weg traute, wie sollte er es die ganze Nacht im selben Raum mit ihr aushalten können? Und wenn er nicht mit ihr im einzig verfügbaren Zimmer in diesem Hotel übernachten könnte, wo sollte er dann schlafen? In seinem Wagen? Oder in der Hotellobby?
Sie hatten beide das Baby inzwischen so oft hin und her gereicht, dass es ihm tatsächlich lächerlich schien, nicht die paar Minuten, während Elise unter der Dusche war, auf sie aufpassen zu können.
„Also wenn Sie Molly für die Nacht fertig gemacht haben, dann bringen Sie sie ins Zimmer und erklären mir, was ich tun soll.“
„Einverstanden.“
Er nahm die Fernbedienung von der Kommode, und Elise verschwand mit Molly und der Wickeltasche im Badezimmer. Da sie sich ohne Babybadewanne behelfen und Molly mit der einen Hand festhalten und mit der anderen waschen musste, war Elise am Ende fast so nass wie Molly.
Anschließend brachte sie Molly ins Zimmer zurück. Jared saß zurückgelehnt auf dem Bett und schaute Nachrichten. Als sie eintrat, richtete er sich auf. „Also, was soll ich tun?“
Sie hätte ihm liebend gern tief in seine ausdrucksvollen Augen geblickt. Aber außer einem kurzen interessierten Aufblitzen, das sie bei ihm bemerkt hatte, als sie zusammen ihre Sachen in seinem Wagen verstaut hatten, hatte er ihr gegenüber bisher keinerlei emotionale Regung gezeigt, abgesehen vielleicht von seiner Bitte, sie solle ihm doch vertrauen.
Die körperliche Anziehungskraft schien nicht auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Sie sorgte sich wohl ganz umsonst, denn warum sollte ein reicher Mann, der Promis als Mandanten hatte, sie so sehr begehren, dass er die Kontrolle über seine Gefühle verlor? Er dachte sicher nicht mal im Traum daran.
Also wandte sie den Blick ab und verstaute mit vorgespielter Geschäftigkeit Mollys schmutzige Wäsche in der dafür vorgesehenen Plastiktüte in ihrem Koffer. „Sie ist gefüttert und frisch gewickelt. Also wird sie wahrscheinlich bald schläfrig. Meist trage ich sie noch ein bisschen herum oder spiele mit ihr, bis sie anfängt, sich die Augen zu reiben. Das ist das Zeichen, dass sie wirklich müde ist, und dann bringe ich sie ins Bett.“
„Alles klar, dann mache ich jetzt alles genau so, wie Sie es gesagt haben.“
„Das Babybett ist noch nicht da.“
„Vorhin war viel los an der Rezeption. Ich bin sicher, bis Molly bereit ist, einzuschlafen, hat es jemand vorbeigebracht. Wenn nicht, dann gucken wir noch ein bisschen fern.“
Sie holte tief Luft und fühlte sich auf einmal unbehaglich. Tief in ihrem Inneren wusste sie, er würde nie etwas tun, was Molly schaden könnte. Dennoch scheute sie sich, sie in seiner Obhut zu lassen. „Haben Sie Angst, dass ich die Kleine entführe, so wie ich einmal Angst hatte, Sie würden meinen Wagen stehlen, wenn ich Ihnen die Schlüssel überlasse?“
Sie lachte verlegen. „Nein. Aber …“
„Aber Sie trauen mir nicht zu, dass ich in der Lage bin, Molly bei Laune zu halten?“
„Doch, das traue ich Ihnen schon zu.“
Es war nicht fair, ihn mit ihrem unzuverlässigen Vater und dem gleichermaßen unzuverlässigen Patrick in einen Topf zu werfen, wo Jared doch nur vorgeschlagen hatte, ein paar Minuten auf ihr Baby aufzupassen! Und trotzdem fiel es ihr schwer, ihm zu vertrauen. Überhaupt noch irgendjemandem zu vertrauen.
Sie erinnerte sich daran, wie sie mit ungefähr zehn Jahren am Fenster des kleinen Hauses gesessen hatte, in dem sie mit ihrer Mutter wohnte, und gebetet hatte, ihr Dad möge doch zurückkommen. Und dass sie sich gewünscht hatte, ihre Mutter hätte keine so großen Sorgen mehr. Aber ihr Dad kam nie zurück, noch nicht einmal zu Besuch.
Sie dachte an Patrick. Dachte daran, wie viel leichter sie es in den
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