Julia Extra Band 372
als sich von ihr fernzuhalten. Er verstand, dass sie Zeit brauchte, um Vertrauen zu ihm zu finden.
Er spürte, wie groß ihr Verlangen nach ihm war. Sie war kurz davor gewesen, dem nachzugeben, aber noch schienen Zweifel und Angst zu überwiegen. Er wollte sie nicht bedrängen, wollte keinen billigen Triumph in einem Ausbruch ungezügelter Leidenschaft. Er wollte, dass sie sich mit klarem Kopf für ihn entschied, und nicht nur für die Befriedigung ihrer körperlichen Bedürfnisse. Er musste warten, bis sie aus eigenem Antrieb zu ihm kam, um bei ihm zu bleiben.
Du lieber Himmel! Erschrocken fuhr er bei diesem Gedanken zusammen. Er träumte davon, sich an die Kette legen zu lassen … sehnte sich sogar danach. Ja, er wollte diese eine Frau, für immer. Nur diese kam infrage.
Mit weit ausgreifenden Schritten ging er durch den Princes Street Park, die Royal Mile entlang bis zum Arthur’s Seat. Er wurde auch nicht langsamer, als es auf dem Rückweg den Hügel steil bergan ging. Es war, als müsse er überschüssige Energie verbrennen.
Sein Großvater hatte prophezeit, dass es eines Tages so kommen würde. Er würde die Frau seines Lebens sofort und mit großer Gewissheit erkennen. Er hatte seinem Großvater nicht geglaubt. Doch jetzt war es genauso eingetreten.
Er hatte Imogens Gesellschaft heute genossen. Er liebte das Funkeln in ihren Augen, wenn sie ihn neckte, mochte ihre trockenen Kommentare. Ein wenig hatte er schon herausgefunden, was sie zu etwas Besonderem machte. Aber es gab noch so viel zu entdecken. Er zwang sich innerlich zur Ruhe. Die Zeit würde kommen.
Erstaunlicherweise hatte es ihm Spaß gemacht, auch über sich selbst zu sprechen. Sie hatte sich interessiert gezeigt, aber sich nicht blenden lassen. Sie hatte nicht nach der privaten Eisbahn gefragt oder dem Luxus im Familiensitz der Taylors … dem Pool, den Tennisplätzen, dem privaten Kinosaal. Sie schien nichts davon wissen zu wollen. Als Folge hatte er mehr von sich selbst mitgeteilt, als sogar seine engsten Teamkameraden von ihm wussten. Das hatte einiges zu bedeuten.
Schließlich erreichte er sein Hotel. Nach einer langen, heißen Dusche zwang er sich, den Smoking anzuziehen. Er hatte keine Lust auf die High Society, aber die Party heute Abend war eine Pflichtveranstaltung für ihn. Besser, als in diesem Hotelzimmer zu sitzen und sich an die Nacht mit Imogen zu erinnern, war es allemal.
Langsam und beharrlich würde er sie für sich gewinnen. Kleine Fortschritte waren heute bereits gemacht. Nun aber musste er sich auf anderes konzentrieren und sich in der Öffentlichkeit zeigen. Er durfte seine gesellschaftlichen Verpflichtungen nicht vernachlässigen.
Den Montagmorgen verbrachte Ryan in seinem Hotelzimmer bei einer Videokonferenz mit seinen Geschwistern. Sein Bruder wollte die Expansion in Europa vorantreiben. Das hieß, dass auf Ryan viel Arbeit zukam. Er sollte die Pläne vorbereiten, und über Weihnachten wollten sie die Details besprechen. Ihm würde kaum Zeit für die angenehmen Dinge des Lebens bleiben.
Doch als er später das Kaufhaus betrat, waren seine Gedanken schon wieder bei Imogen. Er war entschlossen, sie für sich zu gewinnen, und überlegte bereits die nächsten Schritte zum Ziel. Vor allem aber freute er sich auf ihren Anblick.
Er ging geradewegs hinauf in den Verwaltungstrakt. Doch Imogen war nicht an ihrem Schreibtisch. Er schaute auf die Uhr … Mittagspause. Vergnügt machte er kehrt und ging hinunter in die Verkaufsräume.
„Jingle Bells“ erfüllte die Räume zum tausendsten Mal mit fröhlichem Klingeln. Als er an der Reihe war, legte er einen Regenschirm vor ihr auf den Packtisch. Sie blickte auf, und ihr Lächeln erstarb. Ihre Miene wurde böse. Der Blick aus ihren grünen Augen schien ihn durchbohren zu wollen.
„Imogen …“
„Für wen ist das denn?“, fragte sie bissig. „Deine Großtante Agatha?“
Oje, sie hatte heute gar keine gute Laune. „Der Schirm ist für mich selbst“, gab er zurück. „Jemand verhagelt mir ständig den Tag.“
Sie ging nicht auf seine Anspielung ein. „Du hast dich gestern Abend nicht sehr vom Wetter stören lassen. So wie diese Frau an dir geklebt hat, hätte dir selbst ein Unwetter nichts anhaben können.“
„Imogen …“
„Und da dies für dich ist“, fuhr sie ungerührt fort und schob den Schirm zu ihm zurück, „brauchst du ihn auch nicht als Geschenk verpackt.“
Er ignorierte den Schirm und packte sie stattdessen fest am Arm. „In mein Büro“,
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