Julia Extra Band 372
Casino. Ich hatte ihn nie dorthin begleitet und verstand deshalb nicht, warum er so aufgebracht war, als er mich eines Abends abholte.“
„War er high?“
„In einem anderen Universum.“ Sie nickte. „Er hat den Wagen in den Graben gefahren.“
„Warst du verletzt?“
„Eine Beule am Kopf. Nichts Ernstes.“ Imogen schnaubte verächtlich. „Und dann trat seine Familie in Aktion. Sie besorgten ihm einen brillanten Anwalt, der den Skandal vertuschte. Zu allem Überfluss stellten sich bei einer Überprüfung Unregelmäßigkeiten in seiner Buchführung heraus. Außerdem hatte er mein Bankkonto geknackt und mich um meine armseligen Ersparnisse gebracht.“
Er hatte sie gehörig aufs Kreuz gelegt, buchstäblich. „Die Familie kam für seine Schulden auf und hat sogar mich ausgezahlt. Aber mit mir wollten sie nichts mehr zu tun haben. Ich verlor meinen Job und wurde davongejagt.“
„Du hast für ihn gearbeitet?“
„Oh, hatte ich das nicht erwähnt?“ Sie sah ihn wütend an. „Er war mein Chef.“
Ryan schwieg und wartete geduldig, bis sie es nicht mehr aushielt und den Rest ihrer traurigen Geschichte herausbrachte.
„Ich habe nie gespielt, nie etwas mit Drogen zu tun gehabt, und doch hat man mich für sein Fehlverhalten verantwortlich gemacht. Schließlich war ich das billige Flittchen aus dem Arbeiterviertel. Der noble Knabe mit der teuren Erziehung trug natürlich überhaupt keine Schuld.“
Trotz all seiner Fehler war sie nicht gut genug für den Spross der Bailey-Jones gewesen. Auch er hatte sie plötzlich fallen lassen. „Er hat mich belogen und bestohlen, und dann sagte er mir auf einmal, dass er sich nie wirklich etwas aus mir gemacht habe. Er hatte sich mit mir vergnügt, aber nun war er meiner überdrüssig. Ich bedeutete ihm nicht mehr als ein williges Betthäschen und einen bequemen Zugang zu ein bisschen Geld zum Spielen.“
„Es tut mir leid, das zu hören.“ Ryan stand breitbeinig an den Schreibtisch gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt. „Aber ich verstehe nicht, was das mit mir zu tun hat?“
„Na, hör mal.“ Sie sah ihn wütend an. „Verglichen mit deiner Familie, kommt mir George vor, als sei er im Armenhaus aufgewachsen.“
„Wie bitte?“
Imogen zuckte unter dem eisigen Klang seiner Stimme zusammen.
„Willst du damit sagen, weil ich mehr Geld, eine angeblich höhere gesellschaftliche Stellung und größere Privilegien habe, muss ich dich noch schlechter behandeln als er?“
Imogen senkte den Kopf. Sie konnte den Zorn in seinen Blicken nicht ertragen.
„Wie kannst du nur so schlecht von mir denken? Mir so wenig vertrauen?“ Der Schritt, den er auf sie zumachte, hatte etwas Bedrohliches. „Was, glaubst du, habe ich in den vergangenen zehn Jahren getan? Ja, ich hatte aufgrund meiner Herkunft mehr Möglichkeiten als andere. Aber dafür muss ich mich nicht entschuldigen. Das müsste ich, wenn ich sie nicht genutzt und das Beste daraus gemacht hätte.“
Er hielt kurz inne und fuhr dann fort: „Ich habe meine Diplome mit Arbeit verdient, genauso wie meinen Platz im Eishockeyteam. Wenn man sich dort nicht auf dem Eis beweist, ist man schnell wieder draußen, glaub mir. Und diesen Job hier in Edinburgh habe ich mir erarbeitet, er ist mir nicht durch Geburtsrecht zugefallen. Ich kenne mich in meinem Fach aus und leiste gute Arbeit. Ich muss mir von dir nicht kleinkarierte Unterstellungen gefallen lassen.“
Imogen zögerte. Sie hatte doch recht, oder? Sie überlegte, was er bisher für Mackenzie Forrest erreicht hatte. Nicht einmal sie konnte leugnen, dass er zu wissen schien, was er tat. Also gut, vielleicht war er in geschäftlichen Dingen seriöser als George. Aber wie konnte sie wissen, wie es um seine persönliche Vertrauenswürdigkeit stand?
Ryan ließ nicht locker. „Warum bist du mit mir ins Bett gegangen? Sollte ich es dir nur mal eine Nacht besorgen?“
Imogen errötete verlegen. „Ich wollte mich deinen Spielregeln anpassen.“ Nur ein One-Night-Stand. Keine Verpflichtungen. Pures Vergnügen. Doch dann hatte sie sich schlimmer benommen als ein Straußenvogel. Nicht nur den Kopf in den Sand gesteckt, sondern ihren ganzen Körper unter Eis vergraben. Sie hatte nicht wahrhaben wollen, dass es mehr war als körperliche Anziehung, die mit einer wilden Nacht befriedigt werden konnte. Er hatte sie so viel mehr fühlen, nach so viel mehr dürsten lassen. Aber dann hatte die Panik eingesetzt.
„Damit beweist du nur, wie wenig du von mir weißt. Ich
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