Julia Extra Band 372
drin. Ich muss bloß das Tor aufmachen.“
Kaum war sie draußen, setzte Bella sich auf den Fahrersitz, und als Jill zurückkam, ließ sie sich auf Jacks Knie nieder.
„Uff“, meinte er. „Sie duftet nicht gerade besonders gut.“
„Runter, Bella“, kommandierte Jill. Doch die Hündin rührte sich nicht von der Stelle. Sobald der Wagen beschleunigte, stellte sie sich hin und streckte den Kopf aus dem Fenster. Braune Haarbüschel wehten im Fahrtwind, und ihr Hinterteil war an Jacks Brust gedrückt.
„Wir könnten sie nach hinten auf die Ladefläche setzen“, sagte Jill.
„Ich werd’s schon überleben“, erwiderte Jack mit etwas schwacher Stimme. „Zumindest lenkt es von den Kopfschmerzen ab.“
Ein Punkt für den geheimnisvollen Fremden, dachte Jill. Nicht viele Leute wären bereit gewesen, einen übel riechenden Hund auf ihrem Knie stehen zu lassen.
„Sie haben mir immer noch nicht gesagt, wo ich hier überhaupt bin“, erklärte er.
„In Ballochburn“, antwortete Jill. „Im Herzen des Obstlandes. Wir sind berühmt für Pfirsiche, Aprikosen und Kirschen. Außerhalb des Tals gibt es Schaffarmen, und wir haben sehr schöne Flüsse. Eine beliebte Feriengegend.“ Sie bremste ruckartig. „Und Kaninchen. Davon haben wir Millionen.“
Sie beschleunigte wieder, während Jack, so gut er konnte, über Bellas Rücken durch die Windschutzscheibe schaute. Jill fiel es normalerweise nie schwer, sich zu unterhalten. Aber bei diesem Unbekannten fühlte sie sich merkwürdig befangen.
Mittlerweile fuhren sie durch üppige Obstplantagen, überall herrliche, saftig grüne Bäume.
„Nett“, bemerkte Jack.
„Ja, nicht wahr? In den letzten Jahren bin ich viel zu selten zu Hause gewesen. Ich hatte ganz vergessen, wie schön es ist.“
„Sie sind hier aufgewachsen?“
„Ja.“ Sie lächelte. „Geboren und aufgewachsen. Mein Dad ist seit fünfunddreißig Jahren der ortsansässige Arzt.“
„Dann treten Sie also in seine Fußstapfen. Sind Sie jetzt für die nächsten fünfunddreißig Jahre an der Reihe?“
Jill verzog das Gesicht. „Machen Sie Witze? Das wäre ein Albtraum für mich. Ich bin inzwischen ein Stadtmensch geworden. Bisher habe ich in Auckland studiert und gearbeitet, und nach Neujahr fange ich auf einer tollen neuen Stelle in Melbourne an. Notfallmedizin“, fügte sie stolz hinzu.
Jack ließ einen leicht geringschätzigen Laut hören. „Sie mögen also Dramatik. Blut und Eingeweide.“
„Ich liebe es.“ Jill war enttäuscht, dass er sich keineswegs beeindruckt zeigte. „Je blutiger, desto besser.“ Nein, das klang so, als bräuchte sie das Unglück anderer, um sich wohlzufühlen.
„Ursprünglich wollte ich Allgemeinmedizinerin werden“, fuhr sie sachlicher fort. „Ich dachte, das würde sich besser damit vereinbaren lassen, eine Familie zu gründen. Aber als ich dann einen Teil der Ausbildung in der Notaufnahme absolvierte, hat es mich gepackt.“ Was vielleicht auch damit zusammenhing, dass zu dem Zeitpunkt ihre Träume einer Zukunft mit Familie zerplatzt waren. „Die Vielfalt bei dieser Arbeit ist einfach unglaublich. Und manchmal kann man tatsächlich Leben retten.“
„Oder auch nicht.“ Jacks Tonfall wirkte seltsam ausdruckslos. „Wie kommen Sie damit zurecht?“
„So gut es eben geht“, antwortete Jill. „Man versucht, sich auf die guten Seiten zu konzentrieren.“
Erneut trat Schweigen ein, doch sie war zufrieden. Jacks Sprachvermögen war gut. Daher hatte er vermutlich keine Gehirnerschütterung erlitten. Und ihm schien auch nicht übel zu sein.
„Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich da oben für einen Moment Halt mache?“, fragte sie. „Ich möchte kurz nach jemandem schauen.“
Achselzuckend gab Jack zurück: „Ich kann wohl kaum etwas dagegen haben.“
„Wie fühlen Sie sich?“
„Gut.“
„Die Kopfschmerzen?“
„Sind nicht schlimmer geworden.“
Jill verlangsamte die Fahrt, als eine üppig blühende hohe Rosenhecke in Sichtweite kam. Und tatsächlich, auf dem gepflasterten Hof vor ein paar alten Ställen parkte das Auto ihrer Mutter. Jill wusste, dass sie sich sehr viel wohler fühlen würde, wenn sie sich davon überzeugen konnte, dass in ihrer Familie alles in Ordnung war.
„Es dauert nicht lang“, versprach sie.
Im Schatten der Hecke hielt sie an, gleich neben einem schmiedeeisernen Tor, das unter einem Rosenbogen zu einem schmalen Durchgang führte. Tante Faiths Haus war ein altes Siedlergebäude, das im Laufe der vergangenen
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