Julia Extra Band 372
nicht?“
„Ja, alles!“ Hope Metcalf brach in Tränen aus.
„Das war nicht sehr taktvoll, Jillian“, bemerkte Faith.
Jill legte den Arm um ihre Mutter. „Entschuldige. Ich verstehe bloß nicht, was los ist.“
„Es tut mir leid.“ Ihre Mutter weinte. „Ich wollte nicht, dass das passiert, obwohl du gerade erst nach Hause gekommen bist. Aber ich kann nicht mehr. Ich kann einfach nicht mehr!“
„Was denn?“
„Mit deinem Vater zusammenleben.“
Jill war fassungslos. Ihre Eltern hatten Eheprobleme? Undenkbar. Die beiden gehörten doch zusammen, waren eine Einheit.
„Es ist nur ein Sturm im Wasserglas“, erklärte ihre Tante beruhigend.
„Was denn?“ Auch wenn sie ein schlechtes Gewissen hatte, ihren Patienten noch länger warten zu lassen, musste Jill unbedingt wissen, was hier vor sich ging.
„Er hat mich angeschrien“, sagte Hope niedergeschlagen. „Bloß weil ich seinen Autoschlüssel nicht gefunden habe.“
Jill verbarg ein Lächeln. Ihr Vater hatte noch nie irgendwas gefunden. Weder Schlüssel noch Socken oder sonstige Dinge des praktischen Lebens.
„Und außerdem hätte er mir schon vor Jahren sagen sollen, dass er was gegen die Kinder hat. Er meinte immer, wenn es mich glücklich macht, würde es ihn auch glücklich machen.“
„Natürlich“, beschwichtigte Faith. „Er hat es nicht so gemeint, Hope. James ist immer stolz darauf gewesen, wie sehr du all diesen Kindern geholfen hast.“
„Nein.“ Hope schnaubte sich die Nase. „Er behauptet, er hätte nie Platz in seinem eigenen Haus gehabt. Es wäre ständig voll von Straßenkindern, Streunern und Störenfrieden. Er hat gesagt, wenigstens einmal will er an Weihnachten in seinem Haus alleine sein. Das kann er haben!“
„Oh.“ Jill atmete tief durch. Sie hätte nie geahnt, dass es so schlimm war. „Wir müssen darüber reden, Mum, aber ich kann jetzt nicht bleiben. Ich habe im Jeep einen Mann mit einer Kopfwunde, die genäht werden muss. Wann kommst du nach Hause?“
„Gar nicht.“
Faith tätschelte ihren Arm. „Geh, Liebes, und versorg deinen Patienten. Ich kümmere mich um deine Mutter.“
„Aber …“
Energisch wurde sie zum Gartenpfad geschoben, und beide Frauen begleiteten sie bis ans Tor.
Da klingelte ihr Handy. Etwas hilflos blickte Jill auf das Display. Wusste ihr Vater überhaupt, wie sehr er seine Frau gekränkt hatte?
„Hallo, Dad“, meldete sie sich vorsichtig.
„Wo zum Teufel steckst du?“
„Ich bin auf dem Rückweg. Ich habe nur kurz bei Tante Faith angehalten, um mich zu vergewissern, dass es ihr gut geht.“
„Weißt du, wo deine Mutter ist?“
„Ja, hier. Willst du mit ihr sprechen?“
Böse schaute ihre Mutter sie an und schüttelte entschieden den Kopf.
„Nein“, gab ihr Vater wütend zurück. „Sag ihr bloß, sie soll zusehen, dass sie nach Hause kommt. Diese verdammte Frau aus Invercargill ist mit vier Kindern aufgetaucht, die sie hierlassen will. Vier!“ Damit legte er auf.
Hopes schockierte Miene zeigte, dass sie seinen Ausbruch gehört hatte.
„Das muss Margaret sein“, sagte sie bestürzt. „Aber ich habe ihr heute Morgen noch gesagt, dass ich es mir überlegen werde. Und ich würde sie zurückrufen, wenn ich mit Jim geredet habe. Das war ja der Auslöser für diesen Krach, und dann habe ich es vollkommen vergessen, weil ich mich so darüber aufgeregt habe.“
„Es ist nicht gerade der ideale Zeitpunkt, um eine ganze Familie zur Pflege aufzunehmen, stimmt’s?“, meinte Jill besorgt. „Ich spreche mit Margaret, sobald ich dort bin.“
Als sie das Gartentor erreicht hatten, fragte Faith stirnrunzelnd: „Wer ist das?“
Jill hob die Brauen. „Mein Patient.“
„Was macht er da?“
„Fotos, nehme ich an.“
„Ja, das sehe ich auch. Ich bin zwar alt, aber nicht senil. Ich wüsste nur gerne, wieso er mein Haus fotografiert, ohne mich vorher um Erlaubnis zu bitten.“
„Er hat eine Kopfverletzung“, verteidigte Jill ihn. „Wahrscheinlich hat er es einfach vergessen.“ Sie stellte sie einander vor. „Das hier ist meine Mutter, Hope Metcalf, und meine Großtante Faith. Und dies ist Jack …“ Sie machte eine Pause, da sie seinen Nachnamen nicht kannte.
„Jack wer?“, fragte Faith sofort.
„Sinclair“, antwortete er bereitwillig. „Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, Ma’am.“
Gute Manieren, dachte Jill anerkennend. Allerdings könnte ein Lächeln ab und zu auch nicht schaden. Sie bemerkte einen kleinen Blutfleck an Jacks Kopfbandage. Es
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