Julia Extra Band 373
auf dem Schoß, machte sich bereit, dem Mädchen die wehenden Flaggen und die begeisterten Menschen zu zeigen, doch …
Die Straßen waren menschenleer.
Sie sah zu Emir, dessen Gesicht wie eine versteinerte Maske wirkte. Er sagte kein Wort.
Als der Hubschrauber landete, stieg er aus und überließ es Amy, mit den Zwillingen fertig zu werden. Patel begrüßte ihn, und was immer der persönliche Berater zu sagen hatte, konnte nichts Gutes sein, denn Emirs Miene verhärtete sich noch mehr.
Amy hatte nicht die geringste Ahnung, was passiert sein mochte. Sie brachte die Zwillinge in das Kinderzimmer und wartete darauf, dass man ihr Bescheid sagen würde, wann die große Feier stattfand. Doch mit jeder Stunde, die verging, verblasste auch die Hoffnung, dass es überhaupt eine Feier geben würde. So blieb Amy überlassen, die Mädchen zu unterhalten an diesem Tag, der eigentlich ihr Festtag hätte sein sollen.
Das Herz saß ihr schwer wie ein Stein in der Brust, sie musste Tränen zurückhalten, als sie in der kleinen Küche Törtchen für die Mädchen buk. Beim Abendessen sang sie „Happy Birthday“ für sie und übergab ihnen die Geschenke, die sie besorgt hatte. Voller Begeisterung rissen die beiden das Geschenkpapier ab und lachten Amy fröhlich an, und sie lächelte glücklich zurück. Doch ihre Züge erstarrten, als Emir in der Tür erschien.
Mit einem Blick hatte er Plüschtiere und Bilderbücher und DVDs erfasst, dann sah er, wie Amy mit vor Wut bleichem Gesicht auf ihn zukam.
„Sie haben also alles, ja? Das war eine wirklich tolle Geburtstagsparty!“, schleuderte sie ihm herausfordernd entgegen.
„Mein Bruder ist in Dubai zu beschäftigt mit seinen Pferden.“ Er beugte sich über seine Mädchen und küsste sie aufs Haar, redete in seiner Sprache mit ihnen und rief dann nach den Dienern. „Ich habe ihr Geschenk dabei.“
Die Diener brachten ein riesengroßes Paket herein, und Amy sah zu, wie die Mädchen aufgeregt das Papier abrissen. Zum Vorschein kam ein großes Puppenhaus, nur dass es die Nachbildung des Palastes war.
„Ich habe über das, was du sagtest, nachgedacht … wie es dir geholfen hat. Ich wollte so etwas auch für sie.“
„Wie hast du das so schnell besorgen können?“ Es schien zwar eine Ewigkeit her, doch es waren nur zwei Tage vergangen, seit sie davon gesprochen hatte.
„Manchmal hat es seine Vorteile, König zu sein, obwohl mir im Moment …“, fast hätte er gelächelt, fast hätte er sie angesehen, doch nur fast, „… keine einfallen.“
Er hatte bei den Mädchen gehockt und richtete sich auf, doch noch immer sah er Amy nicht an. Dann räusperte er sich und kündigte an, was sich von nun an ändern würde.
„Von jetzt an wird Fatima bei der Sorge für die Zwillinge mitwirken“, sagte er, und die Dienerin trat vor.
Nicht helfen , sondern mitwirken , wie Amy auffiel.
„Fatima spricht nur wenig Englisch, und mit den Zwillingen wird sie nur in unserer Sprache reden. Es ist notwendig, dass die Mädchen unsere Gebräuche lernen.“
Amy verstand nicht, was passiert war. So wunderbar die letzte Nacht auch gewesen war, sie würde liebend gern darauf verzichten, würde sie komplett auslöschen, wenn sie die Dinge so massiv für die Mädchen verschlechtern sollte.
„Emir …“ Sie sah, wie Fatima streng die Stirn über diese Vertraulichkeit runzelte. „Hoheit …“
Doch er erlaubte ihr weder zu sprechen noch Fragen zu stellen, verließ das Kinderzimmer und drehte sich auch nicht um, als die Zwillinge zu weinen begannen.
„Lassen Sie sie“, sagte Fatima sofort.
„Sie sind aufgeregt und überdreht“, widersprach Amy. „Es war ein langer Tag für sie.“
„Es war ein langer Tag für ihr Land“, erwiderte Fatima. „Dieser Tag wird nicht nur wegen der Zwillinge in Erinnerung bleiben. Königin Natasha hat heute vor Sonnenaufgang einen Sohn geboren.“
Es war ein bizarrer Moment, denn Amy dachte sofort an das Stöhnen und die Schreie der Frau, die sie in der Nacht zu hören geglaubt hatte. Sie hatte gemeint, Hannah zu hören, doch auch Königin Natasha hatte geschrien. Und auch jetzt hatte sie das Gefühl, dass der Wind sie noch immer narrte, dass die Wüste immer einen Schritt voraus war. Stumm sah sie zu, wie Fatima die Mädchen aufnahm, sie in ihre Bettchen legte und sich dann zum Gehen wandte, ungerührt von dem herzzerreißenden Weinen.
Deshalb also hatte es keine Feier gegeben, keine Menschen in den Straßen. Es war der stille Protest des Volkes, um den
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