Julia Extra Band 374
diesen Tag, Meg. Es war ein verdammt langes Jahr für uns beide. Endlich können wir cachaça trinken und tanzen. Später reden wir, aber zuerst …“
Er neigte den Kopf, um sie zu küssen. Rasch drehte sie das Gesicht weg, völlig verwirrt. Weil Niklas nicht tanzte. Es war eins der wenigen Dinge, die sie über ihn wusste – wenn es nicht eine weitere Lüge gewesen war. Plötzlich hatte sie einen echten Grund, Angst zu haben.
Meg wandte sich zum Gehen, aber er zog sie zurück und schob sie gegen eine Hausmauer. Dann öffnete er sein Jackett, und sie sah, dass er eine Pistole hatte.
„Wenn du wegläufst, wird es das Letzte sein, was du in deinem Leben tust.“
„Niklas …“ Sie versuchte, ihm zu zeigen, dass sie nicht in Panik war, versuchte, vernünftig mit dem Mann zu reden, den sie nicht kannte. „Wozu brauchst du mich? Wenn du geflohen bist …“
Leute drehten sich zu ihnen beiden um, obwohl sie nicht schrie. Vielleicht wurde sein Fahndungsfoto schon in den Fernsehnachrichten gezeigt. Vielleicht neigte er deshalb das Gesicht dicht an ihres.
„Warum brauchst du mich an deiner Seite?“
„Weil du meine letzte Chance bist.“ Und er küsste Meg.
Sie hörte ein Auto neben ihnen anhalten und wusste, dass dies ihre letzte Chance war, zu entkommen. Instinktiv wusste sie, dass er sie in das Auto stoßen würde, wenn die Türen aufgingen. Dass er den Anruf angenommen hatte, um das hier zu arrangieren. In ihrer schrecklichen Angst tat Meg das Einzige, was ihr einfiel, um zu überleben. Sie biss ihm so fest in die Lippe, wie sie konnte. Im selben Moment, in dem er fluchend zurückfuhr und nach seiner Pistole griff, rannte Meg los, rannte nur noch schneller, als sie Schüsse hörte.
Jemand packte sie und riss sie zu Boden. Meg schlug mit der Wange auf dem Straßenpflaster auf, scheuerte sich die Haut an den Beinen ab, als sie sich aufrappelte, um wieder zu rennen. Sie hörte weitere Schüsse und blickte über die Schultern. Mit kreischenden Bremsen hielten Streifenwagen an. Wer auch immer sie geschützt hatte, war verschwunden. Dann sah sie den Toten auf dem Boden liegen und nahm nichts anderes mehr wahr.
„Niklas!“, schrie sie und lief zu ihm zurück. Sie hasste den Mann, aber es war eine Qual, ihn mit Kugeln durchsiebt dort liegen zu sehen.
Sie konnte nicht aufhören zu schreien. Nicht einmal, als sie in die Arme genommen und ihr Gesicht an raue Häftlingskleidung aus Denim gedrückt wurde, als sie ihn wieder roch – nicht sein Eau de Cologne, sondern Niklas’ Duft, der bis jetzt gefehlt hatte.
Immer wieder hörte Meg ihn sagen, sie sei in Sicherheit, er sei bei ihr, alles werde in Ordnung kommen. Aber sie glaubte trotzdem nicht, dass er es war. Bis er ihr Gesicht anhob und sie sah, dass sein schöner Mund keine Bisswunde zeigte. Da wusste sie, dass sie Niklas vor sich hatte. Dass sie in Sicherheit war.
Nur ihr Herz war wieder in Gefahr.
11. KAPITEL
Viel zu schnell wurde Meg von Niklas getrennt und zu einem Polizeirevier gefahren. Vor dem Eingang drängelten sich die Reporter und schrien Fragen, als sie hineingeführt wurde. Während sie auf einen Dolmetscher wartete, tauchte Rosa auf und Meg machte ihre Aussage so gut sie konnte.
Die Beamten sprachen dauernd von Zwillingen. Obwohl Meg das schon begriffen hatte, als Niklas sie nach den Schüssen in den Armen gehalten hatte, war sie so durcheinander, dass sie selbst mit einem Dolmetscher kaum die Fragen verstand, geschweige denn, sie beantworten konnte.
Immer wieder sah sie im Geiste Niklas, oder vielmehr den Mann, den sie für Niklas gehalten hatte, tot daliegen. Der Schmerz, das Entsetzen, das Wissen , dass der Mann tot war, in den sie sich so heftig verliebt hatte, hatten sich ihr tief eingeprägt. Dieser Moment ließ sich nicht einfach aus dem Gedächtnis löschen.
Schließlich erklärte Rosa den Kriminalbeamten, dass sie mit Meg morgen zurückkommen würde, und dass sie fürs Erste Ruhe brauche. Zum Glück akzeptierten sie das.
„Morgen um zehn Uhr“, sagte Rosa zu Meg.
Sie traten hinaus in die Eingangshalle, und Meg sah ihn dort stehen, noch immer in Häftlingskleidung. Niklas schloss sie in die Arme, und sie wusste, dass sie vorsichtig sein musste, denn in seiner Nähe konnte sie ihm kaum widerstehen. Sie war nur fähig gewesen, die Beziehung zu ihm zu beenden, als sie gar nicht den wahren Niklas vor sich gehabt hatte.
„Ich bin noch immer wütend auf dich.“
„Ja, das dachte ich mir.“ Niklas küsste sie auf die verletzte
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