Julia Extra Band 375
war sie klatschnass, bevor sie im Eingangsbereich eines Geschäfts, wo ihr die Klimaanlage eisige Luft ins Gesicht pustete, Schutz vor dem Wolkenbruch fand.
Vor Kälte bibbernd ging sie weiter in den Laden hinein und spähte hinter einem Regal mit Designerkleidung durch den Regenvorhang nach draußen. Immer noch mühten sich einige Leute verzweifelt mit ihren Regenschirmen ab, während andere unter einer überdachten Bushaltestelle vor dem täglichen Spektakel des Tropensturms Zuflucht gesucht hatten. Auf Justina schien niemand zu achten. Absolut niemand.
Justina schluckte. Ihr Mund fühlte sich plötzlich wie ausgedörrt an. War sie paranoid, oder warum sonst bildete sie sich ein, dass sie verfolgt wurde? Dass gleich wieder irgendein auf der Lauer liegender Fotograf aus seiner Deckung hervorspringen könnte, um von ihr ein Foto zu schießen … Von ihr mit Babybauch.
Sie hatte es so satt, ständig in diesem Belagerungszustand zu leben. Obwohl der aktuelle Hype um ihre Schwangerschaft natürlich nicht von ungefähr kam, nachdem kurz vor Roxys Hochzeit die Sweetest Hits der Lollipops neu herausgekommen und sofort in die Top Ten der internationalen Albumcharts aufgestiegen waren. Justina war eben immer noch irgendwie berühmt, und jetzt war das Interesse an ihr neu entflammt, mitsamt den Spekulationen, wer wohl der Vater ihres Kindes sein mochte. Von daher konnte Justina nur hoffen, dass niemand sie bei Roxys Hochzeit mit Dante D’Arezzo gesehen hatte. Weil das genau die Art von Schlagzeile war, nach der sich die Klatschpresse die Finger lecken würde.
„Darf ich Ihnen einen Stuhl bringen, Ma’am?“
Als Justina sich umdrehte, sah sie sich einer Verkäuferin gegenüber, die sie besorgt musterte. Vielleicht befürchtete die Frau ja, dass diese erschöpft wirkende Engländerin hier in ihrem eleganten Laden eine Sturzgeburt erleiden könnte.
„Nein, danke. Mir geht es gut. Ich nehme ein Taxi und fahre in mein Hotel. Der Regen scheint ja langsam etwas nachzulassen.“
„Sind Sie sicher, Ma’am?“
„Ja, danke.“ Justina bewerkstelligte sogar ein Lächeln. „Absolut.“
Doch während der Fahrt ins Raffles, in dem sie immer abstieg, wenn sie in der Stadt war, gelang es ihr nicht, ihre wild durcheinanderwirbelnden Gedanken zu bändigen. Sie war schrecklich nervös, weil der Geburtstermin unaufhaltsam näher rückte und … Weil sie von Dante schwanger war und Angst hatte, dass er es irgendwie herausfinden könnte.
Wie hatte sie bloß so leichtsinnig sein und ihn an Roxys Hochzeit mit auf ihr Hotelzimmer nehmen können? Was war da in sie gefahren? Sie war ein weiteres Mal auf ihn hereingefallen, und deshalb war sie jetzt in dieser Situation. Aber sie war von Anfang an entschlossen gewesen, ihm nicht zu sagen, dass er Vater werden würde. Weil es ihn sowieso nicht interessierte.
Und weil er nicht gut für sie war.
Justina war bewusst, dass sie ganz auf sich allein gestellt war. Nicht einmal auf die Unterstützung ihrer Mutter konnte sie zählen, deren Reaktion sehr vorhersehbar, aber darum nicht weniger deprimierend ausgefallen war.
„Ich fühle mich noch viel zu jung, um Großmutter zu werden!“, hatte Elaine Perry erklärt, ohne zu bemerken, dass ihre Tochter ganz bleich geworden war.
Justina hatte die Frau, zu der sie so ein zwiespältiges Verhältnis hatte, fassungslos angestarrt. „Aber Mum …“
„Du sollst mich nicht immer ‚Mum‘ nennen! Wenn du glaubst, dass ich ab jetzt meine Zeit damit verbringe, Babyschuhe zu häkeln oder Babysitter zu spielen, dann muss ich dich leider enttäuschen, mein Kind.“ Um ihren Mund war ein neckisches Lächeln gehuscht, bevor sie weitergesprochen hatte. „Ich habe nämlich auch noch ein eigenes Leben, weißt du.“
Justina, der plötzlich aus allen möglichen Gründen schlecht geworden war, hatte keine Miene verzogen. Elaine Perry hatte schon immer zuerst an sich gedacht … und natürlich an ihre wechselnden reichen Geliebten, deren Geld sie mit vollen Händen ausgab. Was konnte man da schon erwarten?
Justina hatte sich immer noch nicht ganz erholt, als sie vor ihrem Hotel aus dem Taxi stieg, die Hotelhalle durchquerte und sich an der Rezeption ihren Zimmerschlüssel geben ließ. Das kultige Raffles strahlte etwas ungemein Beruhigendes aus. Der verblasste Charme der Brokatsessel inmitten großer Topfpalmen erinnerte an elegantere Zeiten, und immer wenn Justina hier abstieg, tauchte sie in die magische Atmosphäre ein. Nur heute schien aus irgendeinem
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