Julia Extra Band 375
geworden, als Andrew die Heizung erwähnt hatte. Schon den ganzen Herbst über war irgendetwas damit nicht in Ordnung gewesen. Aus Angst vor einer hohen Rechnung hatte sie es jedoch immer wieder verschoben, einen Handwerker zu bestellen, und sie hoffte, die Sache noch etwas weiter hinauszögern zu können. Denn dank der Abfuhr von heute Morgen konnte sie sich keine größeren Ausgaben leisten, wenn sie Andrews Schulgeld für die Trenton Academy bezahlen wollte. Und – sie warf einen Blick in Richtung der beiden Teenager, die in einiger Entfernung standen und kicherten – sie wollte um jeden Preis, dass Andrew diese Chance bekam.
Außerdem schmerzte ihr Kopf von den Begegnungen mit Charles Bishop. Und morgen würde es weitergehen. Sie würde mit ihm bis nach Concord fahren müssen. Zwei Stunden hin und zwei zurück, gefangen in einem Auto mit seiner warmen, raumgreifenden, nach Zitrus duftenden, gefühlskalten Gegenwart.
Und für all das werde ich auch noch unterbezahlt!
Am anderen Ende der Stadt stand Charles an seinem Wohnzimmerfenster und beobachtete, wie die Schneeflocken in der Dunkelheit umherwirbelten. Ein Reh. Was für ein Pech! So was kann einem auch nur in New England passieren.
Er nahm einen Schluck von seinem Martini, und langsam wurde ihm klar, was für ein Glück er gehabt hatte, dass er unverletzt geblieben war.
Die Müdigkeit und Verspannung, die er nach einem so langen Tag erwartet hätte, stellte sich nicht ein. Genau genommen fühlte er sich ausgesprochen … Er suchte vergeblich nach dem passenden Wort. Am treffendsten erschien ihm, weniger angespannt. Ja, ich bin weniger angespannt.
Und mir ist kalt, dachte er mit finsterer Miene. In den meterhohen Räumen des Penthouses hielt sich die Wärme nur schlecht. Er löste sich von der Aussicht – es war ohnehin nicht viel zu sehen – und stieg hinunter zur Couchgarnitur vor dem Kamin. Das Feuer strahlte nur wenig Hitze ab.
In Elizabeths Auto ist es angenehm warm gewesen, dachte er und starrte in die Flammen. Eigentlich zu warm. Ihr schlanker Körper hat ziemlich viel Hitze ausgestrahlt. Bei der Erinnerung, wie ihr beim Bremsen immer der Aufschlag des Wollmantels zur Seite gerutscht war und er einen Blick auf ihr Bein hatte erhaschen können, lächelte er zufrieden. Er wusste zwar schon immer, dass sie lange Beine hatte, doch bis zu diesem Nachmittag war ihm nicht aufgefallen, wie wohlgeformt sie waren.
Er war ein wenig enttäuscht, dass Elizabeth während der Fahrt nicht etwas mehr von ihrem Temperament gezeigt hatte. Erst gegen Ende war sie etwas entflammt. Doch da war ja noch die morgige Fahrt nach Concord.
Die Erinnerung an den Ausdruck äußerster Fassungslosigkeit in ihrem Gesicht belustigte ihn noch immer. Jede Spur von schlechter Laune war bei dem Gedanken an ihre großen braunen Augen sofort verflogen. Es ist zugegebenermaßen ziemlich plump, sie nach Concord fahren zu lassen, obwohl ich mich ohne Weiteres an eine Autovermietung wenden könnte. Doch er konnte nicht anders. Vor allem, weil sie der Gedanke so aus dem Konzept gebracht hatte, und aus irgendeinem Grund fand er es unglaublich unterhaltsam, seine Sekretärin ein wenig zu provozieren.
In Gedanken versunken fuhr er sich mit der Hand über die Verletzung an seiner Wange, so wie Elizabeth es getan hatte. Für gewöhnlich hatte er kein Interesse an unmotivierten Plaudereien und zog es vor, seine Beziehungen strikt in zwei Kategorien einzuteilen: beruflich oder privat, aber absolut nie beides gleichzeitig. Doch Elizabeth faszinierte ihn. Sie schien verschiedene Seiten an sich zu haben, die er noch nicht bemerkt hatte.
Schließlich breitete sich doch noch ein Anflug von Wärme in seinem Körper aus. Er streckte die Beine aus und leerte genüsslich den letzten Schluck seines Martinis. Ja, dachte er mit einem Schmunzeln, morgen könnte durchaus ein sehr interessanter Tag werden. Ich kann es kaum erwarten.
3. KAPITEL
Ein Teil von Liz hoffte beim Aufwachen, dass Charles’ Bitte, ihn nach Concord zu fahren, ein Missverständnis gewesen war. Der andere Teil hoffte, dass der Sturm zurückgekommen und nun alles im Schnee versunken war. Keine der beiden Hoffnungen erfüllte sich. Als sie die Vorhänge öffnete, war der Himmel zwar verhangen, aber es stürmte nicht. Sie konnte nicht mehr schlafen, also zog sie sich an und ging hinunter in die Küche, wo Andrew überraschenderweise bereits dabei war, Tiefkühlwaffeln aufzubacken.
„Du bist um diese Zeit schon wach?“, fragte sie
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