Julia Extra Band 375
davonmarschierte.
Charles saß allein am Tisch und spielte gedankenversunken mit seinem leeren Becher. Andrew war inzwischen zum Nachbartisch gegangen und sprach mit Victoria und einer ihrer Freundinnen. Als er Liz sah, richtete Charles sich sofort auf.
„Alles in Ordnung?“
„Abgesehen davon, dass die Gerüchteküche der Firma über Nacht ordentlich gebrodelt hat. Leanne wollte alle Einzelheiten über unser Date wissen.“
„Was haben Sie ihr gesagt?“
„Die Wahrheit.“ Laut ausgesprochen klang es bitter. „Ich bin allerdings nicht sicher, ob sie mir glauben.“
„Warum nicht?“
„Weil ich auch gesagt habe, dass Sie gar nicht so schlimm sind, wie alle denken.“
„Das haben Sie gesagt?“ Er lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und warf ihr ein strahlendes Lächeln zu. Liz spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg.
„Aber bilden Sie sich nicht zu viel darauf ein“, sagte sie. „Denn das haben sie mir auch nicht geglaubt.“
„Das hat noch nie jemand geglaubt. Ich denke sogar, Sie sind die Erste.“
Sein Lächeln verschwand und der Ausdruck auf seinem Gesicht wurde ernst. Die Aufrichtigkeit in seiner Stimme berührte sie. Sie fragte sich, ob es sein Schmerz oder ihr eigener war, den sie spürte. Das Pancake-Frühstück ging langsam zu Ende. Sie waren die letzten. Wie am Morgen spürte sie, dass der Raum um sie herum enger wurde. Und für einen kurzen verrückten Moment wünschte sie sich, dass die Gerüchte stimmten.
Charles brach den Bann als Erster. „Ich muss los“, sagte er, machte aber keine Anstalten zu gehen. „Ich habe eine Telefonkonferenz mit meinem Anwalt wegen eines Deals, an dem ich gerade arbeite. Soll ich Sie zu Ihrem Auto begleiten?“
„Vielen Dank, aber ich habe versprochen, beim Aufräumen zu helfen. Außerdem bin ich mit Andrew hier.“
„Dann sehe ich Sie also am Montag.“
„Im Büro“, fügte sie mehr zu sich selbst hinzu. Charles’ Bemerkung über den Deal, an dem er arbeitete, erinnerte sie daran, wer der Mann eigentlich war, mit dem sie hier saß. Ein Mann, der nichts mit Gilmore, Bishop Paper und allem, was sie kannte, zu tun hatte – sie selbst inbegriffen. Ein Mann, der an nichts glaubte, außer an Bilanzaufstellungen und Zahlen. Ein Mann, der beim nächsten großen Coup sofort alles hinter sich lassen würde. Ein Mann, den ich nicht zu nah an mich heranlassen darf.
Erst das Eishockeyspiel, dann das Pancake-Frühstück. Was kam als Nächstes? Seine Kandidatur für das Bürgermeisteramt? So weit kommt es noch, dachte Charles mit einem Kopfschütteln. Was als Nächstes kommt, ist der Abschluss des Xinhua-Deals. Damit werde ich diese Firma los und kann endlich mein Leben weiterleben.
Allein im Büro setzte er sich an seinen Schreibtisch und betrachtete die White Mountains. Ihm war nie aufgefallen, wie wunderschön sie eigentlich waren. Ihre schneebedeckten Hänge glänzten unter dem wolkenlosen Winterhimmel. Ein guter Tag zum Skifahren, dachte er.
Ob Elizabeth Ski fährt? Es wäre zu schade, wenn sie sich eins dieser langen Beine brechen würde.
Komm schon, Charles, reiß dich zusammen! Sein Mangel an Konzentration während der vergangenen sechzehn Stunden erstaunte ihn. Er dachte über alles Mögliche nach. Doch die einzigen immer wiederkehrenden Gedanken waren die an seine Sekretärin. Ihr Name oder ein Bild von ihr schien alle fünf Minuten in seinem Kopf aufzutauchen.
Zum Beispiel wie sie heute Morgen in ihrem Bademantel ausgesehen hatte. Es war alles verhüllt gewesen, und doch hatte die Öffnung am Ausschnitt verraten, dass sie nichts darunter getragen hatte. Bei der Erinnerung spürte er eine plötzliche Spannung in seinem Körper.
Einfach lächerlich. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass er eine attraktive Sekretärin hatte. Warum brachte ihn diese Frau so aus dem Konzept? Er sollte sich besser auf die bevorstehenden Verhandlungen konzentrieren und darauf, dass er die Firma so schnell wie möglich verkaufte. Es würde nicht mehr lange dauern und er konnte ein für alle Mal mit seinem Vater, seiner Kindheit und allen anderen schlechten Erinnerungen abschließen.
Sein Telefon vibrierte lautstark auf der Holzplatte des Schreibtischs. Charles ließ es zweimal klingeln, bevor er das Gespräch annahm. „ Ni hao ma , Mr Huang. Ich habe Ihren Anruf bereits erwartet.“
„Ich sage ja nur, dass es dir nicht wehtun würde, dem Mann ein wenig Respekt entgegenzubringen. Schließlich ist er mein Boss“, sagte
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