Julia Extra Band 375
allen Ernstes beschuldigte, ihn ohne sein Wissen als eine Art Samenspender benutzt zu haben.
„Ich bin nicht bereit, diese groteske Debatte noch länger fortzusetzen“, sagte sie. „Also verschon mich mit deinen idiotischen Verschwörungstheorien. Außerdem bin ich müde und muss packen. In ein paar Stunden geht mein Flug.“
Er beobachtete, wie sie sich erschöpft die Stirn massierte. „Du fliegst nach Hause?“
„Richtig, Dante. Und zwar schon morgen, weil ich in meinem Zustand nicht mehr lange fliegen darf.“
„Warum zum Teufel fliegst du in deinem Zustand überhaupt noch? Warum bleibst du nicht zu Hause und legst die Beine hoch, so wie das jede normale Frau in deiner Situation machen würde?“
„Weil ich mir meinen Lebensunterhalt verdienen muss.“
„Natürlich. Da hätte ich auch selbst draufkommen können.“
„Ich weiß, dass solche Worte aus dem Mund einer Frau in deinen Ohren schmutzig klingen, aber so ist es nun einmal. Und jetzt wäre ich dir dankbar, wenn du die Güte hättest, mich allein zu lassen.“
„Habe ich aber nicht.“ Zum ersten Mal sah er die dunklen Ringe unter ihren Augen. „Ich nehme an, du hast einen Linienflug?“
„Ich hatte jedenfalls nicht vor, per Anhalter zu fliegen, falls du das meinst.“
Er schnaubte gereizt. „Das gefällt mir nicht. Ich schlage vor, du fliegst bei mir mit.“
Sie stutzte. „Du hast ein eigenes Flugzeug?“
„Überrascht?“, gab er schroff zurück. „Ich sagte doch, dass es bei mir gut läuft, und wie gut hat dich nicht interessiert. Aber so bist du eben. Das Einzige, was dich interessiert, bist du selbst, oder etwa nicht, Justina?“
Justinas Trotz erwachte. Er versuchte schon wieder, ihr Leben zu kontrollieren. Ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken. Vor ein paar Stunden noch hatte sie sich ziemlich einsam gefühlt, aber jetzt wurde ihr klar, dass es Schlimmeres gab, als sich mit den Folgen einer ungeplanten Schwangerschaft herumschlagen zu müssen. Wie zum Beispiel, sich mit Dante zu streiten, der mit größter Selbstverständlichkeit davon ausging, dass die ganze Welt nach seiner Pfeife tanzte.
„Lass mich in Frieden“, erklärte sie entschieden. „Ich habe mein Ticket bereits, und ich gedenke, es auch zu benutzen. Und um deiner Frage zuvorzukommen: Ich fliege First Class und werde es sehr bequem haben. Ich bin weder auf dein Flugzeug noch auf dein Geld angewiesen. Solche Dinge interessieren mich nicht und haben mich nie interessiert, Dante. Meine Unabhängigkeit war mir immer wichtiger.“
Eine Weile herrschte Schweigen, während sie versuchten, sich mit Blicken niederzuringen. Typisch, dachte er bitter, sie hat es mir schon immer genüsslich unter die Nase gerieben, dass sie mich nicht braucht.
„Es geht nicht um mein Geld“, gab er ruhig zurück. „Du sollst einfach nur Vernunft annehmen. Weil es jetzt nämlich nicht mehr allein um dich geht oder darum, was dich glücklich macht … obwohl ich gar nicht weiß, wie du dein Verhalten ändern willst. Du scheinst zu vergessen, dass du ein Kind erwartest, und ich trage für dieses ungeborene Leben ebenfalls eine Verantwortung.“
Sie spürte, wie sich ihr Herz schmerzhaft zusammenzog. „Aber du hast kein …“
„Such es dir aus“, unterbrach er sie schroff. „Entweder wir machen es diskret, was bedeutet, dass du jetzt auf der Stelle packst und mit mir zurück nach England fliegst. Das ist für dich mit keinerlei Anstrengung verbunden und für das Baby auch nicht. Oder ich kann dich auch schreiend und strampelnd durchs Foyer tragen, falls dir das lieber ist.“
Justina presste die Lippen zusammen, um zu verhindern, dass sie vor lauter Frustration in Tränen ausbrach. Er glaubte immer noch, er könnte einfach hier hereinspazieren und die Führung übernehmen. Wie selbstherrlich war das eigentlich? Er hatte sie in eine Ecke gedrängt, so viel war klar, obwohl sie, wenn sie ganz ehrlich sein wollte, zugeben musste, dass er vielleicht nicht ganz im Unrecht war.
Und dass seine Worte sie wenigstens ein kleines bisschen getröstet hatten. Wo sie doch so lange Zeit von überhaupt niemandem getröstet worden war. Ihr Bauch wurde dicker und dicker, aber sie reiste immer noch um die Welt und arbeitete fast ununterbrochen, nur damit sie bloß nie das Gefühl zu haben brauchte, von irgendwem abhängig zu sein. Aber in letzter Zeit hatte es sich schon manchmal ziemlich einsam angefühlt, und hin und wieder wachte sie sogar mitten in der Nacht auf und fürchtete sich vor der
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