Julia Extra Band 375
Dante, unwirsch die Lippen zusammenzupressen. „Was wohl? Ich gehe mit meinem Sohn spazieren, ist das verboten?“
Alle ihre Befürchtungen hatten sich schlagartig in Luft aufgelöst. „Ich dachte …“, begann sie kleinlaut.
„Na, was dachtest du denn, Justina?“, fragte er, immer noch nicht besänftigt. „Dass ich unseren Sohn entführt habe?“
Im Nachhinein wirkte ihre Reaktion ziemlich übertrieben, wie ihr jetzt langsam dämmerte. „Du warst auf einmal nicht mehr da, als ich wach wurde.“
„Ich wollte dir noch ein bisschen Ruhe gönnen.“
„Aber ich …“ Sie suchte nach einer Erklärung, um ihm diesen harten Ausdruck aus dem Gesicht wischen zu können. „Es ist einfach eine große Umstellung für mich, weil ich schon so daran gewöhnt bin, Nico immer um mich zu haben. Es war das erste Mal, dass er …“ Sie atmete tief durch. „Dass er nicht da war, als ich aufwachte.“
Dante nickte bedächtig. Ja, er verstand, warum sie sich so verhalten hatte, aber da war noch mehr. „Misstraust du mir immer noch?“, fragte er ruhig.
Justina schaute ihn an. Sie wusste, dass sie jetzt eigentlich widersprechen sollte, einfach, damit nicht alles noch komplizierter wurde, als es ohnehin war. Aber es war sinnlos, die Wahrheit zu leugnen, nur weil sie schmerzte. Dante hatte ihr eine aufrichtige Frage gestellt, die eine ebenso aufrichtige Antwort verdiente.
„Offen gestanden, ja.“
Er erstarrte. Mit dieser Antwort hatte er nicht gerechnet … oder vielleicht hatte er auch einfach nur auf eine andere gehofft. „Dann hat mein Verhalten bei der Geburt und in den Wochen danach gar nichts bei dir bewirkt?“
Ihr Blick war ruhig. „Ich wusste gar nicht, dass du es nur gemacht hast, um Pluspunkte zu sammeln.“
„Das habe ich auch nicht“, verteidigte er sich gekränkt, während er auf ihr langes schwarzes Haar schaute, das im Wind wehte. Und plötzlich drängte es ihn, ihr etwas zu sagen, was er bisher für sich behalten hatte. „Weißt du nicht, dass ich keine andere Frau auch nur angesehen habe, seit wir uns auf Roxys Hochzeit wiedergetroffen haben?“
„Woher sollte ich das wissen?“, fragte sie leise. „Ich kann nicht hellsehen.“
„Es ist aber so. In den folgenden Monaten musste ich ständig an dich denken. Ich war machtlos dagegen. Die fixe Idee, Kontakt mit dir aufzunehmen, wurde fast übermächtig.“
Sie schwieg, weil sich das alles eher nach einer Art Obsession anhörte als nach Liebe. Aber war sie selbst nicht genauso besessen von ihm?
„Doch als ich dann von deiner Schwangerschaft erfuhr, wurde ich wütend“, fuhr er fort. „Weil du es nicht mal für der Mühe wert gehalten hast, mir davon zu erzählen. Weil du so selbstherrlich beschlossen hast, den Vater deines Kindes einfach außen vor zu lassen.“
„Und dir war völlig unbegreiflich, warum?“
„Stimmt. Worum ging es dir? Um Kontrolle? Oder um Macht?“
Justina fand, dass er noch nie wilder ausgesehen hatte.
„Und das sagst du wirklich, ohne rot zu werden“, bemerkte sie. „Obwohl du damals geglaubt hast, noch extra betonen zu müssen, dass dieser Abend für dich nicht mehr war als ein einmaliger Ausrutscher? Für mich übrigens genauso. Warum sollte ich dir die Folgen aufbürden, wo du mich schon vor Jahren satthattest? Nein … bitte.“ Sie hob die Hände, als sie sah, dass er sie unterbrechen wollte. „Lass mich ausreden. Ich war mir sehr sicher, dass ein Kind das Letzte ist, was du mit mir willst, deshalb habe ich es dir nicht erzählt. Obwohl ich jetzt einsehe, dass das falsch war, aber ich wollte mir eben meine Unabhängigkeit erhalten.“
„Was dir ja auch hervorragend gelungen ist.“
Sie überhörte den harten Unterton, der in seiner Stimme mitschwang, und sagte bedauernd: „Es tut mir leid. Ich hätte dich auf jeden Fall mit einbeziehen müssen, statt einfach stillschweigend vorauszusetzen, dass du mit deinem Kind nichts zu tun haben willst.“
„Oder war es vielleicht genau andersherum, Justina? Kann es nicht sein, dass du nicht wolltest, dass ich Kontakt zu unserem Kind habe?“
Beim Blick in seine Augen wurde ihr klar, dass Lügen keine Option war. „Du hast recht. Weil ich dich auf keinen Fall wieder in meinem Leben wollte. Dich und all die Komplikationen, die damit verbunden sind, Dante.“
Dante hörte kühle Entschlossenheit in ihrer Stimme mitschwingen. Ihre Worte verletzten ihn weit mehr als erwartet, gleichzeitig hatte ihre Ehrlichkeit jedoch auch etwas Befreiendes. Wenigstens wusste
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