Julia Extra Band 375
konnten und einen herrlichen Blick aufs Meer hatten. Resigniert ließ Mikhail sich auf einem der Stühle nieder, der unter dem Gewicht des Zweimetermannes bedenklich knarrte.
„Was ist an diesem Café nun so besonders?“, fragte Mikhail ungehalten.
„Nichts. Genau deshalb sind wir hier“, erklärte Kat geduldig. Sie wusste, dass er sich aufregen würde, wenn sie ihr Anliegen vorbrachte, und hoffte, er würde sich in der Öffentlichkeit zusammenreißen.
„Aha.“ Wenn es ihr hier gefiel, dann ließ er sich eben darauf ein. Kat war wirklich ganz anders als die Frauen, mit denen er sonst zu tun gehabt hatte. Von denen wäre keine auf die Idee gekommen, dieses schlichte Café aufzusuchen. Großzügig sah er sogar darüber hinweg, dass Kat sich wieder diese viel zu süße Schokolade hatte servieren lassen. Warum achtet sie nicht besser auf ihre Gesundheit? überlegte er ungehalten. Außerdem war sie viel zu bescheiden. Jede andere Frau hätte ihn in eine Designerboutique gezerrt und darauf bestanden, dass er ihr eine neue Garderobe zum Abschied schenkte.
Der Tag des Abschieds von Kat war nun tatsächlich gekommen. Sie wird mir fehlen, musste Mikhail widerstrebend zugeben. Nicht nur im Bett, sondern auch als Gesprächspartnerin, die ihm ständig Kontra gab und die sein Reichtum überhaupt nicht zu beeindrucken schien. Ihm gefiel auch, wie freundlich und ungezwungen sie sich gegenüber seinen Gästen und Mitarbeitern verhalten hatte. Nur ihre Sucht nach Realityshows störte ihn. Was faszinierte sie an dem Lifestyle, der in diesen Shows porträtiert wurde, den sie jedoch für sich selbst ablehnte? Nichtsdestotrotz würde er Kat vermissen. Das war neu. Bisher hatte er sich früher oder später mit jeder Frau gelangweilt und sie nach kurzer Zeit durch eine Nachfolgerin ersetzt. So wird es auch dieses Mal sein, dachte Mikhail zuversichtlich.
Für mich wird sie bestimmt auch schnell Ersatz finden, vermutete er frustriert. Lorne würde keine Zeit verlieren, sie zu finden, sobald er erfuhr, dass sie wieder solo war. Lorne Arnold hatte Kat ja kaum aus den Augen gelassen. Mikhail biss die Zähne zusammen, als er sich die beiden im Bett vorstellte: Kat, die ihre wunderschönen, endlos langen Beine für Lorne spreizte und diese kehligen kleinen Schreie ausstieß, wenn sie den Höhepunkt erreichte …
Bei der Vorstellung von Kat mit einem anderen Mann drehte sich Mikhail der Magen um. Wieso nur? Schließlich war er weder besitzergreifend noch sensibel. Wenn eine Beziehung vorbei war, fand er sich damit ab. Er war anders als sein Vater, der ja völlig besessen gewesen war von seiner Frau. Nach ihrem Tod hatte er seinen Kummer in Alkohol ertränkt. Sehr lange hatte er das nicht überlebt. Das konnte Mikhail nicht passieren, denn er ließ überbordende Gefühle für einen anderen Menschen gar nicht erst zu.
„Worüber denkst du nach?“, fragte Kat, der seine grimmig entschlossene Miene nicht verborgen geblieben war. „Du wirkst verärgert.“
„Warum sollte ich ärgerlich sein?“ Es irritierte ihn, dass sie ihn offensichtlich beobachtet hatte und seine Gedanken lesen konnte. Irgendwie war es ihr gelungen, ihm unter die Haut zu gehen und seine Selbstbeherrschung zu untergraben. Deshalb hatte er auch das Kondom vergessen. Das war ihm noch nie passiert! Diese schockierende Unachtsamkeit hatte ihn völlig aus dem Gleichgewicht gebracht. Er brauchte dringend Abstand von Kat, um sich selbst wieder unter Kontrolle zu kriegen. Er musste sie nach Hause schicken!
„Keine Ahnung, aber einen besonders glücklichen Eindruck machst du nicht gerade“, antwortete Kat vorsichtig. Wahrscheinlich würde sie ihn nie durchschauen, doch immerhin hatte sie bemerkt, dass er auch eine dunkle Seite hatte, die er jedoch sorgsam verbarg. Launisch war er nicht. Nur manchmal etwas aufbrausend.
„Mir geht’s gut“, behauptete Mikhail und rief sich ins Gedächtnis, was ihn an Kat störte. Sie stellte merkwürdige Fragen und ließ sich auch nicht beirren, wenn er ihr deutlich machte, wie wenig er davon hielt. Sie kuschelte sich im Bett an ihn. Was ja eigentlich ganz liebenswert war, wie er widerwillig zugeben musste. Zwar war er nicht der Typ, der sich viel aus Körperkontakt machte, aber an Kats natürlicher Zuneigung für ihn hatte er nichts auszusetzen. Was gab es noch? Sie wollte immer viel heißer duschen als er und sie aß gerne diesen widerlich süßen Zuckerkram. Doch das waren eher belanglose Kleinigkeiten. Irritiert schüttelte Mikhail
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