Julia Extra Band 375
ins Bett ging, statt mit ihr selbst, die doch viel jünger und perfekter war.
„Der Küchenchef hat sich heute Abend besondere Mühe gegeben“, verriet Lara. „Inzwischen weiß jeder an Bord, dass Sie uns morgen verlassen.“
Tatsächlich wartete eine festlich für zwei Personen gedeckte Tafel auf dem Balkon auf sie. Kerzen brannten, der Tisch war mit Perlen und Rosenblüten verziert. Kat sah auf, als sie Mikhails Stimme hörte. Er sprach auf Russisch in sein Handy, beendete das Gespräch jedoch, als er Kat entdeckte und eingehend musterte. Nach Tränen sucht er vergeblich, dachte Kat, rang sich ein Lächeln ab und setzte sich an den Tisch.
„Du siehst heute Abend umwerfend aus. Der Smaragd bringt deine wunderschönen grünen Augen erst recht zum Leuchten, milaya moya .“
Ein Kompliment von Mikhail? Den Tag musste sie rot im Kalender anstreichen!
Als Aperitif wurden Bellini-Cocktails gereicht, bevor das Menü serviert wurde. Die Vorspeise war herzförmig, wie Kat peinlich berührt feststellte, und jeder Gang enthielt aphrodisierende Zutaten. Auch an Schokolade wurde nicht gespart. Wie ein Festmahl zum Valentinstag, dachte Kat. Leider fühlte es sich für sie eher wie ihre Henkersmahlzeit an. Mikhail, der die herzhafte russische Küche und große Portionen bevorzugte, konnte sich mit Blick auf die kleinen, künstlerisch gestalteten Portionen einen trockenen Kommentar nicht verkneifen. „Das ist alles dir zu Ehren“, bemerkte er, als Kat sich einen Schokoladentrüffel schmecken ließ. „Mein Küchenchef liegt dir offensichtlich zu Füßen.“
„Unsinn. François freut sich einfach, dass ich seine Mühe zu schätzen weiß.“ Im Gegensatz zu Mikhail, der das Personal nur ansprach, wenn es etwas zu bemängeln gab, hatte Kat für gute Leistungen immer ein Lob übrig.
Wie schade, dass sie das wundervolle Essen dieses Mal nicht gebührend würdigen konnte. Aber die Vorstellung, Mikhail nie wieder zu sehen, hatte ihr den Appetit geraubt. Natürlich ließ sie sich nichts anmerken, gerade weil Mikhail wie gewohnt scheinbar unbeschwert mit ihr plauderte. Jedenfalls deutete absolut nichts darauf hin, dass dieses Essen auch für ihn Ähnlichkeit mit einer Henkersmahlzeit hatte.
Empfindet er denn gar nichts für mich? dachte Kat verzweifelt und wäre fast in Tränen ausgebrochen. Doch sie wahrte Haltung und behauptete schließlich: „Ich bin ziemlich müde.“ Dabei wusste sie nur zu genau, dass sie diese Nacht kein Auge zumachen würde.
„Dann geh ruhig schon mal ins Bett. Ich komme später nach“, sagte Mikhail rau.
Kat, die sich schon halb erhoben hatte, setzte sich wieder. Erwartete er etwa, wie gewohnt mit ihr das Bett zu teilen? War er wirklich so unsensibel? Merkte er denn nicht, wie ihr zumute war? Entschlossen sah sie ihm in die Augen. „Ich hoffe, es macht dir nichts aus, aber ich möchte heute Nacht lieber allein schlafen.“
Frustriert runzelte er die Stirn. Er hatte sich doch schon ausgemalt, wie sie nur mit dem Smaragdanhänger geschmückt unter ihm lag.
„Es würde sich falsch anfühlen, die Nacht mit dir zu verbringen“, erklärte sie hastig. „Schließlich sind wir jetzt getrennt, und ich kann nicht so tun, als wären wir noch zusammen.“
Mikhail war erstaunt über diese Einschätzung der Situation. Und was sollte das überhaupt heißen: Sie konnte nicht so tun, als wären sie noch zusammen? In meinen Armen muss keine Frau etwas vorspielen, dachte er beleidigt und presste die Lippen zusammen. Die letzte Nacht mit ihr hatte er sich anders vorgestellt, zumal er Kat doch wirklich die ganze Zeit mit Samthandschuhen angefasst und sie respektvoll behandelt hatte. Andererseits hatte er auch keine Lust auf dramatische Szenen. Nicht dass Kat aussah, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Im Gegenteil! Sie schenkte ihm ein seltsames kleines Lächeln und verschwand.
Seine Gefühle sind nur oberflächlich, dachte Kat, als sie sich in ihrer Suite ins Bett legte. Instinktiv hatte sie es die ganze Zeit gespürt. Sie hatte aber auch von Anfang an gewusst, dass sie nur vier Wochen mit Mikhail verbringen würde. Trotzdem tat es unendlich weh, ihn zu verlassen und vermutlich niemals wiederzusehen. Schlaflos vor Kummer warf sie sich im Bett hin und her. Um zwei Uhr nachts gab sie auf und knipste die Nachttischlampe an, um zu lesen, da an Schlaf absolut nicht zu denken war.
Erschrocken zuckte sie zusammen, als sie ein leises Klopfen an der Verbindungstür hörte, die sie sorgfältig verschlossen
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