Julia Extra Band 376
Vielleicht nicht unbedingt in einer idealen Familie, aber zumindest das hatten sie. Ich glaube, ich bin der Einzige, der sozusagen mit dem Müll entsorgt worden ist.“ Obwohl seine Worte bitter klangen, war sein Tonfall eher nachdenklich.
„Na ja“, sagte Kayla. „Prinz Cassius, den wir ja alle Joe nennen, hatte auch keine leichte Kindheit.“
„Der Surfer-Prinz?“ Max lachte. Joe kannte er bereits.
„Ja, genau. Wer immer auch dafür verantwortlich war, ihn aufzunehmen, ist in der Nacht damals nicht aufgetaucht. Deshalb hat die Küchenhilfe ihn bei ihrer Flucht mitgenommen und unter ihrem Umhang versteckt. Da sie nicht wusste, was sie mit ihm machen sollte, hat sie ihn in ihre Heimat nach England mitgenommen, wo sie allerdings bald gestorben ist. Ihre Familie hat ihn zwar aufgezogen, wusste aber nicht, wer er wirklich war.“
„Wie ist er in Kalifornien gelandet?“
„Die Leute sind ausgewandert“, antwortete sie. „Danach haben die Eltern sich scheiden lassen, und die Familie fiel auseinander. Soviel ich mitbekommen habe, war es wohl sowieso keine besonders herzliche Familie. Darum ist er ziemlich früh abgehauen und zum Militär gegangen.“
„Na gut. Mag sein, dass Joe und ich ein paar Gemeinsamkeiten haben. Vielleicht kann ich mich heute Abend mal mit ihm unterhalten“, meinte Max. „Pizza und Bier. Offenbar will Pellea wirklich, dass ich mich heimisch fühle. Das sind praktisch meine Grundnahrungsmittel.“
„Sie tut, was sie kann.“ Kayla sah ihn an. „Ich glaube, dir ist gar nicht klar, wie gut dir das tun wird.“
Unvermittelt flammte der Ärger wieder in ihm auf. „Sag mir nicht, wie toll das alles für mich ist, und wie wunderbar sich mein Leben dadurch verändern wird. Ich will mein Leben nicht verändern. Ich mag es so, wie es ist. Ich möchte kein Prinz sein.“
Ungehalten zog sie die Augenbrauen zusammen. „Du willst bloß deshalb kein Prinz sein, weil du keine Lust hast, dich an Regeln zu halten. Deiner Meinung nach sollte dir niemand sagen dürfen, was du zu tun und zu lassen hast, stimmt’s?“
„Na und? Was ist verkehrt daran?“
„Werd endlich erwachsen, Max!“ Ihre Augen blitzten. „Hör auf, das Leben als Spiel zu betrachten und fang an, es ernst zu nehmen.“
Vielleicht will ich das überhaupt nicht. Die Worte lagen ihm auf der Zunge, doch er sprach sie nicht aus. Kayla hatte ja recht. Es wurde allmählich Zeit für ihn, erwachsen zu werden. Er nahm ihre Hand und drückte die Lippen in die Innenfläche.
„Was habe ich nur all diese Zeit ohne dich getan?“, fragte er rau. „Eddie hat mal gesagt, wenn dir irgendetwas zustoßen würde, dass er dann nicht ohne dich weiterleben wollte. Ich kann verstehen, warum.“
Kayla war betroffen. „Und jetzt fragst du dich, wie ich es geschafft habe, ohne ihn so normal weiterzumachen?“
„Nein.“ Max wirkte schockiert. „Das habe ich nicht gemeint. Ich wollte dich nur daran erinnern, wie sehr Eddie dich geliebt hat.“
Abweisend verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Das ist nicht nötig. Ich erinnere mich sehr gut daran. Immerzu.“ Gekränkt erklärte sie: „Ich bin nur unter großen Schmerzen dahin gekommen, wo ich jetzt bin.“
Forschend schaute er sie an. „Das weiß ich, Kayla.“ Er senkte den Blick. „Ich habe den Schmerz auch gefühlt. Nach Eddies Tod bin ich eine Zeit lang ziemlich ausgeflippt.“
„Das war doch bei uns allen so.“
„Nein. Ich habe richtig dumme Sachen gemacht, bin verrückte Risiken eingegangen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, ich könnte nicht mehr normal leben. Wenn ein feiner Kerl wie Eddie einfach so getötet wurde, welches Recht hatte ich, glücklich zu sein? Ich habe leichtsinnige Fehler begangen. Einmal habe ich etwas wirklich Blödes getan, sodass mein Flugzeug abstürzte. Ich konnte noch rechtzeitig abspringen, aber es hat eine Weile gedauert, bis man mich gefunden hat. Da bin ich endlich aufgewacht.“
„Ich habe den Bericht damals in den Nachrichten gesehen. Ich dachte, du wärst auch tot.“
Er nickte. „Dass ein so guter Mensch wie Eddie so leicht sterben konnte und ein Nichtsnutz wie ich immer Glück hatte, erschien mir total falsch. Damit kam ich überhaupt nicht klar.“
„Eddie ist tot, Max. Ich glaube, du hast das immer noch nicht richtig akzeptiert.“
„Du etwa?“
„Ja. Und es hat mich viel Kraft gekostet. Ein Teil von mir wird ihn immer lieben, und ich vermisse ihn schrecklich. Aber mein Leben muss ohne ihn weitergehen. Schließlich habe
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