Julia Extra Band 376
ich sicher, dass Sie sich das noch überlegen werden“, erwiderte er ungerührt. „Es sei denn, Sie wollen zusehen, wie sie hier alles verlieren.“
Luisa brauchte einen Moment, um die Drohung hinter seinen ruhigen Worten zu begreifen. Erpressung? Sie wollte etwas entgegnen, brachte aber kein Wort über die Lippen. Die Unterlagen flatterten aus ihren zittrigen Händen zu Boden.
„Das kann nicht Ihr Ernst sein!“, flüsterte sie schließlich.
Leider verriet Rauls unbewegte Miene, dass es ihm bitterernst war. „Sie können nicht mit Zwangsvollstreckung drohen! Damit würden ein Dutzend Familien ihren Lebensunterhalt verlieren.“ Und der Traum ihres Vaters würde zerstört. Alles, wofür sie fast ihr ganzes Leben gearbeitet hatte. Nachdem sie damals nach Hause zurückgekehrt war, um ihre Mutter zu pflegen, hatte Luisa nie die Zeit gefunden, ihre Schulausbildung zu beenden. Stattdessen war sie auf der Farm geblieben, um ihrem Vater zu helfen, der über den Verlust seiner Frau nie wirklich hinweggekommen war.
„Die Entscheidung liegt bei Ihnen. Sie können das alles für diese Menschen retten, wenn sie Ihnen wirklich so viel bedeuten, wie Sie behaupten.“
„Aber … warum?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich meine, Sie finden doch bestimmt eine andere Erbin, die ganz verrückt auf das Leben ist, das Sie ihr zu bieten haben. Ich … eigne mich nicht dazu, die Prinzessin zu spielen.“
Ein Aufblitzen in seinen Augen verriet, dass er ihr in diesem Punkt zustimmte. „Es kommt niemand anderes infrage. Sie sind die Prinzessin.“
„Sie können mir nicht vorschreiben, wie ich zu leben habe!“ Luisa versteckte ihre aufkeimende Angst hinter Empörung. „Und überhaupt, warum mischen Sie sich eigentlich persönlich in die Angelegenheit ein?“ Ihr Großvater hatte damals über Abgesandte Kontakt mit ihr aufgenommen. Raul hingegen bekleidete als Kronprinz einen wesentlich höheren Rang.
Ehe sie es verhindern konnte, nahm er ihre Hand und sah sie so intensiv an, dass ihr ein Schauer über den Rücken lief. „Ich habe ein ganz persönliches Interesse an Ihrer Zukunft“, sagte er bedeutsam und hielt ihre Hand fest, als sie sie zurückziehen wollte. „Tatsächlich sind Sie nicht nur die Erbin von Ardissia, sondern auch dazu bestimmt, die neue Fürstin von Monteregio zu werden.“ Er hielt sie mit seinem Blick in Bann. „Deshalb bin ich hier … um Sie als meine Braut heimzuholen.“
3. KAPITEL
Fassungslos blickte Luisa zu Raul auf. Als sie schwankte, griff er nach ihrer Schulter, um sie zu stützen. Doch sie wich so heftig zurück, als hätte sie sich verbrannt.
„Fassen Sie mich nicht an!“
Das Aufblitzen in seinen Augen war ein Hinweis, dass sich hinter dem beherrschten Äußeren ein heißblütiges Temperament verbarg.
„Erklären Sie mir, was das soll! Warum müssen Sie … heiraten?“ Um nichts in der Welt hätte sie die Worte mich heiraten über die Lippen gebracht.
„Um den Fürstenthron zu besteigen, muss ich verheiratet sein“, erklärte er geduldig, ja eine Spur herablassend. „Es ist ein sehr altes Gesetz, das ursprünglich natürlich den Fortbestand des fürstlichen Geschlechts sichern sollte.“
Unwillkürlich malte sie sich aus, was es genau bedeutete, „den Fortbestand des fürstlichen Geschlechts zu sichern“. Mit ihr. Dabei war es völlig egal, wie umwerfend attraktiv er war. Die Erfahrung hatte sie schmerzlich gelehrt, dass sich hinter einem gefälligen Äußeren ein schlechter Charakter verbergen konnte.
„Die Tradition verlangt, dass der Kronprinz sich eine Braut aus der Herrscherfamilie einer der Provinzen von Monteregio auswählt. Entsprechend wurde, als wir Teenager waren, ein Heiratsvertrag aufgesetzt, der bestimmte, dass ich Marissa, die Prinzessin von Ardissia, heiraten würde. Aber Marissa starb nicht lange danach bei einem Unfall.“
„Das tut mir leid“, warf Luisa leise ein.
Rauls Gesicht zeigte keine Regung. Offenbar hatte er nicht viel für die ihm bestimmte Braut empfunden, was bei einer arrangierten Ehe aus Staatsräson wohl nicht verwunderlich war.
„Ich hatte es nicht eilig zu heiraten“, fuhr Raul sachlich fort. „Als jedoch mein Vater vor Kurzem starb, wurde es Zeit, sich nach einer neuen Braut umzusehen.“
„Damit Sie Ihr Erbe antreten können.“ Mit Schaudern dachte Lisa an jene fremde Welt, in der eine Ehe keine Frage von Liebe, sondern ein Vertrag zwischen zwei Dynastien war.
„Ganz recht. Aber meine Pläne wurden durchkreuzt, als das
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