Julia Extra Band 376
nach Monteregio gehen.“ In dieser kalten, grausamen Hofgesellschaft würde sie nicht überleben. „Hier ist mein Zuhause. Hier sind meine Wurzeln.“
Raul schüttelte arrogant den Kopf. „Sie sind auch in Monteregio verwurzelt. Was haben Sie hier schon als harte Arbeit und Armut? In meinem Land erwartet Sie ein privilegiertes Leben inmitten der allerhöchsten Kreise.“
Er klang wie ihr snobistischer Großvater. „Meine Kreise hier sind mit lieber“, entgegnete sie erbost. „Hier sind die Menschen, die ich liebe.“
„Ein Mann?“, fragte er aufhorchend.
Sie wich unwillkürlich zurück, als er einen Schritt näher trat, weil sie seine bezwingende Ausstrahlung nervös machte. „Nein, meine Freunde … und der Bruder meines Vaters und seine Frau.“ Sam und Mary, viele Jahre älter als Luisas Eltern, waren für sie immer wie liebevolle Großeltern gewesen … in ihrer unbeschwerten Kindheit ebenso wie in späteren dunklen Tagen. Sie würde ihren Onkel und ihre Tante nicht zurücklassen, um irgendwo in der Fremde ein Luxusleben zu führen.
Doch ihr Gegenüber wirkte unbeeindruckt. Stolz, entschlossen, attraktiv – und sich dessen überaus bewusst –, verkörperte Raul von Monteregio all das, was sie zu verachten gelernt hatte. Deshalb nahm sie entschlossen einen neuen Anlauf, ihn loszuwerden. „Vielen Dank, dass Sie persönlich gekommen sind, um mir die Nachricht zu überbringen“, sagte sie betont höflich, wobei sie seine Unterlagen wieder zusammenfaltete. „Aber Sie müssen sich einen anderen Erben suchen. Ich begleite Sie jetzt zur Tür.“
Als der Hubschrauber wieder abhob, war Raul noch nachdenklicher.
Hocherfreut? Nein, Luisa Hardwicke hatte alles andere als begeistert reagiert. Umso besser, dass er sie zunächst nur von ihrer Erbschaft in Kenntnis gesetzt hatte und nicht von den pikanteren Aspekten ihrer neuen Rolle.
Noch nie war er einer so eigensinnigen Frau begegnet. Lieber Himmel, sie hatte ihn ja buchstäblich vor die Tür gesetzt!
Empört ballte er die Hände zu Fäusten. Er musste herausfinden, welches Motiv hinter ihrer heftigen Ablehnung stand. Und vor allem musste er herausfinden, womit er sie umstimmen konnte.
Das Bild von Luisa Hardwicke tauchte vor seinem geistigen Auge auf, wie sie mit blitzenden himmelblauen Augen zu ihm aufsah. Ihre schlichte Bluse und die verblichene Jeans hatten ihre reizvollen weiblichen Formen nicht verbergen können. Allein bei der Erinnerung daran durchzuckte es ihn wie elektrisiert.
Vielleicht würde sich die Sache für ihn ja doch auszahlen.
Luisa Hardwicke besaß eine natürliche Schönheit, die ihn weit mehr ansprach, als es gesund war. In den vergangenen acht Jahren hatte er sich ganz bewusst mit glamourösen Frauen von Welt umgeben, die genau wussten, was er von ihnen wollte. Wenn er mal eine Schwäche besessen hatte, dann für die freimütige Ehrlichkeit und erfrischende Offenheit, wie Luisa sie ausstrahlte. Er hatte an diese Art von Aufrichtigkeit geglaubt, bis die schmutzige Realität ihn von derlei Schwächen heilte. Dennoch hatte die Begegnung mit Luisa seine Erinnerung an jene Träume beschworen … Träume, die durch Verrat und Betrug längst zerschlagen waren.
Bei aller Empörung respektierte er ihren Stolz und ihre Courage.
Davon abgesehen begriff er jetzt, dass eine schwache, rückgratlose Person den bevorstehenden Aufgaben auch gar nicht gewachsen wäre. Und sie hätte ihm bestimmt nicht so gut gefallen, wie Luisa es überraschenderweise tat.
Raul konzentrierte sich wieder auf seine Aufgabe. Er brauchte dringend ein Druckmittel, um Luisa zur Vernunft zu bringen. Ein Rückzug kam nicht infrage, zu viel hing von ihrer Zusage ab. „Lukas, sagten Sie nicht, die Farmgenossenschaft wäre verschuldet?“
„Ja, Sir, in hohem Maße. Es wundert mich, dass sie noch existiert.“
Raul blickte hinunter auf den winzigen Fleck in der weiten Landschaft, der Luisas Zuhause war. Schade, dachte er mit einem Anflug von Bedauern. Gern hätte er jeden Zwang vermieden, aber sie ließ ihm keine andere Wahl. „Kaufen Sie die Schulden auf. Sofort. Die Sache muss heute noch abgeschlossen werden.“
Der Lärm der Hubschrauberrotoren ließ Luisa aufblicken.
Das war doch nicht möglich! Welchen Grund hatte Prinz Raul, schon wieder bei ihr aufzutauchen, nachdem sie ihr monteregianisches Erbe gestern unmissverständlich zurückgewiesen hatte?
Zu allem Überfluss pochte ihr Herz schneller, als ihr lieb war, als sie ihn im nächsten Moment aus dem
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