Julia Extra Band 376
arbeitest?“
„Das tut mir ja auch leid. Ich würde viel lieber bei dir bleiben.“
Sie hielt es für klüger, seinen glühenden Blick zu ignorieren. „Ich brauche eine sinnvolle Beschäftigung, Raul, sonst werde ich verrückt.“
„Und dein Unterricht reicht nicht aus?“
„Nein.“ Seit ihrer Ankunft in Monteregio wurde sie täglich in der Sprache, der Geschichte und der höfischen Etikette des Landes unterrichtet. Ihr Monteregianisch hatte sich auch schon sehr verbessert, aber ansonsten war ihr der trockene Unterricht eher ein Gräuel.
„Schon bald wirst du dich vor offiziellen Pflichten gar nicht mehr retten können. Als Gemahlin des Fürsten wirst du viele Termine wahrnehmen müssen.“
„Als Dekoration für Eröffnungen und Feste?“ Sie schüttelte den Kopf. „Das liegt mir nicht.“ Trotz ihrer äußerlichen Wandlung fühlte sie sich immer noch nicht wohl in den feinen Designerroben. Wobei natürlich das Wissen hinzukam, dass Raul sie persönlich genauso gekauft hatte wie ihre schicke neue Garderobe. „Nein, ich fange das Gartenprojekt heute Nachmittag an.“
Luisa atmete erleichtert auf, als er wortlos nickte. Es war ein gutes Gefühl, etwas Neues anzufangen. „Und ich habe auch vor, Ardissia zu besuchen“, fügte sie mutig hinzu. Höchste Zeit, das Gespenst ihres Großvaters zu beerdigen und sich mit ihrem Erbe zu versöhnen.
Doch Raul sah sie skeptisch an. „In meinem Terminkalender ist dafür im Moment kein Platz.“
„Muss ich denn auf dich warten? Bin ich nicht die Prinzessin von Ardissia?“ Auch wenn sie den Titel eigentlich ablehnte, war er Teil dieses unseligen Paktes, Teil ihres rechtmäßigen Erbes. Während ihrer Abwesenheit hatte die Provinz der Verwaltung der Krone unterstanden, aber nun war sie ja da. „Ich denke, es ist Zeit, dass ich meine Verantwortung annehme.“
Raul schien nicht sehr angetan davon. „Es ist naheliegend, dass wir das zusammen tun. Die Leute werden es erwarten.“
„Aber du bist unabkömmlich, wie du gerade gesagt hast.“ Luisa kämpfte um diese Verschnaufpause, etwas Abstand, um ihre neuen Lebensumstände zu sortieren.
„Bei solchen Besuchen sind vorher protokollarische Dinge zu klären. Eine Hoheit kommt nicht einfach mal vorbei.“
Warum war er so dagegen? Würde er sie vielleicht vermissen? Ein Gedanke, den sie sofort verwarf. „Es ist doch nicht gefährlich, oder?“
„Nein, Ardissia ist sicher.“
„Gut. Und ich bin überzeugt, man wird mich willkommen heißen. Ich werde meinen Besuch einige Tage vorher ankündigen lassen. Reicht das für die Vorbereitungen aus?“
Sie hielt seinem Blick herausfordernd stand. Es war ein gutes Gefühl, sich gegen den Mann zu behaupten, der mehr in ihr Leben und in ihre Gefühle eingegriffen hatte, als sie sich je hatte vorstellen können.
Zu ihrer Erleichterung nickte Raul, wenngleich widerstrebend. „Der Zeitpunkt ist alles andere als ideal, aber vermutlich hast du recht. Da du das Erbe angenommen hast, wäre dein Besuch in Ardissia sinnvoll. Ich kümmere mich darum.“
Trotz dieses kleinen Sieges war Luisa enttäuscht, als er sie dann allein ließ, in Gedanken ganz offensichtlich schon bei seinem bevorstehenden Termin. Hatte sie etwa erwartet, dass er sie zum Abschied küssen würde?
„Hier entlang, Eure Hoheit.“ Der Haushofmeister geleitete Luisa in das Arbeitszimmer ihres Großvaters. Ganz bewusst hatte sie sich auf ihrem Rundgang durch den Prinzenpalast von Ardissia diesen Raum bis zuletzt aufgehoben.
Im Geiste sah sie den alten Tyrannen hinter dem massiven, mit vergoldetem Schnitzwerk verzierten Schreibtisch sitzen. Selbst bei seinen schlimmsten Wutausbrüchen hatte er sich nie erhoben, nie seinen Rang als Prinz und ihren als Enkeltochter von zweifelhafter Herkunft vergessen. Die Erinnerung an seine boshaften Worte schmerzte noch immer … nicht nur, wie er ihr Unfähigkeit und Undankbarkeit vorgeworfen hatte, sondern vor allem auch seine Schmähreden über ihre Eltern.
„Vielen Dank.“ Sie lächelte dem steifen Haushofmeister ganz bewusst freundlich zu. „Das wäre alles.“
Nachdem er sich zurückgezogen hatte, betrachtete sie ausgiebig die Porträts ihrer Ahnen an den Wänden. Besondere Aufmerksamkeit schenkte sie dem Mann, der mit seiner Tochter und seiner Enkeltochter gebrochen hatte, als diese sich ihm widersetzten.
„Wer zuletzt lacht, lacht am besten, Granddad“, sagte sie laut. „Die Farmerstochter ist jetzt Prinzessin und wird bald Fürstin sein.“
Doch sie fand
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