Julia Extra Band 377
Freunde in Faith Cove.
Wieso musste ihr Leben so kompliziert sein? Warum konnte sie diesem Dante Cannavaro nicht einfach an den Kopf werfen, was sie von ihm hielt?
Leider war das ein Ding der Unmöglichkeit. Er war gefährlich clever. Sie bebte, wenn er sie nur berührte. Und er hatte gespürt, dass sie sich schon einmal begegnet waren. Irgendwann würde er sich erinnern, wo das gewesen war. Das Risiko konnte sie nicht eingehen. Sie musste dafür sorgen, dass sie sich niemals wiedersahen!
Wahrscheinlich stand ihr ein Umzug bevor. Darüber wollte sie in Ruhe nachdenken. Tony hatte gesagt, er hätte seinen Bruder zuletzt vor einem Jahr gesehen, etwas Zeit würde ihr also wohl hoffentlich bleiben, bevor sie eine Entscheidung treffen musste.
Binkie wurde unruhig, streckte sich und sprang von Beths Schoß. Seufzend stand sie auf und ging in die Küche. „Komm Binkie! Es gibt was zu fressen. Und dann gehe ich ins Bett.“
An Schlaf war natürlich nicht zu denken. Ihre Gedanken kreisten um Dante Cannavaro, den Mann, der ihren Körper erbeben ließ, der ein erotisches Prickeln bei ihr auslöste, den sie hasste, weil er sie vor Gericht als Femme fatale dargestellt hatte, die sich den armen unschuldigen Timothy Bewick gefügig gemacht hatte. Die Geschworenen hatten ihm geglaubt. Dabei war der Timothy der erste Junge gewesen, den sie überhaupt geküsst hatte! Mehr war nicht passiert!
Und nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis hatte sie sich geschworen, sich nie wieder mit einem Mann einzulassen.
Ihre Zellengenossin Helen hatte zwanzig Jahre bekommen, weil sie ihren gewalttätigen Exmann umgebracht hatte. Erst als der begonnen hatte, seine Wut auch an der gemeinsamen Tochter Vicky auszulassen, hatte Helen endlich den Mut aufgebraucht, sich scheiden zu lassen. Fünf Jahre später war Vicky tot. Nach Darstellung ihres Vaters war sie in seinem Ferienhaus in Spanien ausgerutscht und hatte einen Schädelbruch erlitten. Die spanische Polizei hatte die Version geglaubt, im Gegensatz zu Helen. Sie wusste, dass ihr Exmann dieses Mal zu weit gegangen war und hatte die Nerven verloren. Vor seinem Londoner Haus hatte sie ihn absichtlich mit ihrem Landrover überfahren.
Helen hatte Beth die Geschichte erzählt und sie aufgefordert, sich mal die Frauen genauer anzusehen, mit denen sie hinter Gittern saßen. Die meisten waren wegen eines Mannes im Gefängnis gelandet. Die Typen hatten sie zum Stehlen, Anschaffen, Drogenhandel und zu allen möglichen sonstigen Straftaten angestiftet. Die Frauen hatten sich darauf eingelassen, weil sie sich einbildeten, von den Männern geliebt zu werden. Helen selbst war so voller Trauer um ihre Tochter und Hass auf ihren Exmann gewesen, dass sie nicht mehr rational gehandelt hatte und sein Leben und gleichzeitig ihr eigenes zerstört hatte. Helen hatte Beth eindringlich gewarnt, niemals zuzulassen, dass ein Mann ihr Leben beherrschte.
An diese Worte musste sie jetzt wieder denken. Sie beschloss, sich von Dante Cannavaro so weit fernzuhalten wie nur möglich.
Faith Cove war die Lösung. Nur in ihrem Cottage an der Küste konnte sie ganz sie selbst sein.
Als Beth endlich einschlief, wurde sie wieder einmal von dem Albtraum der Gerichtsverhandlung geschüttelt. Der Mann in der schwarzen Robe peinigte sie, doch plötzlich änderte sich der Traum. Der Mann zog sie an sich, küsste sie sinnlich, streichelte sie, weckte heißes Verlangen in ihr. So heiß, dass sie mit einem Schrei aufwachte. Zwischen ihren Schenkeln pulsierte es, und ihr Herz raste.
Am nächsten Tag beriet sie sich mit Clive beim Lunch über ihren Plan, London den Rücken zu kehren und ganz ins Cottage zu ziehen. Erfreut stellte sie fest, dass ihr Anwalt und väterlicher Freund absolut nichts dagegen einzuwenden hatte.
Das Landhaus in Faith Cove hatte Helen ihr vermacht. Im Sommer wurde es regelmäßig an Familien vermietet. Nun beabsichtigte Beth, es zu renovieren und die Dreizimmerwohnung über der großen Garage auszubauen. Dort wollte sie einziehen, damit sie das Haus weiterhin vermieten und ein Auge darauf haben konnte. Wenn die Mieteinnahmen nicht zum Leben reichten, konnte sie sich immer noch als Steuerberaterin selbstständig machen. Vielleicht ließe sich ein Teilbereich der Garage auch als Laden für Surferbedarf nutzen. Damit konnte sie genug Geld für ihren Lebensunterhalt verdienen und sich von dem Mann fernhalten, der ihr Albträume bereitete.
Gereizt marschierte Dante Cannavaro am Montagmorgen in sein Büro, warf sich
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