Julia Extra Band 377
sie sich und das Kind auf den Felsen. Sie mussten hier auf Hilfe warten. Beth versuchte, das weinende Kind zu beruhigen, während sie nach Luft schnappte. Bald hatte sie der Kleinen zumindest den Namen entlockt, sie hieß Trixie.
Wie lange sie auf dem Felsen ausgeharrt hatten, wusste Beth nicht. Doch es kam ihr wie eine halbe Ewigkeit vor, bis endlich ein Schiff der Küstenwache durchs unruhige Meer pflügte und ein kräftiger Mann Trixie in Empfang nahm. Gott sei Dank! Das Kind war gerettet.
An den Rest erinnerte Beth sich nur bruchstückhaft.
Man hatte auch sie an Bord gezogen, sie in eine Decke gewickelt und ihr Trixie wieder in die Arme gelegt. Im Hafen wartete bereits ein Rettungswagen. Janet brachte Beths Sachen, und dann fuhren sie schon ins Krankenhaus.
Während der Wartezeit auf den Arzt schrieb Beth eine SMS an Dante, damit er wusste, dass sie okay war und sich auf das Wiedersehen freute. Fast hätte sie die Nachricht mit IN LIEBE beendet, traute sich jedoch nicht. Sie bedauerte, dass sie erst fast hätte ertrinken müssen, bevor sie sich ihre Liebe zu Dante eingestand.
Vielleicht war es sogar Liebe auf den ersten Blick gewesen? Schon als Neunzehnjährige hatte sie im Gerichtssaal diese unterschwellige Anziehungskraft zwischen Dante und sich gespürt, konnte das Gefühl damals jedoch wegen ihrer Unerfahrenheit nicht einordnen. Jetzt wusste sie endlich, dass sie ihn und das Kind liebte, dass sie unterm Herzen trug. Auch wenn Dante ihre Liebe nicht erwiderte, so begehrte er sie doch immerhin. Das war ein Anfang, oder?
Ein junges Paar mit Tränen in den Augen kam zu ihr und bedankte sich immer wieder für Trixies Rettung.
Lächelnd blickte Beth ihnen nach. Dann schlief sie vor Erschöpfung ein.
„Mrs Cannavaro …“ Beth schlug die Augen auf. Eine Krankenschwester stand an ihrem Bett. Desorientiert sah Beth um sich. Dann fiel ihr wieder ein, was am Vortag passiert war, und sie schloss die Augen wieder.
„Mrs Cannavaro.“
Der Tonfall der Schwester klang jetzt unnachgiebig. Widerstrebend machte Beth die Augen erneut auf.
„Ich habe gute Neuigkeiten für Sie: Ihr Mann ist auf dem Weg hierher, und Sie bekommen gleich Tee und etwas zu essen. Vorher muss ich aber noch Ihre Werte überprüfen. Dann können Sie sich waschen und anziehen. Dr. James sieht gleich noch mal nach Ihnen und unterschreibt die Entlassungspapiere. Keine Sorge, Ihnen geht es gut. Sie sind sehr fit und eine außergewöhnlich mutige junge Frau. Bald werden Sie sich wieder völlig erholt haben.“
Diese aufgesetzte Fröhlichkeit ging Beth auf die Nerven. Es war sonnenklar, dass die Schwester das wichtigste Thema vermeiden wollte. Doch Beth riss sich zusammen und ließ sich nichts anmerken. „Wie geht es Trixie heute?“
„Dank Ihnen geht es der Kleinen gut. Ihre Eltern durften sie gestern Abend schon mit nach Hause nehmen.“
„Wie schön.“ Schweigend ließ Beth das Prozedere über sich ergehen und dachte mit Schaudern an die zurückliegenden Stunden zurück. Natürlich musste sie die Schuld bei sich suchen, doch sie hätte gar nicht anders handeln können. Trixie war in Sicherheit. Das allein zählte.
Oder?
Als sie am Abend zuvor das Krankenhaus verlassen wollte, hatte sie plötzlich unerträgliche Schmerzen gehabt. Es war der Beginn einer Fehlgeburt gewesen, vermutlich infolge der übermenschlichen Anstrengung während der Rettung der kleinen Trixie. Um elf Uhr war alles vorbei gewesen, und Beth hatte geweint und geweint, bis sie keine Tränen mehr gehabt hatte.
Inzwischen fühlte sie sich wie betäubt von dem tiefen Schmerz über den Verlust ihres Kindes.
Als die Schwester schließlich fertig war, wusch Beth sich, kämmte sich das Haar und zog die Sachen an, die Janet ihr gestern mitgegeben hatte. Dann setzte sie sich auf die Bettkante und trank eine Tasse Tee. Das Essen rührte sie nicht an.
Dr. James untersuchte sie und versicherte ihr mitfühlend, wie leid es ihm täte. Er bestellte sie für Montag zur Nachuntersuchung und sprach Beth Mut zu. Eine so gesunde, durchtrainierte Frau wie sie könnte im Handumdrehen wieder schwanger werden.
Beth rang sich ein Lächeln ab und bedankte sich. Als sie wieder allein im Zimmer war, weinte sie still vor sich hin. Verzweifelt fragte sie sich, warum das Schicksal immer so grausam mit ihr umging. Wie ein roter Faden zogen sich die tragischen Ereignisse durch ihr Leben.
Das Handy klingelte. Mutlos nahm sie den Anruf entgegen. Janet war am Apparat und fragte besorgt, wieso sie
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