Julia Festival 94
die Polizei anzurufen und Sie als Entführer verhaften zu lassen!“
Jaspar sah sie traurig an. „Ihre Leitung ist unterbrochen worden.“
Freddy wurde blass. Sie konnte nicht telefonieren? Eine tote Leitung und fünf Leibwächter vor der Tür – da war sie ja praktisch eine Gefangene!
Bei der Erkenntnis verließ sie alle Kraft. Sie schwankte, und Jaspar lockerte seinen Griff, um sie zum Sofa zu führen.
„Ich will Ihnen nichts antun, Miss Sutton, und auch Benedict ist nicht in Gefahr.“ Er kniete sich vor Freddy hin, um auf gleicher Höhe mit ihr zu sein. „Ich schwöre Ihnen, dass ich in keiner Weise in diese unrühmliche Affäre verwickelt bin. Bitte beruhigen Sie sich, und denken Sie nach, bevor Sie handeln. Lassen Sie mich erklären, was eine Benachrichtigung der Behörden für Folgen haben würde. Nicht nur Benedict würde schwer darunter leiden, sondern auch viele andere unschuldige Menschen.“
5. KAPITEL
„Mein Vater konnte nur kurz mit mir sprechen“, begann Jaspar nach einer längeren Pause. Er war inzwischen aufgestanden und hatte sich Freddy gegenübergesetzt. „Er musste während des Anrufs ärztlich behandelt werden.“
Ein Schwächeanfall ist immer eine bequeme Entschuldigung, dachte Freddy und schwieg. Nach ihrem unkontrollierten Ausbruch versuchte sie, ihre normale Haltung zurückzugewinnen. Ben befand sich gegenwärtig außerhalb ihrer Reichweite, aber es war besser, nicht daran zu denken.
Die Situation hatte sich grundlegend verändert. Jaspar Al-Husayn fürchtete ihre Reaktion und war deswegen von seinem hohen Ross heruntergestiegen. Ihre Telefonleitung zu unterbrechen war ein großer Fehler gewesen, und das wusste der Kronprinz. Er musste jetzt alles tun, um die Sache zu vertuschen, und dabei würde sich das Blatt wieder zu ihren Gunsten wenden.
„Miss Sutton … Freddy, bitte hören Sie mir zu.“ Jaspar wirkte wieder völlig konzentriert wie ein Mann, der gewohnt war, schwierige Probleme zu lösen. Er war zweifellos sehr intelligent, der geborene Diplomat und Vermittler.
„Nach allem, was mein Vater getan hat, erwarte ich nicht, dass Sie Mitleid mit ihm empfinden“, fuhr er fort, „aber Adils unerwarteter Tod hat ihn schwer getroffen. Als er von Ihrem Sohn erfuhr, sah er einen Wink des Schicksals darin. Der Gedanke, vielleicht zu sterben, ohne seinen Enkel gesehen zu haben, wurde zur Besessenheit. Meine Warnung, dass es länger dauern könnte, das Sorgerecht zu bekommen, muss ihn dazu bewogen haben, Benedict ohne Ihre Einwilligung nach Quamar zu bringen.“
Freddy ließ sich durch seinen reumütigen Ton, der vielleicht sogar echt war, nicht beeindrucken. „Sagen Sie, was Sie wollen, Mr. Al-Husayn – oder meinetwegen auch Königliche Hoheit –, Sie werden nichts dadurch erreichen. Ich will Ben wiederhaben, und wenn Sie nicht darauf eingehen, geraten Sie in Schwierigkeiten. In große Schwierigkeiten. Vermutlich haben Sie diplomatischen Status, aber Sie stehen nicht über dem englischen Gesetz, und Ben ist englischer Staatsbürger.“
„Wenn die Affäre in die Öffentlichkeit käme, würden viele Menschen sehr leiden. Die Leute von der Presse würden das Privatleben meines Bruders durchleuchten und damit einen Skandal hervorrufen, der das Ansehen meiner Familie auf unabsehbare Zeit schädigen würde.“
„Vielleicht hätte jemand Ihren Bruder dazu bringen sollen, sein Leben zu ändern“, schlug Freddy giftig vor, „aber dazu scheint niemand in der Lage gewesen zu sein. Wie auch immer … das ist nicht mein Problem. Mir geht es weder um Ihr Land noch um Ihre Familie, sondern ausschließlich um Ben.“
Jaspar lächelte kalt. „Ich bin überzeugt, dass Sie mir Benedict auch freiwillig überlassen hätten. Ich verurteile, was geschehen ist, aber Benedict befindet sich jetzt in Quamar, und mein Vater wird ihn niemals zurückgeben.“
Freddy verschränkte die Hände in ihrem Schoß. „Dann bringen Sie mich dorthin, damit ich bei ihm sein kann.“
Jaspar senkte den Blick. „Mein Vater würde Sie des Landes verweisen. Er glaubt, dass Sie einen gefährlichen Einfluss auf den Jungen haben. Die Ermittlungen über Ihre Lebensumstände und Ihre Erziehungsmethoden haben ihn zutiefst schockiert.“
„Warum sitzen Sie dann noch hier? Sie haben keinen Einfluss auf Ihren Vater und geben selbst zu, dass Sie nichts tun können. Verlassen Sie also bitte meine Wohnung.“ Freddy versuchte, ruhig zu sprechen, aber vor Aufregung versagte ihr fast die Stimme. „Sie haben zwei
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