Julia Festival 94
geantwortet.
„Entschuldige“, begann Freddy verlegen, „ich dachte, du hättest nichts dagegen, dass ich hereinkomme.“ Als Jaspar schwieg, setzte sie hinzu: „Ich wollte mit dir reden.“
„Worüber müssten wir noch reden?“ Jaspar sprach leise und beherrscht. „Etwa über Benedict? Er bleibt hier bei uns. Sobald er sich genügend eingelebt hat, wird er meinen Vater in regelmäßigen Abständen besuchen.“
Es war Freddy unbegreiflich, dass Jaspar dem eigensinnigen alten Mann einen so weitgehenden Kompromiss abgerungen hatte. „Das klingt wunderbar“, sagte sie, „aber wie ist es dazu gekommen?“
„Benedicts Wohl verlangt Zugeständnisse. Er ist unglücklich im königlichen Palast, und als meine Frau kannst du dort nicht wohnen.“
„Du könntest mich als die englische Kinderfrau ausgeben“, schlug Freddy vor. „Vielleicht würde man mich dann im Palast aufnehmen.“
„Dazu ist es jetzt zu spät. Der König weiß von unserer Heirat und auch von Ericas Tod. Natürlich missfällt es ihm, dass du meine Frau bist, aber eine Ehe mit Erica hätte er mir nie verziehen. Wir sind also noch glimpflich davongekommen.“
„Du hast ihm alles erzählt?“, fragte Freddy entsetzt. „Wirklich alles?“
Jaspar lächelte verhalten. „Was ich meinem Vater erzähle, geht dich nichts an.“
Freddy hielt Jaspar seine gereizte Stimmung zugute, sonst hätte sie sich womöglich nicht so abfertigen lassen. „Woher sollte ich wissen, dass sich alles so kompliziert entwickeln würde?“, fragte sie leise.
„Du hast es gewusst, aber es war dir gleichgültig“, hielt Jaspar ihr entgegen. „Ich will ehrlich sein, Freddy. Normalerweise hätte ich mich für das Kind meines Bruders nicht verantwortlich gefühlt, aber du hast mich dazu gezwungen. Hätte ich meinem Vater nicht versichert, dass Benedict dich braucht und ich seine Erziehung überwachen werde, hätte ich ihn heute nicht mitbringen dürfen.“
Freddy war sehr blass geworden. Erst jetzt begriff sie, wie sehr sie zu der Entwicklung beigetragen hatte. Es war ihr immer nur darum gegangen, Ben bei sich zu haben, um für ihn sorgen zu können. Welche Folgen das für den Jungen, für Jaspar und auch für sie selbst haben würde, hatte sie nie bedacht.
„Benedict war sehr unglücklich ohne dich“, fuhr Jaspar fort. „Natürlich hätte er dich irgendwann vergessen, aber ich konnte nicht einfach dastehen und ihn leiden sehen. Er ist Adils Sohn, und ich habe meinen Bruder geliebt.“ Jaspar atmete tief ein, und ein Blick in sein Gesicht genügte Freddy, um jede kritische oder abwertende Bemerkung zu unterdrücken. „Adil hätte sich auch um meinen Sohn gekümmert. Er hatte ein großes Herz und die Gabe zu lieben. Leider reiche ich in dieser Hinsicht nicht an ihn heran.“
„Es war nie meine Absicht, dich zu etwas zu verpflichten oder dir Bens Erziehung aufzuladen“, erklärte Freddy niedergeschlagen. Sie verstand Jaspars Gefühle und bewunderte seine Ehrlichkeit. Adil war ein Frauenheld gewesen, und Jaspar haderte zurecht mit einem Schicksal, das ihn zwang, für die Fehler seines Bruders zu büßen.
„Wenn ich daran denke, dass ich dich selbst auf die Idee gebracht habe, die Heirat von mir zu verlangen …“ Jaspar lachte bitter.
„Wie meinst du das?“
„Erinnerst du dich nicht mehr? Ich sagte, dass ich Benedict leicht als entfernten Verwandten ausgeben und bei mir aufnehmen könnte, wenn ich verheiratet wäre. Es kann dir nicht verborgen geblieben sein, dass du diese Bedingung geschaffen hast.“
„Aber nicht absichtlich.“ Freddy wollte nicht alles auf sich sitzen lassen. „Ich fühlte mich so schwach und hilflos, als Ben plötzlich verschwunden war. Wie konnte ich sicher sein, dass du und deine Familie sich wirklich um ihn kümmern würden? Entführern unterstellt man nun mal keine edlen Absichten. Als dein Vater sein Militärkommando nach London schickte, musste ich ihn für einen skrupellosen Despoten halten.“
„Der König sieht Benedicts Übersiedlung in einem anderen Licht. Er wollte seinen Enkel vor Vernachlässigung schützen und hätte nicht so gehandelt, wenn ihm der Tod deiner Cousine bekannt gewesen wäre. Dir hätte er vertraut. Wir hätten in Ruhe verhandeln können, und Benedict wäre einige Tage später ohne jedes Aufsehen nach Quamar gekommen.“
Freddy senkte den Blick. Sie konnte die kalte Verachtung in Jaspars Augen nicht mehr ertragen. Was sie auch zu ihrer Entschuldigung vorbrachte, nichts machte den geringsten
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