Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Julia Festival 94

Julia Festival 94

Titel: Julia Festival 94 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Graham
Vom Netzwerk:
konnte aber lange nicht einschlafen. Immer neue Bilder tauchten vor ihr auf. Leone unter der Dusche, Leone und sie in der Limousine … Leone und immer wieder Leone! Misty fühlte ein so starkes, so unbezwingbares Verlangen nach ihm, dass sie sich stöhnend auf die Seite drehte und das glühende Gesicht in den Kissen barg.
    Wenn andere Frauen ihr erzählt hatten, dass dieser oder jener Mann unwiderstehlich sei, hatte sie kaum zugehört und keinen weiteren Gedanken daran verschwendet. Sie hatte auch Philip nicht unwiderstehlich gefunden. Die Fehler ihrer Mutter waren ihr immer eine Warnung gewesen, und in ihrem tiefsten Herzen hatte sie gefürchtet, einmal genauso zu werden. Wie die schöne Carrie, die nie gelernt hatte, Liebe und Lust zu unterscheiden. Sie war von einem Verhältnis ins nächste getaumelt und hatte eine Spur der Zerstörung hinter sich zurückgelassen.
    Misty hatte Philip auf der Berufsschule kennengelernt, und sie waren von Anfang an unzertrennlich gewesen. Der sanfte, romantische und fürsorgliche Philip, und was war dabei herausgekommen?
    Seine Mutter hatte von Anfang an Vorbehalte gegen Misty gehabt und eines Tages sogar unwillig gefragt: „Du weißt nicht viel von deiner Vergangenheit, nicht wahr?“
    Leider hatte sie damit recht gehabt, denn auf Mistys Geburtsschein war der Vater mit „unbekannt“ angegeben. Sie war unehelich geboren und hatte auch mütterlicherseits keine Verwandten.
    Philip hatte den Trennungsversuchen seiner Mutter hart widerstehen müssen, und darin hatte Misty den sichersten Beweis seiner Liebe gesehen. Nach der Verlobung war ihr Selbstvertrauen allmählich gewachsen, aber sie hatte weiter gezögert, mit Philip zu schlafen.
    Schließlich hatte sie nachgegeben und sich bereit erklärt, ein gemeinsames Wochenende auf dem Land zu verbringen. Ein Traumwochenende in einem kleinen historischen Hotel, in dem sie niemals angekommen waren. Auf der Hinfahrt hatte sich der Unfall ereignet, und das war das Ende ihrer Beziehung zu Philip gewesen.

5. KAPITEL
    Misty schlief unruhig und erwachte kurz nach der Dämmerung mit heftigem Durst. Sie erfrischte sich im Badezimmer, streifte ihren Morgenmantel über und machte sich auf die Suche nach der Küche. Als sie am Esszimmer vorbeikam, stieß sie fast mit Alfredo zusammen, der eine Kaffeekanne trug.
    „Misty?“ Das war Leones tiefe Stimme.
    Misty blieb unentschlossen an der Tür stehen. Leone trug einen grauen Geschäftsanzug, hatte eine mattgoldene Krawatte umgebunden und sah fabelhaft aus. Er war vom Frühstückstisch aufgestanden und bedeutete Misty mit einer Handbewegung hereinzukommen. „Leiste mir Gesellschaft.“
    Misty rührte sich nicht und schüttelte nur langsam den Kopf.
    „Warum siehst du mich so an?“
    „Weil du voller Widersprüche steckst. Ich erscheine an der Tür, und du stehst auf. Jemand muss dir sehr gute Manieren beigebracht haben.“
    „Meine Mutter“, erklärte Leone trocken.
    „Trotzdem kannst du kaum mit mir sprechen, ohne aggressiv oder beleidigend zu werden.“ Misty setzte sich seufzend hin und griff nach dem Krug mit dem Orangensaft.
    Leone zögerte einen Moment, ehe er sich wieder hinsetzte. Sein Atem ging schneller, und knisternde Spannung erfüllte das Zimmer. Misty schenkte sich ein Glas Orangensaft ein, und als Alfredo mit frischem Kaffee zurückkam und Leone nachschenkte, übernahm sie scherzhaft selbst das Süßen.
    „Was hast du so früh vor?“, fragte sie und biss in ein warmes Croissant.
    „Ich fliege nach Paris.“
    „Oh. Ich war einmal dort, ohne viel zu sehen. Flash gab ein Konzert. Entweder mussten wir uns im Hotel vor seinen kreischenden Fans verstecken, oder ich hatte hinter der Bühne zu tun.“
    Misty leckte mit der Zungenspitze eine einzelne Krume von ihrer Unterlippe und bemerkte zu spät, dass Leone sie dabei beobachtete. Sofort konzentrierte sie sich auf das Porträt, das sie schon am Vortag bemerkt hatte, weil es das einzige traditionelle Gemälde in der Wohnung war. Es stellte ein junges Mädchen mit träumerischem Augenausdruck dar.
    „Ein reizendes Bild“, sagte sie. „Kennst du das Mädchen?“
    Leones Miene verfinsterte sich. „Es ist meine Schwester. Sie lebt nicht mehr.“
    Misty wurde blass. Sie suchte nach einer passenden Antwort und meinte schließlich: „Jedenfalls warst du eine Zeit lang mit ihr zusammen.“
    Leone runzelte die Stirn. „Darf ich fragen, was das heißen soll?“
    Misty wünschte, sie hätte sich mit einer allgemeinen Beileidsfloskel

Weitere Kostenlose Bücher