Julia Festival Band 0103
kommen.
„Aber warum? Das wollte Jane doch tun!“
„Jane ist wie vom Erdboden verschluckt. Sie hat der Schule über Julian Stringers Agenten ausrichten lassen, man solle mich benachrichtigen, da sie Katy nicht abholen könne. Der Schulsekretärin kam der Anruf jedoch verdächtig vor. Der Agent hätte … sonderbar geklungen.“
„Ist das verwunderlich?“ Ursula ließ sich nicht verrückt machen, sondern versuchte, die Ruhe zu bewahren. „Sein Auftrag war ja auch sonderbar. Warum hat Jane nicht selbst in der Schule angerufen?“
„Das ist mir im Augenblick völlig egal. Einzig und allein Katy ist wichtig, sonst nichts. Ich muss sofort zu ihr.“ Er zog sich sein Jackett an.
„Aber was ist mit Jane? Wo kann sie denn sein? Du musst nach ihr suchen. Sie kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben!“
„Das steht nicht an erster Stelle – noch nicht einmal an zweiter. Kannst du mich begleiten, Ursula? Du bist ein Fels in der Brandung, und Katy mag dich. Außerdem kannst du kochen“, fügte er mit einem Anflug von Humor hinzu.
„Natürlich komme ich mit“, erwiderte sie, denn sie spürte, dass Ross ihre Hilfe in dieser Situation dringend brauchte.
4. KAPITEL
Obwohl es gerade erst vier war, herrschte schon dichter Feierabendverkehr. Das war verständlich, denn es war Freitag und so unwahrscheinlich heiß, dass jeder – sofern er nicht Tourist war – es eilig hatte, aus London herauszukommen.
Es dauerte daher fast eine Stunde, bis das Taxi endlich vor der Schule hielt. Der Motor lief noch, da war Ross schon aus dem Auto gesprungen. Schnell drückte Ursula dem Fahrer einige Geldscheine in die Hand und eilte dann Ross hinterher ins Sekretariat, wo er schon erwartet wurde.
„Wo ist meine Tochter? Wie geht es ihr?“, fragte er die Sekretärin, kaum dass er sie begrüßt hatte.
„Sie ist bei der Direktorin.“ Die Frau zögerte. „Katy trägt die Situation mit Fassung – sie ist nur leicht beunruhigt.“
„Und das ist allein Ihre Schuld!“ Er machte aus seinem Ärger keinen Hehl. „Sie haben die Lage unnötig dramatisiert, indem Sie Katy erzählt haben, ihre Mutter wäre ‚verschwunden‘. Ich bin sicher, dass es für das Verhalten meiner Frau eine ganz einfache Erklärung gibt!“
Besänftigend legte Ursula ihm die Hand auf den Arm. Sie wollte unbedingt verhindern, dass er jetzt die Nerven verlor und eine Szene machte, denn das würde niemandem nutzen, sondern die Situation nur verschlimmern. „Können wir jetzt bitte zu Katy gehen?“, wandte sie sich an die Sekretärin und lächelte freundlich.
Die Sekretärin musterte sie abschätzig, und es war nicht schwer, zu erraten, was in ihr vorging. Offensichtlich gelangte sie aber zu dem Schluss, dass sie viel zu hausbacken wirkte, um Mr. Sheridans Geliebte zu sein, obwohl dies am besten in ihr Weltbild gepasst hätte.
„ Sie auch?“, meinte die Sekretärin pikiert.
Ursula wollte die Dinge nicht noch verkomplizieren und bestand darauf, dass Ross allein zur Direktorin ging, obwohl er es zuerst nicht einsehen wollte.
Es dauerte eine gute Viertelstunde, bis er mit einer schweigsamen und verdrossen dreinblickenden Katy wieder ins Sekretariat kam. Auch seine Laune schien sich nicht gebessert zu haben, denn sein Gesicht wirkte verkniffen, und der Ausdruck in seinen Augen war grimmig.
Erst nachdem sie das Schulgebäude verlassen hatten, sprach Ursula Katy an und begrüßte sie. Katy antwortete jedoch nur einsilbig und hielt den Kopf gesenkt. Als auch Ross verbissen schwieg, entschloss sich Ursula zu handeln, denn sie hielt es für viel vernünftiger, die Dinge offen auszusprechen, anstatt ein großes Geheimnis daraus zu machen.
„Wisst ihr, wo Jane jetzt ist?“, fragte sie rundheraus.
„Ich glaube, darüber sollten wir später sprechen“, antwortete Ross abweisend.
Sie ignorierte ihn. „Wann hast du Mummy denn das letzte Mal gesehen, Katy?“
„Gestern Morgen.“
„Hat sie dir da gesagt, dass sie dich heute nicht von der Schule abholen würde?“
„Diese Fragen hat schon die Direktorin gestellt – offensichtlich ohne großen Erfolg“, mischte Ross sich ein und lachte freudlos. „Katy war nicht gerade sehr kooperativ.“
Ursula sah ihn warnend an. „Direktorinnen können eben manchmal sehr unsensibel sein“, bemerkte sie nachdrücklich, und Katy lächelte dankbar. „Also, Katy, streng dich an. War gestern Morgen irgendetwas anders als sonst?“
Katy runzelte die Stirn. „Eigentlich nicht.
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