Julia Festival Band 0103
Wilson selbstgefällig lächelnd, ob er sie damit beglücken dürfe.“
Endlich verstand sie – und das Blut schoss ihr ins Gesicht. Sie wurde noch verlegener, als Ross sie betrachtete, als hätte er gerade festgestellt, dass sie noch nie … dass sie einfach keine Ahnung hatte, wie der männliche Körper reagierte.
„Es tut mir leid, Ursula, ich wollte nicht …“
„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Ross“, antwortete sie gespielt gleichgültig. „Du hast dich nur etwas unklar ausgedrückt.“
„Das stimmt, ich habe mich nicht präzise ausgedrückt.“
Ihre Blicke trafen sich.
„Ursula, ich hätte nicht gedacht …“
„Dass ich keine Erfahrung mit Männern habe?“
Ungläubig sah er sie an. „Willst du damit sagen, dass du noch … noch …?“
Ursula unterbrach ihn, ehe er die schreckliche und peinliche Wahrheit aussprechen konnte. „Ross, wir sollten von etwas anderem reden.“
„Ganz meiner Meinung.“ Er seufzte erleichtert, aber anstatt ein anderes Thema anzuschneiden, schwieg er und kritzelte Männchen auf seinen Block. Nach einer Weile blickte er auf und betrachtete sie durchdringend. Sie wollte die Augen niederschlagen, doch es gelang ihr nicht – sie war wie gebannt.
Das Klingeln des Telefons erlöste sie. Beim zweiten Läuten nahm sie den Hörer ab und meldete sich. Dabei stellte sie bestürzt fest, dass ihre Stimme ganz heiser klang. Während sie mit dem Kunden verhandelte, hatte Ursula das unangenehme Gefühl, dass Ross sie dabei nicht aus den Augen ließ. Sie konnte sich gut vorstellen, was ihm jetzt durch den Kopf ging – sie ist verschroben, unverheiratet und eine alte Jungfer!
Langsam legte sie den Hörer wieder auf. „Soll ich die Tageszeitung holen?“, fragte sie. „Dann kannst du gleich die Stellenanzeigen durchgehen, um nach einem Ersatz für Mrs. Wilson zu suchen. Oder willst du ihr einen Blumenstrauß mit einer Entschuldigung schicken? Vielleicht bleibt sie ja doch.“
„Das ist zwecklos.“ Ross schüttelte den Kopf. „Mrs. Wilson ist mittlerweile felsenfest davon überzeugt, dass unser Haus der reinste Sündenpfuhl ist.“
Ursula wollte etwas sagen, errötete erneut und wandte sich schnell ab, um Geld aus der Portokasse zu nehmen. Doch ihm war ihre Reaktion nicht entgangen.
„Was ist, Ursula?“
„Ich meine, ihr habt wirklich Glück im Unglück gehabt, dass es Mrs. Wilson war, die ahnungslos ins Wohnzimmer kam – es hätte genauso gut Katy sein können.“
„Wie recht du hast.“ Er schauderte und schloss gequält die Augen.
Ursula holte die Zeitung, kreuzte die entsprechenden Annoncen an und erbot sich, die Kandidatinnen anzurufen, um einen geeigneten Ersatz für Mrs. Wilson zu finden.
Der Vormittag war voll gepackt mit Terminen, und als Erstes stand eine Besprechung mit Ross’ Partner Oliver Blackman an, da dieser mittags nach Zürich fliegen musste. Dann war Zara Hobbs an der Reihe, die Leiterin der Buchhaltung, blond, schön und hoch qualifiziert … Zara versuchte nach allen Regeln der Kunst, mit Ross zu flirten, hatte aber keinen Erfolg, da dieser ihre Bemühungen völlig zu übersehen schien.
Weiter ging es mit einer gemeinsamen Sitzung aller Texter und Grafiker, die an der bevorstehenden Werbekampagne für eine große Bierbrauerei arbeiteten, und um eins begleitete Ursula Ross zu einem Geschäftsessen, weil Oliver, der eigentlich eingeladen gewesen war, sich schon auf dem Weg zum Flughafen befand.
Gegen vier, als sich das gute Essen und das Glas Wein, das sie dazu getrunken hatten, in Form von Schläfrigkeit bei ihnen bemerkbar machte, und Ursula auf dem Weg in die Küche war, um einen Kaffee zu kochen, klingelte das Telefon. Ross nahm den Hörer ab.
Unvermittelt blieb sie an der Tür stehen, denn seine ganze Körperhaltung bewies, dass es eine schlechte Nachricht war.
„Ich glaube, ich verstehe nicht ganz, was Sie damit ausdrücken wollen“, sagte er gerade und hörte dann wieder angestrengt zu.
„Verschwunden?“ Ross schrie fast. „Wovon reden Sie überhaupt?“ Er blickte auf die Uhr. „Nein, bitte unternehmen Sie nichts, ich möchte mir erst selbst ein Bild von der Situation machen. Ich komme sofort.“
Ross knallte den Hörer auf die Gabel und stand auf.
Ursula stellte fest, dass er kreidebleich geworden war. „Was ist passiert?“, fragte sie erschrocken.
Er sah sie an, als würde ihm erst jetzt einfallen, dass sie auch noch da war. „Ich muss Katy von der Schule abholen.“ Seine Stimme schien von weither zu
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