Julia Festival Band 0103
zum Friseur zu gehen.“ Nur mit Mühe unterdrückte er ein weiteres Gähnen. „Wie sieht mein Terminplan für morgen aus?“
„Besprechungen, Besprechungen, Besprechungen …“ Sie ging zu seinem Schreibtisch, um ihm die Post vorzulegen. Ja, Ross sieht wirklich übermüdet aus, dachte sie, als sie ihn näher betrachtete. „Warum fährst du Katy zur Schule?“, fragte sie. „Das ist doch eigentlich Janes Aufgabe.“
„Ja, aber momentan hat sie keine Zeit dazu, weil sie mit Hochdruck an den Kostümen für die nächste Tournee von The Connection arbeiten muss. Und wie du vielleicht schon mitbekommen hast, kann für diesen Julian Stringer nichts gut genug sein.“
Sein Tonfall ließ sie aufhorchen, was sie allerdings nicht zeigte. „Ist es eine lange Tournee?“, meinte sie nur.
„Es ist eine Welttournee.“ Ross lachte gequält. „Und Julian gibt ein Vermögen für Kostüme und Bühnenausstattung aus. Wahrscheinlich soll der Aufwand an Kostümen und Requisiten davon ablenken, dass es seiner Musik in letzter Zeit an Einfällen mangelt.“
„Und muss Jane die Truppe die ganze Zeit begleiten?“
„Müssen und Wollen sind zwei verschiedene Dinge“, antwortete er ausdruckslos. „Jane behauptet, dass sie gebraucht wird, da der Materialverschleiß beträchtlich ist. Meiner Ansicht nach auch kein Wunder, wenn Julian sich dauernd betrinkt und wie ein Berserker über die Bühne tobt. Jane hat momentan jedenfalls so viel zu tun, dass sie heute erst im Morgengrauen nach Hause gekommen ist.“
„Und das macht dir nichts aus?“, erkundigte Ursula sich unbesonnen und bereute es sofort, denn Ross zog die Brauen hoch.
War sie zu neugierig gewesen, war es ihm bereits unangenehm, dass er ihr auf Katys Geburtstagsparty so offenherzig Einblick in seine Ehe gegeben hatte? Denn bis dahin hatte er sich Jane gegenüber stets loyal verhalten und nie auch nur die leiseste Kritik geäußert.
„Ich komme mit mir auch sehr gut allein klar und brauche nicht dauernd Gesellschaft“, antwortete er diplomatisch. „Aber heute Abend ist die große Feier zum Abschluss des Schuljahrs, und Jane hat Katy versprochen, so zu kommen, dass sie Katy auf der Bühne erleben kann.“
„Ich verstehe“, meinte sie, obwohl sie eine Mutter wie Jane in Wirklichkeit nicht im Geringsten verstehen konnte. „Und warum suchst du eine neue Putzfrau?“
„Weil Mrs. Wilson gekündigt hat.“
„Fristlos?“
„Ja. In Mrs. Wilsons Augen sind wir ja noch nie seriöse Menschen und anständige Bürger gewesen, aber der Saxofonist von The Connection hat ihr jetzt endgültig den Rest gegeben.“
„Wieso das? Hat er Bier auf dem Teppich verschüttet?“
„So ähnlich.“ Er schien zu bereuen, dass er das Thema angeschnitten hatte. „Er war jedenfalls so betrunken, dass er es an Katys Geburtstag nicht mehr bis ins Hotel geschafft und die Nacht auf unserem Sofa verbracht hat.“
„Na und, ist das ein Verbrechen?“
„Er hatte keinen Schlafanzug dabei.“
„Oh!“ Ursula lächelte unbefangen. „Mrs. Wilson ist verheiratet und hat Kinder. Es kann also nicht das erste Mal gewesen sein, dass sie einen nackten Mann gesehen hat.“
„Ja, wahrscheinlich, aber in diesem Fall …“
Sie runzelte die Stirn. „Was soll in diesem Fall denn so besonders gewesen sein?“
Ross zuckte die Schultern. „Ist ja auch egal.“
„Es ist gar nicht egal! Du kannst nicht einfach so ein Thema anschneiden und es dann im Raum stehen lassen!“
„Nein.“ Zu ihrem grenzenlosen Erstaunen lachte er schallend.
„Was habe ich denn Komisches gesagt?“, hakte sie nach.
„Nichts, nur deine Wortwahl war nicht gerade glücklich.“ Er betrachtete sie prüfend. „Wenn du nichts dagegen hast, würde ich die Dinge lieber auf sich beruhen lassen.“
„Bitte erklär es mir, Ross.“
Ross seufzte. „Natürlich war dieser Saxofonist wohl nicht der erste Mann, den Mrs. Wilson nackt gesehen hat, aber er hatte am Vorabend viel getrunken und war gerade erst aufgewacht …“ Er schüttelte verzweifelt den Kopf, als sie immer noch nicht zu verstehen schien. „Muss ich es dir denn wirklich ganz genau beschreiben?“
„Ich fürchte, ja.“
Ross runzelte die Stirn. „Er war erregt.“
„Er … war … erregt“, wiederholte Ursula langsam.
„Natürlich, ich habe dir doch gesagt, dass er gerade erst aufgewacht war! Und anstatt seine Blöße zu bedenken, wie es jeder vernünftige Mann an seiner Stelle getan hätte, blickte er stolz an sich hinunter und fragte Mrs.
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