Julia Festival Band 0103
Sekunde genau geklappt, und selbst das Wetter spielte mit, nicht das kleinste Wölkchen war an dem strahlend blauen Himmel zu sehen.
Im Schaufenster war Hollys preisgekröntes Modellkleid ausgestellt. Der schwere elfenbeinfarbene Seidensatin erinnerte mit seinem matten Schimmer an zartes Perlmutt, und weder Spitzen noch Rüschen zerstörten diese Wirkung. Das Kleid sei deshalb atemberaubend schön, weil es so schlicht war – das jedenfalls hatten die Tischler Holly zum Abschied gesagt. Holly hatte ungläubig gelächelt, denn dieses fachkundige Urteil hatte sie überrascht.
Im Hintergrund spielte leise Musik der Barockzeit, und im tiefsten Innern war Holly der Überzeugung, dass ihr Brautatelier über jeglichen Tadel erhaben war – dennoch war ihr Lukes Urteil ungemein wichtig.
Luke nahm sich Zeit und sah sich bedächtig um. Die satten und kräftigen Wandfarben, für die Holly sich entschieden hatte und die leicht aufdringlich und erdrückend wirken konnten, passten hervorragend zu der klassischen Architektur der hohen Räume. Die mit Blattgold verzierten Rahmen der Wandspiegel, ohne die kein Geschäft für Brautmoden auskam, taten ein Übriges, den Eindruck eines venezianischen Palazzos zu vermitteln.
Holly kletterte von der Leiter und stellte sich neben Luke. „Und?“, fragte sie erwartungsvoll.
„Es ist Ihnen hervorragend gelungen, eine ausgefallene und exklusive Atmosphäre zu schaffen“, antwortete er bewundernd und schwieg beeindruckt. „Doch warum haben Sie sich schon in aller Frühe mit Sack und Pack aus dem Haus geschlichen?“, fragte er dann. „Wenn Sie mir Bescheid gesagt hätten, hätte ich Ihnen geholfen.“
„Ich musste unbedingt schon sehr früh im Laden sein – und Sie haben noch tief geschlafen.“
„So? Und woher wissen Sie das?“
„Ich habe meinen Kopf durch die Tür gesteckt“, gestand Holly und wagte nicht, Luke dabei anzusehen. Stattdessen rückte sie nervös die Blumen in einer Bodenvase zurecht.
Holly hatte den Anblick, als sie heute Morgen die Tür zu Lukes Schlafzimmer einen Spaltbreit geöffnet hatte, immer noch deutlich vor Augen. Luke hatte quer über dem breiten Doppelbett gelegen, die Daunendecke bis zu den Hüften hochgezogen. Fasziniert hatte Holly seinen nackten Oberkörper betrachtet, die breiten Schultern und das dichte, stark gekrauste Brusthaar. Doch plötzlich hatte Luke sich bewegt, und fluchtartig war sie wieder in ihr Zimmer geeilt.
„Ich habe Sie wirklich nicht gehört“, antwortete er leise. Der Gedanke, dass Holly ihn im Schlaf beobachtet hatte, erregte ihn. „Sie hätten mich wecken sollen.“
Diesem Wunsch hatte sie tapfer widerstanden. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte sie sich vorgestellt, wie es wohl sein mochte, ihren Pyjama abzustreifen, zu Luke ins Bett zu schlüpfen und sich eng an ihn zu schmiegen, seine Haut an ihrer zu spüren. In ihrer Fantasie hatte er sie dann wortlos in die Arme gezogen und geküsst. Weiter war sie mit ihren Vorstellungen glücklicherweise nicht gekommen, denn die Vernunft war schließlich doch stärker gewesen und hatte sie dazu gebracht, hastig die Tür zu schließen.
Luke ging zu den Kleiderständern mit all den Kreationen aus Samt und Seide, begutachtete die Schleier und betrachtete die Kränze und Diademe. Staunend stand er vor dem Regal mit Brautschuhen in allen nur erdenklichen Stilrichtungen, von flachen Ballerinas bis hin zu hochhackigen Stilettos. Bis er dann zu der antiken Vitrine in der Ecke kam, in der BHs und Slips aus zartester Spitze ausgestellt waren.
„Dessous?“ , fragte er erstaunt.
Holly errötete. „Sind Sie jetzt schockiert?“
„Nein.“ Er schüttelte den Kopf und lächelte amüsiert. „Nur verwundert. Wieso werden in einem Atelier für Brautkleider Dessous verkauft?“
Holly seufzte. „Das ist doch ganz einfach! Eine angehende Braut hat eine Unzahl von Terminen. Um ihr Zeit zu sparen und ihre Nerven zu schonen, biete ich alles, was sie an ihrem großen Tag an Garderobe braucht, unter einem Dach an. Und unter ein Brautkleid passen schließlich nur ganz besondere Dessous.“
„So?“
„Es muss beste Qualität sein, die feinste Seide, die schönste Spitze …“
„… das zarteste Material?“ Er lächelte und spießte mit dem Zeigefinger einen fast durchsichtigen Tanga auf, um ihn in der Luft zu schwenken.
Holly blickte zu Boden. Ihr Herz raste wie verrückt, denn sie sah Luke vor sich, wie er dieses Nichts von einem Slip von den Hüften einer Frau streifte. Von
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