Julia Festival Band 0105
Chessies.
„Du hast keine Ahnung, wie man Männer behandelt“, beschwerte sich Jenny, nachdem er sich verabschiedet hatte. „Ich wollte die CD auflegen und dich dann mit ihm allein lassen.“
„Ziemlich durchsichtig.“ Chessie räumte Geschirr und Gläser auf ein Tablett. Und wieso bist du plötzlich eine Expertin, was Männer betrifft?, hätte sie am liebsten gefragt, tat es dann aber nicht.
„Na und? Ihr habt euch schließlich seit Jahren nicht gesehen. Du hast dagesessen wie eine Schaufensterpuppe. Kein Wunder, dass er in die Staaten geflüchtet ist, wenn du ihn so behandelt hast.“
Chessie seufzte. „Ich will mich jetzt nicht mit dir streiten, Liebes. Wir sind beide müde. Um Alastair werde ich mich auf meine Weise kümmern. Im Moment bin ich einfach durcheinander.“
Dies war jedenfalls nicht der richtige Zeitpunkt, um Miles’ Antrag zu erwähnen. Was Jenny betraf, so würde es für dieses Thema wohl nie den passenden Moment geben.
Wenn es so weit war, konnte sie sich immer noch eine Geschichte ausdenken, warum sie umziehen würden. Es gab also keinen Grund, ihrer aufbrausenden Schwester von dieser Sache zu erzählen.
Chessie würde Miles abweisen, und zwar je früher desto besser. Sie wusste das und war mit ihrer Entscheidung zufrieden.
Das erklärte allerdings nicht, warum sie in der Nacht keinen Schlaf fand. Und es waren weder Alastairs Charme noch seine braunen Augen, die sie wach hielten, sondern ein Mann mit einem vernarbten Gesicht und kaltem Blick.
Das ist absolut lächerlich, sagte sie sich nachdrücklich.
4. KAPITEL
Nervös betrat Chessie den kleinen, an Miles’ Arbeitszimmer angrenzenden Raum, den sie als Büro nutzte. Sie hatte am Vortag ihren Schreibtisch aufgeräumt und war nun überrascht, einen beachtlichen Stapel neuer Manuskriptseiten vorzufinden. Offenbar war sie nicht die Einzige, die eine schlaflose Nacht hinter sich hatte.
Seufzend setzte sie sich und schaltete den Computer ein. Jenny war beim Frühstück nicht zu bremsen gewesen und hatte pausenlos von Alastair geredet. Sie sah in ihm den romantischen Ritter in schimmernder Rüstung, der all ihre Probleme lösen und überdies Chessie auf seinem Schimmel mit sich nehmen würde.
Am liebsten hätte Chessie den schmerzenden Kopf in den Händen vergraben und ihre Schwester angefleht, den Mund zu halten.
„Heute Abend wird es etwas später bei mir.“ Jenny schnappte sich ihre Schultasche und eilte zur Tür. „Chorprobe.“
Chessie merkte, dass Jenny ihren Blick mied, und ihre Zuversicht schwand. Sie durfte die unvermeidliche Konfrontation nicht länger aufschieben.
Das Öffnen einer Tür in der Ferne kündete vom Eintreffen von Mrs. Chubb, der täglichen Hilfe. Als Chessie zur Küche ging, wusste sie bereits, was das Thema des Tages sein würde.
„Sie haben es also schon gehört.“ Mrs. Chubb schaltete den Wasserkocher ein, um sich Tee zu machen. „Armer Sir Robert. Wer hätte das gedacht? Ich habe immer gesagt, dass er nie in ein so heißes Land wie Spanien hätte ziehen dürfen. Man soll die Tropen den Eingeborenen überlassen. Sie kommen damit zurecht.“
Verwundert über Spaniens neue geografische Lage, murmelte Chessie etwas Belangloses und begann, das Kaffeetablett für Miles zusammenzustellen.
„Und das bedeutet, dass Ihre allmächtige Ladyschaft zurückkommt“, fuhr Mrs. Chubb fort. „‚Nennen Sie mich Madam‘, hat sie uns im Ort befohlen.“ Sie schnaubte verächtlich. „Sie ist wirklich eine schöne Madam. Sir Robert ringt mit dem Tod, und sie will, dass Chubb den Tennisplatz restauriert.“
„Man erwartet, dass Sir Robert sich gut erholen wird.“ Chessie bemühte sich, die wenig schmeichelhaften Bemerkungen über Linnet zu ignorieren.
„Wenn sie ihn pflegt, garantiert nicht. Würde mich nicht wundern, wenn er einen Rückfall hätte. Das würde sie zu einer reichen Witwe machen und ihr gut in den Kram passen.“
„Mrs. Chubb, Sie dürfen nicht …“
„Ich sage, was ich denke“, verkündete Mrs. Chubb nachdrücklich. „Mein Mann liebt den Garten vom Court und würde nie kündigen, aber ich gehe nicht mehr dorthin zurück, um sauber zu machen – nicht einmal, wenn sie mein Gehalt verdoppeln würde, was sie nicht tun wird.“ Sie schüttete Wasser über den Teebeutel in ihrem Becher, dann gab sie Milch und zwei Teelöffel Zucker hinzu. „So muss ein guter Tee sein und nicht so wie das parfümierte Zeug, das Madam trinkt.“ Sie nickte zufrieden. „Jetzt muss ich aber anfangen“,
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